512 Viertes Buch. Zweiter Abschnitt. $ 183.
Zu den Militärverwaltungsangelegenheiten gehört die Beschaffung des
militärischen Personals; die Sorge für die Ausrüstung der Armee,
also für Bewaffnung, Bekleidung, Naturalverpflegung und Besoldung
der Truppen, sowie die Beschaffung der notwendigen Pferde; die
Sorge für Garnisonen und Befestigungen; die Sorge für die Gesund-
heit, die religiösen Bedürfnisse und die Ausbildung der Militärpersonen,
also das Militärmedizinalwesen, die Militärseelsorge und die Militär-
bildungs- und Erziehungsanstalten.
An der Spitze der Militärverwaltung steht der Kaiser. Er hat
die allgemeine Aufgabe, durch sein Verordnungsrecht die Einheitlich-
keit der Militärverwaltung aufrecht zu erhalten und übt einzelne
Funktionen der Militärverwaltung aus, die ihm durch ausdrückliche
reichsgesetzliche Vorschriften überwiesen sind. Die vom Kaiser in
Ausübung dieser Befugnisse erlassenen Anordnungen bedürfen der
Kontrasignatur des Reichskanzlers. Dem Kaiser und Reichs-
kanzler steht ferner die Überwachung der Tätigkeit der Militär-
verwaltungsbehörden, insbesondere die Aufsicht darüber zu, daß ihre
Tätigkeit sich mit den Vorschriften der Reichsgesetze und der
kaiserlichen Verordnungen in Einklang befindet. Für die Beobachtung
der gesetzlichen und etatsmäßigen Schranken auf dem Gebiete der
Militärverwaltung trägt der Reichskanzler die Verantwortlichkeit!.
Die Personalien der Offiziere, militärgerichtliche und Gnadensachen
werden im Militärkabinett bearbeitet.
Die Hauptbehörden für die Militärverwaltung sind die Kriegs-
ministerien der Kontingentsverwaltungen?, also das preußische,
sächsische und württembergische Kriegsministerium. Da ein besonderes
Reichsamt für die Verwaltung der Militärangelegenheiten nicht besteht,
so fungieren diese Behörden bei Ausübung der Militärverwaltungs-
geschäfte als Organe des Reiches®. Insbesondere steht den Kriegs
ministerien und.den ihnen untergeordneten Behörden die Vertretung
des Reichsfiskus in Prozessen zu‘. Die Bearbeitung der für das Reich
einheitlich zu regelnden Angelegenheiten erfolgt im preußischen
Kriegsministerium. Unter dem Kriegsministerium stehen im Verbande
der preußischen Armee die Generalkommandos, denen nicht bloß die
Ausübung des Oberbefehls, sondern auch die Geschäfte der Militär-
verwaltung für die betreffenden Armeekorps übertragen sind. DI®
Verwaltungsgeschäfte für das bayrische Heer werden voM
ayrischen Kriegsministerium selbständig und lediglich !n
Unterordnung unter die Vorschriften der Reichsgesetze geführt. Da®
ı Vgl. oben $ 177%,
® Laband4, 98; v. Kirchenheim, Art. Kriegsministerium. V.R.W.], 876.
® Nicht als Stellvertreter des Reiches, wie Brockhaus S. 34 behauptet. .
* R.Ziv. ®. 148; 85, 13. Diese Vertretung besteht jedoch nur, sowel
sich Vermögensgegenstände des Reiches in der Verwaltung des betreffenden
Kontingentes befinden. Das Reichsgericht hat daher eine Klage, welche dp
reußische Kriegsministerium auf Grund von Eigentumsrechten, die dem Reic 1
in der Festung Ulm zustehen, erhoben hatte, mit Recht zurückgewiesen. Den?
die Festung Ulm befindet sich nicht in der Verwaltung des preußischen Kon
tingentes, sondern in der Verwaltung des Reiches, wie die Konvention voM
16. Juni 1874 (vgl. oben $ 18515) ausdrücklich ausspricht. Vgl. R.Ziv. 8, 1.