Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

598 Viertes Buch. Dritter Abschnitt. $ 188. 
1. Die Militärpflicht beginnt am 1. Januar des laufenden 
Kalenderjahres, in welchem der Wehrpflichtige das 20. Lebensjahr 
vollendet*. Bei Personen, die erst nach vollendetem 20. Lebensjahre 
deutsche Reichsangehörigkeit erwerben, entsteht die Militärpflicht, 
vorausgesetzt, daß sie sich überhaupt noch in einem zum aktiven 
Dienste verpflichtenden Alter befinden, natürlich erst mit Erwerb 
der Reichsangehörigkeit. Ebenso tritt bei wehrpflichtigen Ausländern 
die Militärpflicht erst dann ein, wenn sämtliche ihre Wehrpflicht 
begründenden Tatsachen zur Entstehung gelangt sind, wenn sie ihren 
dauernden Aufenthalt in Deutschland genommen und ihre auswärtige 
Staatsangehörigkeit verloren haben. Dagegen kommt bei ihnen nichts 
darauf an, ob sie sich noch in dem zum aktiven Dienst ver- 
pflichtenden Lebensalter befinden; ihre Aushebung ist bis zum voll- 
endeten 31. Lebensjahre zulässig. Dies gilt auch von solchen Personen, 
welche die deutsche Reichsangehörigkeit verloren und eine andere 
Staatsangehörigkeit erworben haben, aber vor dem vollendeten 
31. Lebensjahre wieder Reichsangehörige werden. Die Dienstpflicht 
dieser beiden Klassen von Personen dauert jedoch nur bis zum voll- 
endeten 31. Lebensjahre®, 
2. Die Militärpflicht umfaßt eine doppelte Verpflichtung: 
dieMelde- und Gestellungspflicht. a) Die Meldepflicht, 
d. h. die Pflicht, sich zur Stammrolle anzumelden. Die Anmeldung 
hat in der Zeit vom 15. Januar bis zum 1. Februar zu erfolgen und 
ist, so lange die Militärpflicht dauert, jährlich zu wiederholen. Sie 
muß bei der Ortsbehörde des Ortes geschehen, in welchem der 
Wehrpflichtige seinen dauernden Aufenthalt oder seinen Wohnsitz 
hat, Besitzt er im Reichsgebiete weder das eine noch das andere, 
so hat die Anmeldung am Geburtsorte und, liegt auch dieser außer- 
halb des Reiches, an dem Orte zu erfolgen, an dem seine Eltern 
oder sein Familienhaupt den letzten Wohnsitz hatten. Sind die 
Militärpflichtigen selbst abwesend, so haben ihre Eltern, Vormünder, 
Lehr-, Brot- oder Fabrikherren die Anmeldung zu bewirken’. Die 
Unterlassung der Anmeldung ist mit Geldstrafe bis zu 30 Mark oder 
Haft bis zu drei Tagen bedroht. Die Strafe tritt jedoch nicht ein; 
wenn die Versäumnis durch Umstände herbeigeführt war, deren 
Beseitigung nicht in dem Willen des Anmeldungspflichtigen lag”. 
b) Die Gestellungspflicht, d.h. die Pflicht, sich auf Anordnung 
der Ersatzbehörden vor diesen einzufinden. Zu einer derartigen 
Gestellung darf der Militärpflichtige jedoch höchstens zweimal IM 
Jahr gefordert werden. Er ist in dem Aushebungsbezirke gestellung®- 
pflichtig, in dem er sich zur Stammrolle anzumelden hat?. Die 
Verletzung der Gestellungspflicht, d. h. das Nichterscheinen oder 
* R.Verf. Art. 59. W.G. $ 6. R.M.G. $ 10. t 
5 Dies ist der Fall, wenn sie das 22, Lebensjahr noch nicht vollende 
haben. Mn auch Motive zum Entwurf eines Reichsmilitärgesetzes voM 
5. Febr. 1874, $ 11. (Sten.Ber. Bd. IH, S. 51.) 
°RMG.S 1. 
ıRM.G. $ 31. W.O.$ 2. 
s RM.G. 5 38. 
» W.G. 817. RM.G. (G. vom 6. Mai 1880), 88 10, 12. W.O. $ 26.
	        
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