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eintragen lassen können‘. Das aus den Verträgen hervorgehende
Rechtsverhältnis zwischen dem Reiche und seinen Gläubigern ist ein
privatrechtliches; die Geltendmachung der daraus entspringenden
Rechte und Verbindlichkeiten kann im Rechtswege erfolgen.
Den Hauptbestandteil der Reichsschulden bildet die fundierte
Schuld des Reiches. Sie ist der Inbegriff der Schuldverbindlich-
keiten, welche das Reich für einen längeren Zeitraum zu dem
Zwecke übernommen hat, sich Mittel für außerordentliche Auf-
wendungen zu beschaffen. Über diese Schuldverbindlichkeiten werden
Reichsschuldscheine oder Reichsobligationen ausgegeben.
Die bisher kontrahierten Reichsschulden, welche der fundierten
Schuld angehören, haben sämtlich den Charakter der Renten-
schulden. Das Reich hat in ihnen nur die Verpflichtung zur
Zahlung einer jährlichen Rente, dagegen keinerlei Verpflichtung zur
Rückzahlung des Kapitals binnen einer bestimmten Zeit übernommen.
Dagegen ist dem Reiche selbst das Recht der Kündigung vor-
behalten; die Festsetzung der Frist, innerhalb deren die Kündigung
erfolgen darf, also auch die Festsetzung der Kündigung selbst, hat
durch einen Akt der Gesetzgebung zu erfolgen®. Die Bestimmung
des Zinsfußes ist bei den bisher aufgenommenen Anleihen dem
Reichskanzler überlassen. Für Änderungen des Zinsfußes, also für
Konvertierung von Anleihen, ist trotzdem wegen des Einflusses, den
eine derartige Konvertierung auf die Gestaltung des Reichshaus-
haltsetats äußert, die Genehmigung der gesetzgebenden Organe des
Reiches erforderlich.
Die schwebende Schuld des Reiches ist der Inbegriff der
Schuldverbindlichkeiten, welche das Reich auf kürzere Zeit tber-
nommen hat, um die Betriebsmittel der Reichskasse zu verstärken
und eine Ausgleichung zwischen Einnahmen und Ausgaben einer
einzelnen Etatsperiode zu bewirken. Die Form, in der die schwe-
bende Schuld auftritt, sind die Schatzanweisungen. Die Er-
mächtigung zur Ausgabe von Schatzanweisungen wird dem Reichs-
kanzler durch einen Akt der gesetzgebenden Organe, regelmäßig
durch das Etatsgesetz, erteil. Sie enthalten einen bestimmten
Fälligkeitstermin, zu dem die Rückzahlung des Kapitals erfolgen
muß, haben also nicht den Charakter von Rentenschulden,
sondern den gewöhnlicher Darlehnsschulden. Sie können an
und für sich verzinslich oder unverzinslich sein; tatsächlich ist regel-
mäßig letzteres der Fall.
Zu den Finanzschulden des Reiches gehört auch das Papier-
geld, das den Charakter einer unverzinslichen Schuld hat®.
An Garantien sind, wie bereits erwähnt”, bisher nur über-
* R.G. zur Ände des G., betr. i i 1891,
Vom 6. Mai 1910 BEBIS ea etr. das Reichsschuldbuch vom 31. Mai 1891
® Einheitliche Vorschriften über die Reichsanleihen enthält die Reichs-
schuldenordnung vom 19. März 1900 (R.G.Bl. S. 129) ergänzt durch R.G. vom
22. Febr. 1904 (R.G.Bl. S. 66) und das B.G.B. ü i htlich
Regen Laband 4 872, nd das B.G.B. Vgl. über die privatrechtlichen
.® Vgl. oben ! 120.
T Vgl. oben $ 254.