Staatsgebiete, Staatsangehörigkeit. Der Monarch. Landtag. 15
Ähnlich verhält es sich mit der Einwohnerzahl; auch hiervon entfallen auf Preußen
etwa 58 Deutschlands, dagegen auf Bayern ¼0, auf Sachsen ½/16 und auf Schaum-
burg-Lippe nur etwa /1600. Die gesamten 25 nichtpreußischen Bundesstaaten
umfassen demnach nur etwa ½ des Reichsgebiets und der Bevölkerung.
Die vollen Rechte und Pflichten eines Staatsbürgers haben nur die Staats-
angehörigen. Die Staatsangehörigkeit wird erworben: 1. durch Abstammung
von deutschen Eltern, 2. durch Verheiratung mit einem Deutschen oder 3. durch
eine besondere staatsrechtliche Handlung (Aufnahme, Naturalisation), wobei dem
Betreffenden die Rechte der Staatsangehörigkeit verliehen werden. Das vor-
nehmste Recht des Staatsbürgers ist das Wahlrecht, die wichtigste Pflicht die
Wehrpflicht; daher darf sich kein Wehrpflichtiger ohne Erlaubnis seiner Heimats-
behörde in das Ausland begeben. Wer im Kriegsfalle trotz staatlicher Aufforde-
rung nicht aus dem Auslande zurückkehrt, oder wer sich über 10 Jahre ununter-
brochen im Auslande aufhält, ohne sich bei einem deutschen Konsulat (Gr. A.
S. 156, Kl. A. S. 182) in die Matrikel eintragen zu lassen 1), verliert seine
Staatsangehörigkeit.
3. Der Monarch. An der Spitze eines jeden Staates steht in Deutschland
— mit Ausnahme der drei Hansastädte — ein Monarch, der den Titel König,
Großherzog, Herzog oder Fürst führt. Ihm steht grundsätzlich alle Macht im
Staate zu, soweit er sie nicht selbst durch die Verfassung (vgl. oben) abgetreten
hat. Die Minister und Staatsbeamten werden von ihm angestellt, in Bayern,
teilweise auch in Württemberg und Sachsen führt er in Friedenszeiten den Ober-
befehl über das Heer, er erläßt mit dem Landtage die Gesetze, übt das Begna-
digungsrecht aus, verleiht Titel und Orden, beruft und vertagt den Landtag
und löst ihn auf. Seine Person ist unverletzlich, d. h. er ist für keine seiner
Handlungen verantwortlich; daher müssen seine Regierungsakte von einem Mi-
nister gegengezeichnet werden, der dadurch die Verantwortung dafür übernimmt.
Angriffe auf den Monarchen in Wort, Schrift und mit der Tat werden beson-
ders streng bestraft.
Die Krone ist im Mannesstamme erblich, Frauen können in einzelnen Staaten
(Bayern, Württemberg, Sachsen, Baden, Hessen usw.) nur für den Fall auf den
Thron gelangen, daß alle männlichen Erben ausgestorben sind. Thronerbe ist
der Erstgeborene, eine Teilung des Landes kann nicht mehr stattfinden.
Die Freien Städte sind Republiken, an ihrer Spitze stehen der Senat und
die Bürgerschaft. Die Senatsmitglieder (in Hamburg und Bremen 18, in Lübeck 14)
werden auf Lebenszeit gewählt und können ihrer übrigen Stellung nach mit
dem Magistrat der Städte verglichen werden, während die Bürgerschaft aus
Wahlen der Bevölkerung hervorgeht und den Stadtverordneten in vielen Be-
ziehungen ähnelt.
4. Der Landtag. Wie bei einer Aktiengesellschaft neben dem Vorstand ein
Aufsichtsrat vorhanden ist, der bei wichtigen Entscheidungen mitzuwirken hat
und die Tätigkeit der Leitung kontrolliert, so ist auch in allen deutschen Bundes-
staaten ein Staatsorgan vorhanden, das bei der Gesetzgebung und Verwaltung
des Landes mitwirkt — der Landtag.
1) Die letztere Bestimmung wird nach dem neuen Entwurf des Gesetzes beseitigt
werden. In Zukunft soll die Staatsangehörigkeit der Auslanddeutschen nur durch An-
nahme einer fremden Staatsangehörigkeit verloren gehen.