Object: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1907. (48)

234 Greßbritaunien. (Februar 18.) 
hervorgerufen werden würde, daß England und Frankreich in bezug auf 
ihre Interessen, die sie bis dahin immer als wohlbegründete bezeichnet 
hätten, sich zweifelhaft geworden wären. Die französische Regierung er— 
klärte außerdem mit Recht, daß es unerwünscht sein würde, ein gemein- 
sames Protektorat zu erklären, ohne gleichzeitig eine Begründung dafür 
zu geben. Es war deshalb unzweifelhaft das beste, die Konvention zu 
ratifizieren und die Beratung weiterer Verbesserungen darin zu verschieben. 
Würde die Opposition unter diesen Umständen den Abschluß der Konven- 
tion verzögert haben, um Einzelheiten derselben zu beraten? Bejaht die 
Opposition diese Frage, so würde sie Gefahr gelaufen sein, unseren Ein- 
fluß auf den Neuen Hebriden zu verringern und auf Komplikationen zu 
stoßen, welche die Regelung der Angelegenheit viel schwieriger gestaltet 
haben würden. 
18. Februar. (Oberhaus.) Flottenmanöver; Sicherheit 
Englands. 
Der amtliche Bericht über die Flottenmanöver von 1906 wird be- 
sprochen. Darin wird festgestellt, daß die Verluste der beteiligten Kauf- 
fahrteischiffe 55 Prozent betrugen. Diese Aufbringungen hatte das angreifende 
blaue Geschwader jedoch mit einer völligen Desorganisation seiner Streit- 
kräfte bezahlt, und der Unparteiische habe entschieden, daß, falls die 
Manöver fortgesetzt worden wären, beim Beginne der dritten Woche alle 
zur Sperrung des Handels verwandten Schiffe entweder genommen oder 
blockiert gewesen wären; im Falle eines wirklichen Krieges wäre der 
Prozentsatz der weggenommenen Kauffahrteischiffe erheblich niedriger ge- 
wesen. Die Manöver hätten, heißt es sodann in dem Bericht, wieder 
bewiesen, daß es vom strategischen Standpunkt verkehrt sei, den Handel 
des Feindes zum Hauptziel des Angriffes zu machen und den Schlacht- 
schiffen aus dem Wege zu gehen. Es könne wohl vorübergehend der 
Landel in London in eine kritische Lage kommen, wenn der Krieg im 
inne der Manöver geführt würde, doch könne die völlige Niederlage des 
Angreifers nicht lange aufgeschoben werden, und es werde im Handel das 
Vertrauen bald zurückkehren. Baron Lovat bespricht die Möglichkeit 
eines plötzlichen Einfalles in England während der Abwesenheit der Flotte 
aus den heimischen Gewässern, z. B. bei einer Gelegenheit, wie sie sich 
in letzter Zeit bot, als die Flotte auf der Höhe von Lagos Manöver abhielt. 
Unterstaatssekretär im Kriegsamt Lord Portsmouth: die Beweisführung 
Lovats ginge aus von der Theorie, daß Englands nächste Nachbarn 
geradezu Räubervölker seien und sich hinterlistiges Handeln zu schulden 
kommen lassen würden. Es müsse zwischen dem Eintritt einer Spannung 
in den Beziehungen und der Kriegserklärung eine gewisse Zeit verlaufen; 
die englische Flotte werde nicht bei Lagos stehen, wenn die Beziehungen 
Englands zu seinen Nachbarn nicht gänzlich ungetrübt und freundschaftlich 
sind. Alle in Betracht kommenden Probleme seien sorgfältig vom Ver- 
teidigungskomitee in Erwägung gezogen worden. Es sei unvereinbar mit 
vernünftiger Ueberlegung und den internationalen guten Sitten, anzu- 
nehmen, daß Staaten, mit denen England auf dem freundschaftlichsten 
Fuße stehe, bereit wären, gegen England in einer geradezu schändlichen 
Weise zu verfahren. Erster Lord der Admiralität Lord Tweedmouth: 
Zugegeben auch, daß man gegen Ueberraschungen Vorsorge treffen müsse, 
so beruhe doch die Furcht vor einem plötzlichen Einfall auf einer Reihe 
von unhaltbaren Voraussetzungen. England befinde sich im vollständigsten 
Einvernehmen mit allen großen Nationen, und daß keine Spur von einer 
Meinungsverschiedenheit, die zu einem Krieg führen könne, zwischen Eng-
	        
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