Einleitung.
Allgemeiner Uberblich.
1. Das Wesen des Staates. Die Grundlage jeder menschlichen Gemein-
schaft ist die Familie. Ein Staat ohne geordnetes Familienleben würde dem
Untergange geweiht sein.
Wenn in der Familie die Verwandten mitleben, so erweitert sich der Fa-
milienverband, aus Nachkommen und Verwandten der Seitenlinie bildet sich
die Sippe und aus mehreren Sippen der Stamm, in dem sich noch alle
Angehörigen als zu einer großen Verwandtschaft gehörig fühlen. Mehrere
Stämme vereinigen sich zu einem Volk, das sich in der Regel durch Einheit
der Sprache, Sitten und Abstammung auszeichnet.
Durch die Notwendigkeit, mit anderen Menschen gemeinsam zu leben,
bilden sich in dem seßhaft gewordenen Volk feststehende Gebräuche über das
Verhalten zueinander aus, die später als Rechtssätze zusammengefaßt werden.
An die Spitze des Volkes tritt zum Schutz nach außen und zur Regelung der
gemeinsamen Interessen eine Regierung, und der ganze Verband erhält den
Namen Staat. Der Staat ist somit der dauernde, höchste Verband eines seß-
haften Volkes.
Die Aufgaben des Staates sind im Laufe der Zeit sehr verschieden auf-
gefaßt worden. Zeitweilig waren sie auf den Schutz gegen äußere Feinde und
auf die Wahrung der Rechtsordnung im Innern beschränkt. Heute ist der
Wirkungskreis des Staates ein sehr mannigfaltiger und erstreckt sich auf fast
alle Lebensverhältnisse. Schutz der Landwirtschaft, der Industrie, des Handels,
der Gesundheit, Sittlichkeit, Religion, Förderung der Kultur und Wissenschaft,
Fürsorge für die Armen, Kranken, Alten und Kinder gehören zu den wesent-
lichen Aufgaben eines modernen Staates.
2. Uberblick über die Staatsformen. Die Staatsgewalt muß von einem
Organ des Staates ausgeübt werden. Das oberste Recht dieses Organes ist
die Gesetzgebung. Zu ihrer Durchführung ist die Rechtsprechung nötig,
alle übrigen Staatsgeschäfte werden durch die Verwaltung erledigt. Sind
alle drei Gewalten in einer Person (dem Monarchen) vereinigt, so sprechen wir
von einer absoluten Monarchie. Ist das Volk oder ein Teil desselben
(Aristokratie) an der Gesetzgebung und Verwaltung beteiligt, so entsteht eine
konstitutionelle oder beschränkte Monarchie (Preußen). In einer Republik
wählt das Volk oder eine bestimmte Klasse desselben die Organe des Staates
(Präsident, Senat) und ist, wie in der konstitutionellen Monarchie, in den
Kammern an der Ausübung der Staatsgewalt beteiligt. Mehrere Staaten
können sich zu einem Staatenbund (der Deutsche Bund 1815—1866) oder einem
Bundesstaat (Deutsches Reich) vereinigen. Eine besondere Stellung nehmen
die Kolonien ein, die auch als Nebenländer bezeichnet werden.