110 8 7. Die Selbatverwaltungskörper.
schließlich aus niederen Selbstverwaltungsverbänden besteht.?*
Die Kommunalverbände höherer Ordnung sind gemeindeähnlich
organisiert und daher dazu geeignet, alle Geschäfte der Selbst-
verwaltung schlechthin zu übernehmen. Gesetz oder Gewohnheit
können ihnen demgemäß solche Selbstverwaltungsaufgaben über-
tragen, für welche die Kraft der Gemeinden nicht ausreicht.?®
Die Geschäfte, die sich die Gemeinde — und der ihr gleich-
wertige höhere Kommunalverband — in einem langen geschicht-
lichen Prozesse als ihre Domäne erkämpft hat und die demgemäß
ihren eigentlichen Lebenszweck ausmachen, bilden den eigenen
Wirkungskreis der Körperschaft.” Der Staat besitzt aber die
24 Beispiel: Die württembergischen Amtskörperschaften. Württembg.
Verfassungsurkunde $ 64: „Sämtliche zu einem Oberamte gehörige Ge-
meinden bilden die Amtskörperschaft.‘“ Vgl. dazu die Literatur bei
Fleiner, Staatsrechtliche Gesetze Württembergs, 2. Ausgabe, 1907,
S. 36.
25 Württembergische Bezirksordnung vom 28. Juli 1906, Art. 13: ‚Der
Amtskörperschaft kommt die Pflege der gemeinschaftlichen Interessen
der Gemeinden und der Angehörigen des Bezirks zu... .‘“ Nach Art. 16
können von ihr insbesondere gemeinnützige Anstalten und Einrichtungen,
z. B. Fortbildungsschulen, landwirtschaftliche oder gewerbliche Unter-
richtskurse, Armenbeschäftigungsanstalten, Krankenhäuser, Viehver-
sicherungskassen und dergleichen gegründet und betrieben oder durch
Beiträge unterstützt werden usf., Art. 17: „Die Amtskörperschaft ist
berufen, einzelne Gemeinden des Bezirks, welche infolge von Unglücks-
fällen oder aus sonstigen Gründen die ihnen im öffentlichen Interesse
obliegenden Leistungen nicht oder nur unter Erschöpfung ihrer Kräfte
zu bewerkstelligen imstande sind, in geeigneter Weise zu unterstützen.‘
28 Vgl. zum Folgenden: Rosin, Öffentliche Genossenschaft, S. 92f.
Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht II S. 423ff. Jellinek, System
der subjektiven öffentl. Rechte, S. 275ff. Preuß, Städt. Amtsrecht in
Preußen, S.136ff. Beispiel: Preuß. Landgemeindeordnung v.3.Julil891,$5:
„Landgemeinden sind öffentliche Körperschaften; es steht ihnen das Recht
der Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten nach den Vorschriften dieses
Gesetzes zu.‘ Badische Gemeindeordnung (Fassung v. 1910) $ 6 (s. oben
S. 94). — Der bayr. VerwGH. hat am 20. Dezember 1911 (Reger XXXIU
183) entschieden, daß die Übernahme der Kosten für die Errichtung
eines kommunalen Krematoriums in den Selbstverwaltungsbereich der Ge-
meinden gehöre und daher kraft der Staatsaufricht nicht verboten werden
dürfe. Andrerseits hat das Preuß. OVG. mit Urteil vom 21. September 1886
(Entscheidungen Bd. 14, S. 76) erklärt, der Ersatz der Reisekosten an Wahl-
männer (bei Landtagswahlen) gehöre nicht zu den kommunalen Aufgaben.
Trotz der Selbstverwaltung darf die Gemeinde ihr Vermögen nicht zu be-
liebigen Zwecken verwenden.