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122 $ 8. Die „gesetzmäßige Verwaltung“.
für Beziehungen zwischen ungleichen Rechtssubjekten.? Der Satz
von der „gesetzmäßigen Verwaltung‘‘ richtet dem herrschaftlich
verwaltenden Staat Rechtsschranken auf.
Jeder Eingriff der öffentlichen Verwaltung in Freiheit und Eigen-
tum der Bürger bedarf der gesetzlichen Grundlage. Nach den
Verfassungsurkunden spricht die Vermutung für die Freiheit der
Bürger von staatlichem Zwang. Jeder obrigkeitliche Eingriff, d.h.
jedes Gebot oder Verbot, das dem Untertan die Pflicht zu einem
Dulden oder zu einer positiven Leistung zu Gunsten der öffent-
lichen Verwaltung auferlegt (Steuerpflicht, Wehrpflicht, polizei-
liche Pflichten, Bauverbote usw.), muß durch ein Gesetz oder
eine vom Gesetze abgezweigte oder zugelassene Rechtssetzungs-
form ermächtigt sein. Eingriffe in Freiheit und Eigentum des
Bürgers gehören zum ‚Vorbehalt des Gesetzes‘ (Otto Mayer).
Der Satz ist bei Begründung des Verfassungsstaates in irgend
einer Form in den Verfassungsurkunden ausgesprochen worden.
Dies schon weist auf seinen politischen Ursprung hin. Gemäß den
Verfassungsurkunden ist die Verwaltung die eigentliche Domäne
des Fürsten geblieben. Kann die Regierung des Fürsten Freiheit
nnd Eigentum des Einzelnen nur antasten auf Grund eines Ge-
setzes, so bedeutet dies, daß sie zu ihrem Eingriffe der Zustim-
mung des zweiten Faktors der Gesetzgebung, nämlich der Volks-
vertretung, bedarf. Damit sind aber Freiheit und Eigentum der
Bürger gegenüber der öffentlichen Verwaltung unter den Schutz
der Volksvertretung gestellt. Das bringt z. B. die bayerische Ver-
fassungsurkunde vom 26. Mai 1818 zu klarem Ausdruck (Titel VII
$ 2): „Ohne den Beyrath und die Zustimmung der Stände des
Königreichs kann kein allgemeines neues Gesetz, welches die
Freyheit der Personen oder das Eigenthum der Staatsangehörigen
betrifft, erlassen, noch ein schon bestehendes abgeändert, authen-
tisch erläutert oder aufgehoben werden.“? Zu demselben Er-
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2 Otto Mayer, I S. 108—109.
3 Vgl. ferner die inhaltlich im wesentlichen übereinstimmende
Badische Verfassungsurkunde vom 22. August 1818 565: „Zu allen anderen
die Freyheit der Personen oder das Eigenthum der Staatsangehörigen
betreffenden allgemeinen neuen Landesgesetzen oder zur Abänderung
oder authentischen Erklärung der bestehenden, ist die Zustimmung der
absoluten Mehrheit einer jeden der beyden Kammern erforderlich.“ Vgl.
darüber Walz, Bad. Staatsrecht, 8. 209.