42 $3. Geschichtliche Entwicklung des deutschen Verwaltungsrecht».
früher als reine Gebilde des Zivilrechtes betrachtet hatte, seien
zivilistische und publizistische Bestandteile zu einer Einheit ver-
schmolzen. Daraus folge, daß dasselbe Rechtsinstitut zum Teil
dem Zivilrecht, zum Teil dem öffentlichen Recht unterstehe.
Es sei nur erinnert an die Zerlegung des Beamtenverhältnisses
in eine privatrechtliche und eine öffentlichrechtliche Seite, oder
an dieselbe Spaltung in dem Institute der Zwangsenteignung.
Diese Art der Scheidung ließ den vermögensrechtlichen Anspruch
des Beamten und des Expropriaten gegen den Staat auf dem
Boden des Privatrechts, rückte aber die übrigen Seiten des
Instituts in die Sphäre des öffentlichen Rechts. Damit hatte
man eine juristische Form gewonnen, die ermöglichte, ein Rechts-
verhältnis, das über den privatrechtlichen Rahmen hinaus-
gewachsen war, aus der privatrechtlichen Schablone zu befreien,
andererseits aber das Element auf dem Boden des Zivilrechts
festzuhalten, für welches die damalige Gesetzgebung nur unvoll-
kommene Rechtschutzgarantien darbot. Die Errichtung beson-
derer Verwaltungsgerichtshöfe in den größeren deutschen Staaten
(seit 1863) bezeichnet den Wendepunkt der Entwicklung. Sie
schuf die Krönung des Rechtsstaates. Einer von den Verwaltungs-
behörden unabhängigen Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde die
Aufgabe übertragen, auf Beschwerde des Untertans hin zu prüfen,
ob die öffentliche Verwaltung beim Erlaß einer obrigkeitlichen
Anordnung subjektive Rechte verletzt habe.’ Damit fielfür Praxis
und Doktrin die Notwendigkeit weg, ein einheitliches Institut ge-
waltsam zu zerreißen und den einen Teil auf den Boden des Privat-
rechts zu stellen, um dem Bürger einen rechtlich geschützten
Anspruch gegen die öffentliche Verwaltung zu verschaffen. Weiter
aber führte die Einsetzung einer besonderen Verwaltungsgerichts-
barkeit von selbst eine Umgestaltung der Theorie von den wohl-
erworbenen Privatrechten herbei. Mit der Ausbildung direkter
Rechtschutzgarantien verlor deren Surrogat, die zivilrechtliche
Schadensersatzklage wegen Verletzung wohlerworbener Rechte,
ihre Bedeutung.”! Denn nicht Ausgleichung des Vermögens-
30 Georg Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte,
Ss. 3ff.
32 Ein anschanliches Beispiel bietet die württembergische Rechts-
entwicklung. Die Württembergische Verfassungsurkunde v. 25. September
1819 stellte in $ 95 den Satz auf: „Keinem Bürger, der sich durch einen