Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

$ 3. Geschichtliche Entwicklung des deutschen Verwaltungsrechts. 43 
schadens, sondern Sicherung des dem Untertan garantierten 
Rechtsbestandes wurde die Aufgabe der Verwaltungsrecht- 
sprechung. Die Schadenersatzklage blieb — abgesehen von dem 
Gebiete der Beamtenhaftung — seither beschränkt auf die Fälle, 
in denen ein rechtgemäßer Akt der Staatsgewalt das Vermögen 
Privater geschädigt hat. 
Die dargestellte Entwicklung hat auf großen Gebieten der 
öffentlichen Verwaltungstätigkeit das öffentliche Recht zur Herr- 
schaft gebracht und das Zivilrecht zurückgedrängt. Die Recht- 
fertigung für diese Ausschaltung des Privatrechts liegt in der 
Tatsache, daß das Privatrecht von der Gleichberechtigung der 
Individuen ausgeht und zugeschnitten ist auf die Ausgleichung 
gleichberechtigter Einzelinteressen. Je weiter aber der Inter- 
essenkreis des Staates geworden ist, desto weniger hat die öffent- 
liche Verwaltung ihre Geschäfte mit den Mitteln des Privatrechts 
besorgen können. Nur mit Hilfe herrschaftlicher, obrigkeitlicher 
Gewalt vermag sie die höchsten und letzten ihrer Aufgaben zu 
erfüllen. Sobald aber die öffentliche Verwaltung den Bürgern 
herrschaftlich, obrigkeitlich gegenübertritt, ist das auf Gleich- 
ordnung der Parteien gestimmte Zivilrecht unanwendbar. Es 
beginnt der Bereich des öffentlichen Rechts. 
Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, ist öffentliches 
Recht als ein Spezialrecht für solche Verhältnisse der öffent- 
lichen Verwaltung entstanden, für die das Privatrecht nicht 
das ‚richtige Recht‘‘ darstellt. Es hat sich nur langsam und 
mit Mühe durchgesetzt und noch zur Stunde muß es um seine 
Anerkennung ringen gegen die Vorherrschaft des Privatrechts, 
die ihren Rückhalt findet an der zentralen Stellung der Zivil- 
Akt der Staatsgewalt in seinem auf einem besonderen Titel beruhenden 
Privatrechte verletzt glaubt, kann der Weg zum Richter verschlossen 
werden.‘ Hierin lag eine Zusicherung gerichtlichen Rechtsschutzes. Die 
Praxis gelangte jedoch bei der Auslegung der Vorschrift zu keinem festen 
Ergebnis; herrschende Meinung wurde, die Verfassungsurkunde spreche 
in $ 95 lediglich ein Recht auf Schadenersatz zu. Mit der Ausbildung 
direkter Rechtsschutzgarantien wurde der Auffassung, die zit. Vorschrift 
gewährleiste mehr, nämlich eine Kontrolle der ordentlichen Gerichte über 
die Verwaltung, vollends der Boden entzogen. Fritz Fleiner, Staats- 
rechtliche Gesetze Württembergs, 2. Ausgabe, 1907,8.55. Ottmar Bühler, 
Die Zuständigkeit der Zivilgerichte gegenüber der Verwaltung im würt- 
tembg. Recht, Tübinger jurist. Dissertation 1811, S. 94 ff.
	        
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