Akademien 91
und freien Künste in Bayern auszubreiten, ins-
besondere durch Stellung von Preisaufgaben,
Herausgabe von Abhandlungen, Abhalten von
Gedächtnis= und Festreden. Die A. gibt Abhand-
lungen heraus, früher auch Gelehrte Anzeigen,
seit deren Eingehen Sitzungsberichte.
4. Die Gesellschaft der Wissen-
schaften zu Göttingen, 1752 auf Al-
brecht v. Hallers Betrieb gegründet und 1770
umgestaltet. Die derzeit geltenden Statuten sind
v. 21. 6. 93. Obgleich nur als Gesellschaft bezeich-
net, handelt es sich tatsächlich um eine Akademie.
Die Gesellschaft zerfällt in eine mathematisch-
physikalische und eine philologisch-historische Klasse.
Jede von ihnen kann 15 ordentliche, 30 auswärtige,
100 korrespondierende und außerdem noch Ehren-
mitglieder haben.
Die Gesellschaft gibt Abhandlungen heraus und
außerdem die älteste noch bestehende kritische Zeit-
schrift, die Göttinger gelehrten Anzeigen. Auch
werden von ihr Preise ausgesetzt.
5. Die sächsische Gesellschaft der Wis-
senschaften zu Leipzig, am I. 7. 46
eröffnet, hat ordentliche Mitglieder, deren Zahl
nicht über 70 steigen soll, aus den sächsisch-thüringi-
schen Staaten und Ehrenmitglieder. Sie zerfällt
in eine philologisch-historische und eine mathe-
matisch-physikalische Klasse. Sie hält jährlich zwei
öffentliche Sitzungen und stellt Preisaufgaben.
Ihre Abhandlungen erscheinen gedruckt, seit 1849
getrennt für beide Klassen.
6. Die Akademie zu Posen. Ihre Ver-
fassung beruht auf den vom Könige erlassenen
Satzungen v. 28. 8. 03 (nicht verkündet). Sie hat
die Aufgabe, das deutsche Geistesleben in den
Ostmarken durch ihre Lehrtätigkeit und ihre wissen-
schaftlichen Bestrebungen zu fördern. Sie ist
Veranstaltung des Staates mit den Rechten einer
privilegierten Korporation. Die Staatsaussicht
führt unter dem Unterrichtsminister ein Kurator,
der sie auch vermögensrechtlich vertritt. Der
Senat besteht aus sämtlichen Professoren und dem
Syndikus. Er wählt auf drei Jahre den Rektor
unter Bestätigung des Ministers, und zur Erledi-
gung der laufenden Geschäfte wird eine Verwal-
tungskommission, bestehend aus dem Rektor,
einem vom Senate auf drei Jahre gewählten
Mitgliede und dem Syndikus berufen. Die Lehrer
sind Professoren, Honorarprofessoren und Do-
zenten und werden vom Minister, die Professoren
mit Vorschlagsrecht des Senats ernannt. Die A.
soll nicht Berufsbildung, sondern wissenschaftliche
Fortbildung gewähren. Für die Hörer, über deren
Zulassung die Verwaltungskommission entscheidet,
wird im allgemeinen das Einjährigen-Zeugnis
erfordert.
7. Die Akademie zu Heidelberg,
1909 auf Grund des Lanzschen Vermächtnisses
begründet, hat eine endgültige Organisation noch
nicht erhalten.
Vielfach werden auch private gelehrte Vereini-
gungen als A. bezeichnet, so die Kolonial A. zu
Halle a. S. (seit 1908).
z 3.Die Aufgaben der Akademien. Wenn.
von Aufgaben der A. die Rede ist, so kann es nicht
auf das Wort A., sondern nur auf die Sache an-
kommen. Es scheiden aus die A. der mannig-
fachsten Art, welche den Charakter der Lehranstalt
baben, u. a. die A. zu Posen, oder, welche nicht
gelehrten, sondern künstlerischen Zwecken dienen,
wie die A. der Künste. Dagegen sind die unter
staatlicher Autorität als öffentlichrechtliche Kor-
porationen bestehenden gelehrten Gesellschaften
zu berücksichtigen, die zwar nicht A. heißen, aber
doch die gleichen Aufgaben verfolgen.
Die Notwendigkeit der A. ergab sich aus der
früher beschränkteren Aufgabe der Universitäten.
Das ganze Mittelalter hindurch waren die Uni-
versitäten nicht Träger einer eigenen wissenschaft-
lichen Forschung, sondern die Ueberlieferer des
überkommenen Wissensstoffes. Das genügte, so
lange es nur galt, das aus dem klassischen Alter-
tum gerettete heilige Feuer zu hüten und künfti-
gen Geschlechtern zu überliefern. Es reichte nicht
aus für selbständige Fortentwicklung der Wissen-
schaft. Hier setzen die A. ein und ergänzen die
Universitäten. Noch am 28. 2. 1770, als seit Be-
gründung der Universitäten Halle und Göttingen
die Universitäten längst Trägerinnen wissenschaft-
licher Fortbildung geworden waren, äußerte sich
ein Bericht von Beausobre dahin: „Die Universi-
täten haben den Unterricht der Jugend zum End-
zweck. Ein Professor der Universität hat seinem
Amte Genüge getan, wenn er der Jugend das,
was in seinem Fache bekannt und erfunden ist,
gründlich lehret. Die A. aber sind dazu, daß sie
die Wissenschaften vermehren und brauchbarer
machen. Ein Akademiker hat seine Pflicht getan,
wenn er in seinem Fache die Lücken, das Mangel-
hafte, das nicht hinlänglich Bestimmte anmerkt,
die Lücken ausfüllt und das Unvollkommene voll-
kommener macht“ (vgl. Bornhak, Gesch. d. preuß.
Universitätsverwaltung bis 1810, Berlin 1900,
S147).
Diese Aeußerung bezeichnet die ursprüngliche
Aufgabe von Universität und A. in vollster Klar-
heit und Schärfe. Sie war aber schon für jene
Zeit veraltet. Denn seit Stiftung der Universität
Halle (169.4) waren, wenn auch ungewollt, die Uni-
versitäten wieder Trägerinnen einer selbständigen
wissenschaftlichen Forschung geworden. Bis dahin
hatten die hervorragendsten Geister wie ein Leib-
niz den verfallenden Universitäten fern gestanden.
In den neuen Universitäten und ihren großen
Gelehrten und Lehrern verbinden sich wieder
Wissenschaft und Lehre. In noch höherem Maße
gilt das seit dem 19. Jahrhundert, das die Freiheit
der Wissenschaft und ihrer Lehre unter verfassungs-
mäßigen Schutz stellt. Der Universitätsprofessor
hat nach Auffassung der Gegenwart seiner Auf-
gabe nicht Genüge geleistet, wenn er als Brot-
gelehrter den überkommenen Wissensstoff in sich
aufnimmt und wieder von sich gibt, man erwartet
von ihm als dem philosophischen Kopfe selbständige
Förderung der Wissenschaft.
Damit sind die Universitäten zum Teil an die
Stelle der A. getreten, namentlich indem sie dem
gelehrten Forscher Amt und Unterhalt gewähren,
aber ihn gleichzeitig dienstbar machen für die
wissenschaftliche Heranbildung der Jugend. Um-
gekehrt wie zur Zeit von Leibniz sind jetzt die gro-
ßen Gelehrten durchweg an den Universitäten
Deutschlands zu finden. Von selbst folgt daraus
eine geringere Bedeutung der A. Sie sind nicht
mehr die alleinigen, ja nicht einmal mehr die her-
vorragendsten Vertreterinnen der wissenschaft-
lichen Forschung.
Trotzdem sind die A. nicht überflüssig.