Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
  
Amtsdelikte 
—... — — –— — — —— — 
berechtigender Pleonasmus findet sich auch sonst 
in der GSprache (Instr. v. 30. 5. 20 § 57 b „Amts- 
oder Diensteid“; Entw. des preuß. StGB v. 47 
## 204: „Amts- oder Dienstehre“). Soweit die 
Strafsanktionen des 28. Abschn. II T. RStß 
aber sich gegen „nichtbeamtete“ Träger gewisser 
öffentlicher Acmter richten, ist zu beachten, daß, 
da die fraglichen öffentlichen Aemter vom Staat 
als Träger der Aemterhoheit geschaffen bezw. von 
der staatlichen Ggebung in ihrem Sein normiert 
sind, doch zwischen dem Staat und dem, „nicht- 
beamteten“" Amtsträger, wenn auch nicht eine 
interne Dienstpflicht, so doch eine Interessenbe- 
ziehung interner Natur dahin, daß das Amt be- 
stimmungsgemäß versehen wird, besteht, und be- 
sonders schwere Nichtachtungsfälle dieser internen 
Interessenbeziehung von seiten der „nichtbeam- 
teten“ Amtsträger konnte der Kriminal Ggeber sehr 
wohl der Praktikabilität halber mit den kriminali- 
sierten Dienstpflichtverletzungen der B unter der 
gemeinsamen Rubrik „Verbrechen und Vergehen 
im Amt“ zusammenfassen. 
5. Der Begriff der Amtsdelikte keine „Ma- 
terie“" des Reichs-Strasfgesetzbuches. (5 2 E). 
Bei der Bestimmung der strafbaren Handlungen 
im 28. Abschn. II T. RStB hat der Ggeber 
unter wesentlicher Berücksichtigung des preußischen 
Beispiels eine rein praktische Enumerationsmethode 
befolgt. Mit Recht wird deshalb nicht der Begriff 
der A überhaupt als die vom Reichsstrafrecht er- 
jaßte „Materie“ (F 2 EW) angesehen, sondern nur 
was an einzelnen Arten von Verbrechen und Ver- 
gehen positiv im 28. Abschn. aufgeführt ist. Der 
Landes Ggebung ist es daher nicht versagt, außer- 
halb des positiven Rahmens des 28. Abschn. weitere 
eigentliche und uneigentliche A zu schaffen, selbst- 
verständlich nur gegenüber Landes , nicht gegen- 
über Reichsbeamten. 
#6 6. Die einzelnen Amtsdelikte. Eine Ueber- 
sicht über die einzelnen „Verbrechen und Ver- 
gehen im Amt“ läßt sich am passendsten im An- 
schluß an die Unterschcidung zwischen „allgemeinen“ 
und „besonderen“ A geben: 
1. In erster Linie behandeln die s## 331—335 
— als „allgemeine“ A — die Jälle der „Beste- 
chung“. Wegen passiver Bestechung wird bestraft 
a) ein B, welcher für eine in sein Amt einschlagende, 
an sich nicht pflichtwidrige Handlung Geschenke 
oder Vorteile annimmt, fordert oder sich versprechen 
läßt § 331; b) ein B, welcher für eine Handlung, 
die eine Verletzung einer Amts= oder Dienstpflicht 
enthält, Geschenke oder andere Vorteile annimmt, 
fordert oder sich versprechen läßt § 332. Der 
spezielle Zweck der 535 331, 332 ist, das Prinzip der 
Unkäuflichkeit von Amtshandlungen zu wahren: 
es soll ein B aus seiner Amtstätigkeit keine ihm 
nicht durch das G unmittelbar zugebilligten Privat- 
vorteile ziehen, durch die Rücksicht auf solche sich 
nicht in seiner Amtstätigkeit bestimmen lassen. 
Vorausgesetzt wird in beiden Fällen einerseits eine 
bestimmte Amtshandlung oder doch eine bestimmt 
abgegrenzte Anzahl von Amtshandlungen d. h. 
Handlungen oder Unterlassungen, welche in den 
nach G und Amtsinstruktionen zu bemessenden 
Geschäftsbereich des B fallen, und andererseits 
das Annehmen, Fordern, Sichversprechenlassen von 
Geschenken und Vorteilen als Aequivalent dafür. 
Der Unterschied zwischen § 331 und 3 332 besteht 
nur darin, daß dort die Amtshandlung im übrigen 
  
—— —. — — — — — —— — — — — — — 
  
—— — — — —ffl — — – 
  
als pflichtgemäß erscheint, hier einc positive Pflicht- 
widrigkeit enthalten muß. Auch das Annehmen 
usw. für eine bereits vorgenommene Amtshand- 
lung der fraglichen Art macht in beiden Fällen 
strafbar. „Geschenke oder andere Vorteile“ ist nur 
von materiellen Vorteilen zu verstehen, wenn auch 
nicht unbedingt ein Vermögensvorteil d. h. eine 
Vermehrung des Vermögens erforderlich ist (z. B. 
Gestattung des Beischlafs, Spendung eines Trunks). 
Die Leistung kann auch an Zwischenpersonen (z. B. 
Angehörige des B) erfolgen, doch muß bei solcher 
mittelbaren Bestechung der Bum Gabe und Sinn 
wissen. Der 3 331 ist nicht anwendbar, wenn der 
Amtsvorgesetzte das Annehmen usw. genehmigen 
darf und genehmigt, oder wenn das Annehmen 
usw. auf einer durch Gebote der Höflichkeit, des 
Wohlwollens usw. bestimmten Observanz beruht, 
in welchem Fall die Genehmigung der vorgesetzten 
Behörde stillschweigend vorausgesetzt werden darf. 
Wegen ihres Zusammenhangs mit der passiven 
Bestechung ist im § 333 auch die aktive Bestechung 
mit Strafe bedroht, obwohl sie selbst kein BdDelikt 
ist: „wer einem B oder einem Mitglied der be- 
waffneten Macht Geschenke oder andere Vorteile 
anbietet, verspricht oder gewährt, um ihn zu einer 
Handlung, die eine Verletzung einer Amts- oder 
Dienstpflicht enthält, zu bestimmen“. Schon die 
Mot bemerken, daß, wie bei der passiven, so auch 
bei der aktiven Bestechung „für die Erfüllung des 
Tatbestandes nicht erfordert werde, daß die ver- 
sprochene oder geforderte Pflichtwidrigkeit auch 
wirklich begangen sei“. Ja, nach dem Wortlaut 
(„um . . . zu bestimmen") muß die pflichtwidrige 
Handlung, wenn auch nicht obiektiv, so doch nach 
der Annahme des Täters im Augenblick des An- 
bietens usw. erst noch bevorstehen. Die aktive Be- 
stechung kann auch mittelbar unter Dazwischen- 
kunft von Mittelpersonen begangen werden; doch 
muß die Zuwendung dem B persönlich zugute 
kommen und er davon wissen. Auch bei Richtern, 
die B im Sinne von 3 359 sind, ist die Bestechung 
zunächst nach §§ 331—333 zu würdigen: der & 334, 
regelt aber in besonderer Strafnorm — und hier 
eventucll d. h. bei Abs 1 als „besonderes“ A—die 
passive und aktive Bestechung bei einem „Richter, 
Schiedsrichter, Geschworenen oder Schöffen“, wenn 
es sich speziell darum handelt, „eine Rechtssache, 
deren Leitung oder Entsch ihm obliegt, zu Gunsten 
oder zum Nachteile eines Beteiligten zu leiten oder 
zu entscheiden“. Der Begriff „Richter“ beschränkt 
sich hier nicht auf die Gerichte des G, son- 
dern erstreckt sich auf alle B Qualität besitzenden 
Organe der Rechtsprechung. Eine „Rechtssache" 
ist eine nach Recht und G zu erledigende Ange- 
legenheit wenigstens formell einander gegenüber 
stehender Parteien; Akte der bloßen freiwilligen 
Gerichtsbarkeit kommen daher bei 5 334 nicht in 
Betracht. Gleichgültig ist, ob die bezweckte Hand- 
lung pflichtmäßig oder pflichtwidrig ist, nur muß 
die Handlung erst noch bevorstehen, wenngleich zur 
Vollendung des Delikts Erreichung des verfolgten 
Zwecks nicht notwendig ist. In den Fällen der 
# 330—334 ordnet schließlich der § 335 obliga- 
torisch eine sofort im Urteil auszusprechende Ver- 
fallerklärung des Empfangenen oder des Wertes 
desselben zu Gunsten des Staats an. Diese Verfall- 
erklärung hat den Charakter einer Strafe; sie trifft 
den Verurteilten selbst dann als Vermögensnach- 
teil, wenn ihm das Eigentum des Empfangenen
	        
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