Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

— — —. — — —— — ç — — — — — ––... — — 
Amtsdelikte 
112 
  
  
nicht zusteht. Die bloß angebotenen oder verspro- 
chenen Geschenke usw. bleiben hier außer Betracht. 
2. Zu den „allgemeinen“ A kann weiter eine 
Anzahl von Fällen gerechnet werden, in welchen 
Bin bestimmter Weise ihr Amt mißbrauchen. Es 
bedroht mit Kriminalstrafe a) § 339 die widerrecht- 
liche Nötigung jemandes zu einer Handlung, 
Duldung oder Unterlassung von seiten eines B 
durch Mißbrauch der Amtsgewalt oder durch An- 
drohung eines bestimmten Mißbrauchs derselben 
(sogen. Bedrückung). Die Amtsgewalt setzt nicht 
die Befugnis zu Zwangsmaßregeln voraus, son- 
dern eine im Amt liegende Macht, zum Nachteil 
eines anderen wirksam zu werden. Mißbrauch der 
Amtsgewalt ist gegeben, wenn der B ohne das 
Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen von 
jener im Amt entfaltenen Macht Gebrauch macht. 
Die „Androhung eines bestimmten Mißbrauchs“ 
muß auf Vornahme einer unberechtigten bestimmt 
bezcichneten Amtshandlung (Unterlassung) gerich- 
tet sein. — b) § 340 die vorsätzliche Körperverletzung 
von seiten eines B in Ausübung oder in Veranlas- 
sung der Ausübung seines Amts. Der B darf 
einerseits nicht, als solcher auftretend, amtliche 
Zwecke durch eine Körperverletzung zu erreichen 
suchen, andererseits nicht durch seine Amtsaus- 
übung sich zu der Körperverletzung bestimmen 
lassen. —o) § 341 die Freibeitsberaubung im Amt 
(vorsätzliches, nicht berechtigtes Vornehmen oder 
Vornehmenlassen einer Verhaftung, vorläufigen 
Ergreifung und Festnahme, Zwangsgestellung 
bezw. Verlängerung der Dauer einer Freiheits- 
entziehung). Das Delikt kann jeder B begehen, 
auch wenn er zu Verhaftungen usw. an sich nicht 
befugt ist; nur Handeln als B ist erforderlich. — 
") 5J 342 den Hausfriedensbruch (§ 123) durch einen 
B in Ausübung oder in Veranlassung der Aus- 
übung seines Amts. — e) 5 348 Abs 2 das vor- 
sättliche Vernichten, Beiseiteschaffen, Beschädigen 
oder Verfälschen einer Urkunde durch einen B, 
dem die Urkunde amtlich anvertraut oder zugäng- 
lich ist (Urkundenunterdrückung); nach § 349 tritt 
verschärfte Strafe ein, wenn die Handlung in der 
Absicht begangen, sich oder einem andern einen 
Vermögensvorteil zu verschaffen oder einem an- 
deren Schaden zuzufügen. — f) § 350 die Unter- 
schlagung eines B an in amtlicher Eigenschaft 
empfangenen oder in Gewahrsam habenden Gel- 
dern oder anderen Sachen. 
Zu den „besonderen“ A zählen im 28. Abschn. 
T. 1I RSteB: 1. Die passive und aktive sogen. 
richterliche Bestechung nach § 334. — 2. Die vor- 
sätzliche Falschbeurkundung einer rechtlich erheb- 
lichen Tatsache bezw. Falscheintragung in öffent- 
lichen Registern oder Büchern von seiten eines zur 
Aufnahme öffentlicher Urkunden befugten B 8348 
Abs 1, mit Strasfschärfung nach § 349, wenn die 
Handlung in der Absicht begangen, sich oder einem 
andern einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder 
einem andern Schaden zuzufügen. — 3. Unrichtige 
Führung, Verfälschung, Unterdrückung der zur Ein- 
tragung oder Kontrolle der Einnahmen oder Aus- 
gaben bestimmten Rechnungen, Register oder 
Bücher seitens eines mit Führung der Rechnungen 
usw. amtlich betrauten B, wenn die Tat in Be- 
ziehung auf die Unterschlagung nach §& 350 be- 
gangen ist § 351.— 4. Ueberhebung bei Gebühren 
oder anderen Vergütungen für amtliche Verrich- 
tungen, welche ein B, Advokat, Anwalt oder son- 
  
— — — — — — — — — — — 
stiger Rechtsbeistand an sich zu eigenem Vorteil zu 
erheben hat 8 352. — 5. Ueberhebung von 
Steuern, Gebühren oder anderen Abgaben seitens 
eines B, der solche öffentlich-rechtliche Abgaben für 
eine öffentliche Kasse d. h. des Staats oder einer 
öffentlichen Korporation zu erheben hat und das 
rechtswidrig Erhobene ganz oder zum Teil nicht 
zur Kasse bringt, ingleichen vorsätzliches rechts- 
widriges Abzügemachen bei amtlichen Ausgaben 
an Geld und Naturalien seitens eines B, der dabei 
die Ausgaben zugleich als vollständig geleistet in 
Rechnung stellt § 353. — 6. Vorsätzliches Ver- 
leiten oder Unternehmen der Verleitung eines 
Untergebenen zu einer strafbaren Handlung im 
Amt seitens des Amtsvorgesetzten, sowie das wis- 
sentliche Geschehenlassen einer solchen strafbaren. 
Handlung des Untergebenen (Konnivenz) 5 357. 
Dem Amtsvorgesetzten ist in beiden Beziehungen 
ein Kontroll B gleichgestellt, sofern die von dem 
kontrollierten B begangene strafbare Handlung 
die zur Aufsicht oder Kontrolle gehörenden Ge- 
schäfte betrifft 9 357 Abs 2. Im Sinne des # 357 
sind „strafbare Handlungen im Amt“ lediglich die 
Tatbestände des 28 Abschn. II T. RSt#B. 
— 7. Vorsätzliche Beugung des Rechts durch einen 
B oder Schiederichter bei der Leitung oder Entsch 
einer Rechtssache zu Gunsten oder zum Nachteile 
einer Partei & 336. Der B braucht nicht Richter 
zu sein, wenn er nur — auf Grund von Spezial G 
— zur Leitung oder Entsch einer Rechtssache be- 
rufen ist. Der Täter muß dem objektiven Recht 
in einem konkreten Fall, sei es durch falsche An- 
wendung, sei es durch Nichtanwendung eines 
Rechtssatzes, wissentlich zuwiderhandeln und zwar 
mit dem Vorsatz, dadurch eine Begünstigung oder 
eine Benachteiligung einer der beteiligten Parteien 
(nicht eines Zeugen oder einer sonstigen dritten 
Person) herbeizuführen. Bei subiektiv falscher, aber 
objektiv rechtmäßiger Leitung oder Entsch der 
Rechtssache liegt strafbarer Versuch vor. — 8. Eine 
Gruppe von Vorschriften des 28. Abschn. wendet 
sich gerade gegen bestimmte Fälle des Amtsmiß- 
brauchs im Strafverfahren: a) Anwenden oder 
Anwendenlassen von Zwangsmitteln in einer 
Untersuchung, um Geständnisse oder Aussagen zu 
erpressen § 343. Täter kann nur ein B sein, der 
eine „Untersuchung“ zu führen hat, Untersuchung 
ist hier aber das Verfahren, welches bezweckt, 
wegen einer kriminell oder disziplinell strafbaren 
Handlung die gesetzliche Ahndung herbeizuführen; 
ßes schließt selbst die auf Erforschung einer kriminell 
strafbaren Handlung sich beziehende Tätigkeit der 
B des Pol= und Sicherheitsdienstes ein. Die 
Zwangsmittel können physischer oder psychischer 
Art sein. Das „Erpressen“ deutet auf die Wider- 
rechtlichkeit des Vorgangs hin. Das Verbot greift 
aber nicht bei Entlarvung eines Simulanten durch. 
— b) Vorsätzliches Beantragen oder Beschließen 
der Eröffnung oder Fortsetzung einer Untersuchung 
zum Nachteil einer Person, deren Unschuld dem 
beantragenden oder beschließenden B bekannt ist 
§s 344. Täter kann nur ein B sein, der kraft Amts 
durch Antragstellung oder Beschlußfassung hin- 
sichtlich der Untersuchung einer kriminell oder diszi- 
plinell strafbaren Handlung tätig zu sein hat. 
Die Untersuchung muß hier eine „förmliche“ sein, 
schließt also das Ermittlungsverfahren nicht mit ein. 
Die „Unschuld“ der verfolgten Person bezieht sich 
nur auf die konkrete Handlung, deren wegen die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.