Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Anhalt (Herzogtum) 
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erhoben werden, ist die Deputation für das 
Heimatwesen in Dessau eingerichtet. Sie besteht 
aus 3 vom Herzog zu ernennenden Mitgliedern, 
von denen mindestens 2 die Qualifikation zum 
Richteramt besitzen müssen, und einem Stellver- 
treter. Gegen die Entsch der Deputation findet 
nur die Berufung an das Bundesamt für das 
Heimatwesen statt. 
Die Leitung der noch anhängigen bezw. noch 
weiter entstehenden Auseinandersetzungs- 
und Ablösungsgeschäfte im Herzog- 
tum erfolgt durch die Kgl Preußische General- 
kommission zu Merseburg mit demselben Instan- 
zenwege wie in Preußen (Staatsvertrag v. 
18. 9. 1874). 
2) Das Herzogtum ist in fünf Kreise als 
Verwaltungsbezirke eingeteilt. Die Kreise bilden 
zugleich Kommunalverbände mit den Rechten 
einer Korporation, welchen die Selbstverwaltung 
ihrer Angelegenheiten nach näherer Bestimmung 
der Kreis O v. 18. 7. 1870 mit Nachträgen zu- 
steht. Die Organe der Kreiskorporation sind der 
Kreisdirektor, der Kreisausschuß und der Kreis- 
tag. Der Kreisdirektor wird vom Herzog ernannt. 
Die Gemeinden haben das Recht der Per- 
sönlichkeit, der selbständigen Verw ihrer Angele- 
genheiten unter Oberaufsicht des Staates, und 
das Besteuerungsrecht nach Maßgabe der Ge- 
meindcabgaben G. Die Verf der Städte beruht 
auf der Gemeindep, auf der Stadt O und auf den 
besonderen Statuten. Gemeinde= Stadt= und 
Dorf-Ordnung v. 7. 4. 78, abgeändert durch 
Ges. v. 13. 4. 1882. (Neuredaktion in Nr. 619 
A.G. S. abgeändert durch Nr. 778, 829 u. 1194). 
Organe der Stadt sind der Gemeindevorstand 
(Magistrat), die Stadtverordnetenversammlung 
und der Gemeinderat. Der Magistrat besteht 
aus dem Bürgermeister und einem oder mehre- 
ren Stadträten, die Stadverordnetenversammlung 
je nach der Größe der Städte in der Regel 
aus 9—30 Mitgliedern, die aus den wählbaren 
Bürgern von den wahlberechtigten Bürgern ge- 
wählt werden, der Gemeinderat aus den Mit- 
gliedern des Magistrats und aus den Stadt- 
verordneten. Die Verf der Dörfer beruht auf 
der GemeindeO, auf der Dorf O und auf den be- 
sonderen Ortsstatuten. 
3) Der evangel. Landesherr ist Landesbischof 
und Träger des Kirchenregiments und übt das- 
selbe nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen 
durch das dem Herzogl. Staatsministerium nach- 
geordnete Konsistorium unter Mitwirkung 
der Landes= und Parochial-Kirchengemeinde aus. 
Das Konsistorium ist eine kollegiale, mit geist- 
lichen und weltlichen Mitgliedern besetzte Behörde 
(Sitz in Dessau). Die Vertretung der evangelischen 
Landeskirche in ihren vermögensrechtlichen An- 
gelegenheiten erfolgt durch das Konsistorium 
unter Mitwirkung des Vorstandes der Landes- 
synode. Die Landessynode ist zusammen- 
gesetzt aus 39 Mitgliedern: aus 20 in den fünf 
Kirchenkreisen als Wahlbezirken gewählten Mit- 
gliedern — 10 geistlichen und 10 weltlichen —, 
aus 9 aus der Zahl der angesehenen erfahrenen 
und verdienten Männer der evangelischen Lan- 
deskirche zu wählenden Abgeordneten, aus den 
5 Kreissuperintendenten und aus 5 vom evange- 
lischen Landesherrn zu ernennenden Personen. 
Alle Mitglieder müssen das 30. Lebensjahr voll- 
  
endet haben. Die Abgeordneten werden durch 
Wahlmänner gewählt, für jeden Kirchenkreis wird 
ein Wahlkörper (Wahlmännerkollegium) gebildet. 
Die Leitung des Wahlgeschäfts liegt dem Kreis- 
superintendenten ob. Die Berufung der Mitglieder 
erfolgt für eine Synodalperiode von 6 Jahren. 
Der Herzog beruft die Synode in der Regel alle 
3 Jahre zu ordentlichen Versammlungen. Die 
Mitglieder der Landessynode und des Vorstandes 
erhalten 12 M. Tagegelder. 
Die Aufsicht über Kultus und Unterricht der 
katholischen Kirche führt das Staats Min, über die 
jüdischen Kultusgemeinden die Reg Abt. d. J. 
4) Die Gerichtsbarkeit in streitigen 
VerwSachen wird durch Kreis Verw erichte, 
durch das Landes Verw Gericht und durch das OVG 
ausgeübt. Kreis Verw Gericht ist der Kreisaus- 
schuß, für die Kommunalbezirke der 4 Städte 
Dessau, Bernburg, Cöthen und Zerbst der Stadt- 
ausschuß. Das LVG#besteht aus dem Vorsitzenden 
der Reg oder dessen Stellvertreter als Vorsitzen- 
den und 4 Mitgliedern, und zwar einem höheren 
Verw Beamten, einem vom Herzoge zu ernennen- 
den Mitgliede eines anhaltischen Gerichts und zwei 
vom Landtage gewählten Mitgliedern. Das O### 
besteht aus dem Staats Min als Vorsitzenden und 
sechs Mitgliedern, nämlich dem Landgerichtsprä- 
sidenten, einem Landgerichtsdirektor, zwei höheren 
VerwBeamten und zwei vom Landtag zu wählen- 
den Mitgliedern. 
II. Die Rechtsverhältnisse des Zivilstaats- 
dienstes sind durch das G, den Zivilstaatsdienst 
betreffend, v. 22. 12. 75 und die Nachträge dazu 
geregelt. Auf Geistliche und Kirchendiener als 
solche findet nicht das Zivilstaatsdienst--, sondern 
das Kirchen G Anwendung. Die in der allgemei- 
nen höheren Verw Anzustellenden haben die erste 
juristische Prüfung nach mindestens dreijährigem 
Studium der Rechte und der Staatswissenschaften 
auf einer Universität abzulegen. Der zweiten 
Prüfung hat ein praktischer Vorbereitungsdienst 
von 9 Monaten bei einem anhaltischen Gericht und 
von 3 ¼ Jahren bei der Kgl Preuß. Reg zu Merse- 
burg vorauszugehen. Die Prüfung selbst ist vor 
der Kgl Preuß. Prüfungskommission für höhere 
VerwBeamte in Berlin abzulegen. Die Ernen- 
nung der Reg Referendare erfolgt durch das Staats- 
Min, die zu Reg Assessoren nach bestandener großer 
Staatsprüfung durch den Herzog. Für die einzel- 
nen Beamtenklassen sind Normalbesoldungstarife 
ausgestellt. 
4. Verwaltungszweige. 
I. Die Militärverhältnisse des Herzog- 
tums sind durch die mit Preußen abgeschlossenen 
Militärkonventionen aus den Jahren 1867, 1873 
mit den im Jahre 1897 getroffenen Abänderungen 
geregelt. Danach ist aus dem früheren herzoglichen 
Kontingente das Anhaltische Infanterieregiment 
Nr. 93 als Bestandteil der Preuß. Armece gebildet. 
Der Herzog steht zu den im Herzogtum dislozierten 
Truppenteilen im Verhältnis eines kommandie- 
renden Generals. 
II. An der Spitze der Justiz Verw des 
Landes steht das Staats Min. Dem Kal Preuß. 
Gerichtshofe zur Entsch der Kompetenzkonflikte 
kann die in 5+ 17 GV geordnete Zuständigkeit 
für das Gebiet des Herzogtums übertragen wer- 
den, und zwar nach vorangegangener Verstän- 
digung unter den beiderseitigen Staats Reg durch
	        
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