Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Ansiedlungen (Posen und Westpreußen) 
  
Kastellan und 11 Boten. Die Geschäfte werden 
seit 1897 nicht mehr in Abteilungen (zuletzt 3), 
sondern durch einzelne selbständige Dezernate 
mit eigenen Registraturen bearbeitet. Diese Ein- 
richtung kennzeichnet sich dadurch, daß sämtliche 
Angelegenheiten eines Gutes, mit Ausnahme 
des Ankaufs und der rein technischen Angelegen- 
heiten, auch von einem Dezernenten erledigt 
werden. Die Zahl der Verwaltungs-Dezernate 
beträgt (1910) 19, die der als Beiräte arbeitenden 
landwirtschaftlichen Sachverständigen 5. Die Ge- 
schäftsführung ist hiernach in der Hauptsache in die 
Hand eines verantwortlichen Chefs gelegt, 
dessen Selbständigkeit durch die im Jahre 1908 
erfolgte Neuorganisation gegen früher erheblich 
verstärkt worden ist; hierdurch ist die nötige Stetig- 
keit und Einheitlichkeit gesichert. Dadurch aber, 
daß viele wichtige Angelegenheiten der kollegiali- 
schen Beschlußfassung einer Kommission zugewie- 
sen sind, ist sowohl die bei den in Betracht kommen- 
den umfangreichen Vermögensoperationen be- 
sonders unentbehrliche Aufsicht, als auch die ruhige 
und sachgemäße Abwägung der in politischen und 
wirtschaftlicher Beziehung zu berücksichtigenden 
Fragen gewährleistet. Die der ArK früher bei- 
gelegte ziemlich weitgehende Selbständigkeit ist 
aber seit 1904 dadurch eingeschränkt worden, daß 
auch den beiden Oberpräsidenten der beteiligten 
Provinzen, um ihren politischen Einfluß zu ver- 
stärken, ein Einfluß auf die Geschäftsführung ein- 
geräumt worden ist. Seit 1891 hat die bis dahin 
bestandene Personalunion des Vorsitzenden mit 
dem Oberpräsidium aufgehört; seitdem sind Vor- 
sitzende im Hauptamte ernannt worden. 
3. Art und Umfang der Geschäfte. Die 
Tätigkeit der AK besteht in der Hauptsache darin, 
daß sie große Güter und Bauernwirtschaften auf- 
kauft, diese in mittlere und kleinere Stellen zer- 
legt — und dabei vielleicht größere Restgüter bil- 
det — und an nicht-polnische Erwerber weiter 
begibt. Domänen hat sie im ganzen in der Zeit 
seit 1901 nur 15 zur Aufteilung übernommen; 
sie war daher genötigt, fast das ganze zu Sied- 
lungen bestimmte Land käuflich zu erwerben. In 
den ersten Jahren ihres Bestehens hat sie fast aus- 
schließlich große Güter und zwar vorzugsweise aus 
polnischer Hand erworben, wobei sie davon aus- 
ging, daß es sowohl aus wirtschaftlichen wie aus 
nationalpolitischen Rücksichten darauf ankomme, 
große, leistungsfähige Ar Gemeinden zu schaffen. 
Später ist sie dazu übergegangen, auch aus deut- 
scher Hand zu erwerben, weil die nationalpolnische 
Bewegung dem Uebergange polnischer Güter an 
die AK den äußersten Widerstand entgegensetzte 
und hierin dadurch unterstützt wurde, daß die auch 
auf polnischer Seite einsetzende A.Tätigkeit bei 
der Anspruchslosigkeit und der großen Anzahl an- 
liedlungslustiger Polen den polnischen Großgrund- 
besitzern die Möglichkeit bot, ihren Besitz zu hohen 
Preisen zu verwerten. Sodann aber hatte die AK 
auch zu verhüten, daß deutscher Besitz an polnische 
Hand verloren ging; ferner mußte sie häufiger 
zur Abrundung und Vergrößerung bestehender 
A. Komplexe Land ohne Rücksicht auf die Nationa- 
lität des Besitzers erwerben und endlich überhaupt 
dafür sorgen, daß sie stets ausreichenden Land- 
vorrat hatte, um den an sie herantretenden Nach- 
fragen A. Lustiger entsprechen zu können und da- 
  
wanderten. Aehnliche Gründe führten auch dazu, 
dem in den ersten Jahren nur selten vorgenomme- 
nen Erwerb von Bauerngütern eine größere Aus- 
dehnung zu geben. Insbesondere seit 1901 ist mit 
solchem Ankauf planmäßig vorgegangen, im all- 
gemeinen aber nur da, wo entweder das Grund- 
stück in der Nachbarschaft einer A. oder eines 
A.Gutes lag, oder wo die deutsche Mehrheit in 
einer Gemeinde zu erhalten oder zu stärken, oder 
wo die Möglichkeit gegeben war, eine polnische 
Mehrheit durch Ankauf polnischen Bauernbesitzes 
in eine deutsche umzukehren, endlich, wo es galt, 
den ersten Einbruch eines Polen in eine deutsche 
Gemeinde zu verhindern. 
Was den zuerst nach dem G v. 20. 4. 98 vor- 
gesehenen Ankauf von Domänen und Grund- 
stücken zu den Forsten anbetrifft, so ist hervor- 
zuheben, daß dieser nicht Aufgabe der ArsK ist, daß 
vielmehr hierfür die bestehenden Ressortverhält- 
nisse in Kraft geblieben sind. 
Für den Erwerb durch Enteignung ist 
bestimmt, daß die AK durch Beschluß das Grund- 
stück, das auf Grund des verliehenen Enteignungs- 
rechtes erworben werden soll, zu bezeichnen hat. 
Dieser Beschluß ist dem Eigentümer zuzustellen 
und durch das Amtsblatt bekannt zu machen. Ge- 
gen ihn findet innerhalb 2 Wochen Beschwerde 
statt, über die der Landwirtschafts Min, der Min Inn 
und der Finan= Min entscheiden. Der Enteignung 
unterliegt auch das Zubehör des Grundstücks, 
wenn nicht ein anderes vereinbart oder in be- 
stimmten Fällen von dem Eigentümer verlangt 
wird. Ausgeschlossen ist die Enteignung a) von 
Gebäuden, die dem öffentlichen Gottesdienste ge- 
widmet sind, und von Begräbnisstätten; b) von 
Grundstücken, die im Eigentum von Kirchen und 
von Religionsgesellschaften, denen Korporations- 
rechte verliehen sind, stehen, sofern der Eigentums- 
erwerb vor dem 26. 2. 08 vollendet war; c) von 
Grundstücken, die im Eigentum von Stiftungen, 
die als milde ausdrücklich anerkannt sind, stehen, 
sofern der Eigentumserwerb vor dem 26. 2. 08 
vollendet war. Die Enteignung geschieht gegen 
vollständige Entschädigung in Geld. Auf diese, 
sowie auf das Verfahren finden im allgemeinen 
die Vorschriften des Enteignungs G v. II1. 6. 74 
Anwendung. 
Wie schon in der Einleitung erwähnt, sind die 
Erwerbspreise im Laufe der Zeit immer mehr 
gestiegen. In der Begründung zu dem G v. 24. 4. 
86 waren als Durchschnittserwerbspreis für 1 ha 
560 M. angenommen worden; dieser Satz ist aber 
nur im ersten Jahre nicht erreicht, in allen übrigen 
dagegen überschritten. Im Jahre 1907 hat er so- 
gar bei den Gütern 1471 M. und bei den Bauern- 
wirtschaften 1860 M. für 1 ha betragen, ist aller- 
dings im Jahre 1908 auf 1123 und 1630 M., im 
Jahre 1909 auf 1237 und 1505 M. zurückge- 
gangen. Zum Teil ist diese Preissteigerung je- 
denfalls auf die allgemeine Hebung der Verkehrs- 
verhältnisse und der Landwirtschaft überhaupt in 
den A. Provinzen zurückzuführen; die Hauptur- 
sache ist aber doch wohl die Jahrzehnte hindurch 
fortgesetzte gleichmäßige Ankaufstätigkeit der An 
gewesen, durch die ein Wettbewerb um den Grund 
und Boden mit dem nationalen Gegner hervor- 
gerufen wurde, der mit der wachsenden Aus- 
dehnung des A. Besitzes an Schärfe immer mehr 
  
durch zu verhüten, daß diese in das Ausland ab= zugenommen hat. Vorzugsweise waren es die
	        
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