Apothekenwesen
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tersagt und dieses Verbot trotz der allgemeinen
Freigabe der Heilkunst aufrecht erhalten; auch der
Betrieb von Nebengeschäften ist den Ap
nur mit besonderer Genehmigung der Aufsichts-
behörden gestattet.
Eine besondere Vereidigung der Ap
auf Erfüllung ihrer Berufspflichten ist für die
Aorstände in allen Bundesstaaten vorgeschrie-
ben; in Preußen lautet z. B. die durch den Erl
v. 15. 11. 88 festgesetzte Eidesformel dahin, daß
der Betreffende „alle ihm vermöge seines Be-
rufes obliegenden Pflichten nach den darüber be-
stehenden oder noch ergehenden Verordnungen
auch sonst nach seinem besten Wissen und Ge-
wissen genau erfüllen will“.
Ebenso wie die Aerzte genießen auch die Ap ge-
wisse Vorrechte. Dahin gehören abgesehen von
den Aerechtigungen (s.u. II) die Befreiung vom
Schöffen= und Geschworenenamte für die Ap, die
keinen Gehilfen halten (7 35, 4 bezw. 5 85, 2
GB), die Befreiung von der Hilfeleistung bei
Notfällen, der sonst jeder Staatsbürger nach § 360
Nr. 10 St GB nachzukommen hat, sowie das Vor-
zugsrecht ihrer Forderungen für Az aus dem letzten
Jahre im Konkursverfahren (KO v. 20. 5. 98
61 Nr. 4) und die Nichtpfändbarkeit der zum
Betriebe einer A unentbehrlichen Geräte und
Waren (8PO 5 811 Nr. 9), ein Vorrecht, das
jedoch im Konkursverfahren nach § 1 Abs 2 KO
keinen Anspruch auf Berücksichtigung hat. Die Ap
haben endlich noch insofern eine Vergünstigung,
als ihnen nach § 16 Abf 2 der Prüfungsvorschriften
für Nahrungsmittelchemiker (Beschl v. 22. 2.
94) die hier vorgeschriebene Vorprüfung sowie
der Nachweis der Gymnasialreife und ciner 2 1jäh-
rigen Beschäftigung in chemischen Laboratorien
erlassen werden kann, wenn sie die pharmazeu-
tische Prüfung mit dem Prädikate „sehr gut“ be-
standen und sonst den Anforderungen für die Zu-
lassung zur Hauptprüfung (1 ½jährige Tätigkeit
in einer staatlichen Anstalt zur technischen Unter-
suchung von Nahrungs= und Genußmitteln) ge-
nügt haben. Die sozialpolitischen G — Kranken-
kassen-, Unfall= und Invalidenversicherung —
finden auf die in den A beschäftigten Gehilfen und
Lehrlinge ebensowenig Anwendung wie das Ge-
werbegerichts G v. 29. 9. 01 (§ 81) und das G
betr. Kaufmannsgerichte v. 6. 7. 04 (§ 4).
5. Standesvertretungen und Standes-
vereine der Apotheker. 1. Staatlich aner-
kannte Standesvertretungen der
Ap sind in Preußen (ApKammer; Kaiserl. V
v. 2. 2. O1), Bayern (ApKammer; Allerh. V
v. 26. 4. 08), Sachsen (pharmazeutischer Kreis-
verein; Min V v. 15. 8. O4), Württemberg
(vharmoazeutischer Landesverein; Verf v. 6. 5. 08),
Baden (Appammern; G betr. die Rechts Ver-
hältnisse des Sanitätspersonals v. 10. 10. 06) und
Hessen (pharmazeutischer Provinzialverein;lan-
desherrl. V v. 28. 21.76, Absch. VI) vorhanden. Mit
Ausnahme der ApkKammer in Baden sind diese
Standesvertretungen nicht mit Disziplinarbefugnis
ausgestattet. In den größeren Staaten sind für
jeden größeren Verw Bezirk (Provinz in Preu-
ßen, Reg Bezirk und Kreishauptmannschaft in
Bayern und Sachsen) ApKammern vorgesehen
und für alle diese wiederum ein Apsammeraus-
schuß, wenigstens in Preußen. Der Geschäftskreis
der Ap Kammern in Preußen umfaßt die Er-
örterung aller Fragen, die den Ap Berus, die Az-
Versorgung und die Wahrnehmung der Standes-
interessen betreffen; sie haben die Befugnis,
innerhalb dieses Geschäftskreises Vorstellungen und
Anträge an die Staatebehörden zu richten: ebenso
sollen diese den Kammern geeignetenfalls Ge-
legenheit geben, sich über einschlägige Fragen gut-
achtlich zu äußern. Wahlberechtigt und wählbar
sind alle im Wahlbezirk wohnenden approbierten
Ap, auch die nicht im Besitz einer A befindlichen,
soweit sie Angehörige des Deutschen Reiches
sind und die bürgerlichen Ehrenrechte besitzen. Die
Wahl erfolgt auf 3 Jahre, auf je 40 Wahlberech=
tigte ist je 1 Mitglied und 1 Stellvertreter zu wäh-
len. Die Bestimmungen über die Bildung, die Be-
fugnisse usw. der ApKammern in den anderen
obengenannten Bundesstaaten lauten ähnlich. In
Elsaß-Lothringen besteht ein ApRat, der
auf Grund der V v. 17. 7. 98 gebildet ist und sich
von den oben genannten Standesvertretungen da-
durch unterscheidet, daß ihm auch Med Beamte als
Mitglieder angehören, die ebenso wie der Vorsitz-
ende und die Mitglieder aus der Zahl der nicht be-
sitzenden Ap ernannt werden, während die Mitglie-
der aus der Zahl der ABesitzer von diesen gewählt
werden. Er bildet mehr eine beratende Behörde
(technischer Beirat) für die Zentral Verw, ebenso wie
der Ap Rat in Preußen, der durch Kab O v. 29.
4. 96ins Leben gerufen und in ähnlicher Weise zu-
sammengesetzt ist. Die Standesvertretungen in
Bayern, Sachsen und Hessen haben übrigens das
Recht, je einen Abgeordneten bezw. außerordent-
liches Mitglied zu dem Ober Med Ausschuß und
Kreis Med Ausschüssen (Bayern), zu dem Landes-
Med Kollegium (Sachsen) bezw. zu dem pharma-
zeutischen Zentralausschuß (Hessen) zu wählen
und zu entsenden.
2. Als sonstige Standesvereine
kommen in Betracht: der deutsche Ap Verein (Sitz:
Berlin) mit 78 Kreisvereinen, der auch über
Unterstützungskassen verfügt, der Verein zur Wah-
rung der wirtschaftlichen Interessen deutscher Ap
(Sitz: Leipzig) mit 59 Bezirken, die deutsche phar-
mazeutische Gesellschaft (Sitz: Berlin) und der
Verband konditionierender Ap für das Deutsche
Reich (Sitz: Leipzig).
II. Kpotheken
5 6. Allgemeines. Das öffentliche gesundheit-
liche Interesse verlangt eine schnelle, rechtzeitige
und tunlichst billige Versorgung der Bevölkerung
mit tadellosen Az, deren Reinheit und vorschrifts-
mäßige Beschaffenheit durch sachverständige Her-
stellung oder Prüfung gewährleistet wird. Die
Erfüllung dieser Forderung setzt aber nicht nur
das Vorhandensein eines geachteten, wissenschaft-
lich gebildeten und den ihm gestellten Aufgaben
durchaus gewachsenen Ap Standes voraus, sondern
auch eine wirtschaftliche Sicherstellung desselben
und eine entsprechende Aufsicht über den ABe-
trieb. Staatlicher Schutz gegen unlaute-
ren Wettbewerb auf der einen Seite und st aat-
liche Aufsicht in Bezug auf den Betrieb der
A auf der anderen Seite sind daher in den meisten
Staaten, namentlich in allen deutschen Bundes-
staaten, von jeher für unbedingt nötig erachtet
worden und haben die Grundlagen für die ge-
setzliche Regelung des Aeesens gebildet. Sie haben