Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

— 
4 Abdeckerei 
  
  
an einem geeigneten Orte zu vergraben sind. Fin- 
det eine solche Verwendung nicht statt, so sind auch 
diese Kadaver nach dem Verscharrungsplatze zu 
bringen. Ein solcher ist von der Gemeinde anzu- 
legen und mit einem Wasenmeister zu versehen, 
soweit nicht eine Wasenmeisterei besteht. Aehnlich 
tritt auch in Württemberg die polizeiliche 
Fürsorge der Gemeinde ein (a 25 Z 2 und a 51 
Abs 1 PolSt G)h, welche einen Wasenplatz mit den 
nötigen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen 
und dessen Besorgung einem von ihr anzustellenden 
und zu verpflichtenden Wasenmeister zu übertra- 
gen hat. Indessen kann auch hier jeder Grund- 
besitzer nach entsprechender Anzeige bei der Pol- 
Behörde, soweit nicht Seuchen vorliegen, Verwer- 
tung und Verscharrung des Kadavers selbst be- 
sorgen. In Sachsen ist das A-Wesen durch 
V v. 4. 11. 1861 verb. m. 1 9 AusfV zur 
GewoO näher geregelt, insbes. bestimmt, daß je- 
der Viehbesitzer nach vorheriger Anzeige bei der 
Pol Behörde über den Tierkadaver ohne weiteres 
verfügen oder ihn dem Abdecker übergeben kann. 
Geschieht dies nicht, so läßt die Polizei ihn auf 
Kosten des Besitzers beseitigen. In Baden 
sind ähnlich wie in Württemberg die Gemeinden 
eines Amtsbezirks auf Grund des G v. 3. 7. 99 
verpflichtet, poliz. Vorschriften entsprechende A. 
zu errichten, für welche ein Abdecker bestellt wird, 
dem die Kadaver gefallener Tiere zu überwei- 
sen sind. Eingehende Vorschriften (vgl. Ausf Vv. 
3. 5. 00) ordnen den gesamten Betrieb; zur Er- 
füllung dieser Aufgabe werden die Gemeinden 
zu körperschaftlichen Verbänden vereinigt, deren 
Umfang, wenn zugleich Anstalten zur nutzbringen- 
den Verwertung der Kadaver eingerichtet werden, 
über das Gebiet eines Amtsbezirks hinausgehen 
können; die Verbandseinrichtungen genießen staat- 
liche Unterstützung. In Hessen ist durch a 299 ff 
PolSt G v. 55 vorgesehen, daß das Vieh nur auf 
dem Wasenplatz abgeledert und vergraben werden 
darf. Seuchenkranke Tiere dürfen nicht abgeledert 
werden und sind stets von dem Abdecker dorthin zu 
schaffen. Ist dieser im Besitz einer A. Konzession, 
in welchem Falle er Gemeindewasenmeister sein 
muß, so behält er die ausschließliche Verwertung 
des verbleibenden Kadavers. Auf Grund dieses 
G ist die V v. 20. 3. 80 erlassen, wonach für eine 
oder mehrere Gemeinden ein Wasenplatz anzu- 
legen oder ein Wasenmeister anzustellen ist. In 
den anderen Bundesstaaten ist meist, soweit über- 
haupt eine Regelung erfolgt ist, diese im Wege der 
Pol V zustande gekommen. Dabei hat Anhalt 
es von dem Belieben des Abdeckers abhängig ge- 
macht, ob er auf die ihm stets zu erstattende Be- 
nachrichtigung des Besitzers das verendete Vieh 
abholen will oder nicht. In Elsaß--Loth- 
ringen besteht nur die Verpflichtung des Tier- 
besitzers, den Tierkörper zu vergraben oder auf dem 
Gemeindewasenplatze vergraben zu lassen (Tit 2 
à 13 Gv. 6. 10. 1791 und § 34 Feldpol St G v. 
9. 7. 88). Ueber die nähere Einrichtung des letz- 
teren sowie über das Verfahren mangelt es, abge- 
sehen von einigen lokalen Regelungen, an Vor- 
schriften. 
An einer einheitlichen Regelung für das ganze 
Reich fehlt es also, wie sie der deutsche Landwirt- 
schaftsrat bei seinen Vhdl in den Jahren 80, 81 
und 98 aus wirtschaftlichen, sanitäts= und veterinär- 
polizeilichen Gründen für ein dringendes Bedürf- 
  
nis erklärt hat. Indessen ist zu hoffen, daß es in 
nicht zu ferner Zeit auch in dieser Beziehung zu 
einer Rechtseinheit in Deutschland kommen wird, 
und zwar auf gesetzlichem Wege, was umso er- 
wünschter ist, als die gesetzliche Zuläffigeit der in 
einzelnen Bundesstaaten erfolgten Regelung ge- 
genüber dem & 1 der Gewd füglich in Zweifel 
cezogen werden kann. Hierbei wird es nicht er- 
Hozovrlio, sein, daß ähnlich wie bei dem Vieh- 
seuchen-= und Fleischbeschau G alle leitenden Grund- 
sätze vom Reiche aufgestellt werden. Da in diesen 
Gund den dazu erlassenen Ausführungsvorschriften 
die Voraussetzungen und die Art der unschädlichen 
Beseitigung von Kadavern gefallener oder seuchen- 
verdächtiger Tiere schon geregelt ist, so wird sich 
das Reich im wesentlichen darauf beschränken 
können, soweit jene Vorschriften nicht in Frage 
kommen, eine unschädliche Beseitigung der Tiere 
vorzuschreiben und die Ausführung im einzelnen 
den Bundesregierungen zu überlassen, denen die 
ausdrückliche Ermächtigung zu erteilen wäre, eine 
Regelung auch abweichend von den Bestimmungen 
der GewO vorzunehmen. Wenn sich die Reichs G- 
gebung nach dieser Richtung bewegt, wie es neuer- 
dings den Anschein hat, so dürfte damit den all- 
seitigen Interessen gedient sein. 
# 4. Schutzgebiete"). Die Verhältnisse liegen 
hier noch überall derartig einfach, daß sich — ab- 
gesehen von einzelnen im Interesse der Bekämp- 
fung von Viehseuchen erlassenen Bestimmungen 
— bisher Vorschriften zur Regelung des A. We- 
sens als entbehrlich erwiesen haben. Ebenso hat 
sich auch ein als besonderer Beruf betriebenes 
A.Gew noch nicht entwickelt. In den afrikani- 
schen und Südseeschutzgebieten wer- 
den die Kadaver gefallener Tiere an abseits ge- 
legenen Stellen (in der Wüste, im Busch usw.) 
verscharrt. Die Haut und sonstige verwertbare 
Teile werden von dem Eigentümer zurückbehal- 
ten oder wohl auch an Eingeborene überlassen. 
Kadaver von Tieren, welche an Seuchen erkrankt 
oder seuchenverdächtig waren, werden (u. Umst. 
nach voraufgegangener Desinfektion) tief ver- 
graben (um ein Ausscharren durch Raubtiere zu 
verhüten) oder (unter freiem Himmel) verbrannt. 
(Vgl. Nr. 17 der Best. d. Gouv. v. DSüdwest- 
afrika v. 24. 12. 01, Kolon Gg 6 S. 441. sowie 
ferner den Rund Erl des Gouv. v. D Ostafrika v. 
10. 8. 99, DOALandesGg S. 516, u. die Ver- 
ordnung dess. Gouv. v. 27. 4. 98/26. 3. 00, 
ebenda S. 646 u. Kolon GEg S. 237. Letztere be- 
droht Wiederausgraben der Kadaver mit Ge- 
fängnis bis zu 3 Mon.). In Kiautschou, wo 
die Verhältnisse sich mehr denjenigen in Deutsch- 
land annähern, ist auf dem Schlachthofe eine 
Kadaververnichtungsanlage eingerichtet. 
  
Literatur: Pappenheim, ÖH der Sanitäts= 
Pol, 1868 Bd. 1; Lydtin, Mitteilungen über das ba- 
dische Veterinärwesen, 1876 und 1882; Nobbe und Orth, 
Das A.Wesen und seine Regelung. Arch des deutschen 
Landwirtschaftsrats, 1881 Bd. 5; Adam, Unschädliche 
Beseitigaung von Tierleichen in Adams Wochenschrift für 
Tierheilkunde, 1888, 40531 Krüger, Das A.Wesen in 
Preußen, 1894. Vhdl des deutschen Landwirtschaftsrats, 
1898: Boretius, Das A.Wesen und seine Regelung. 
Deutsche Vierteljahrsschr. f. öff. Gesundheitspflege, 1902; 
1) Bearbeitet von Gerstmeyer. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.