Arbeiter, gewerbliche — Arbeiterversicherung (Allgemeines)
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entweder die Vertragserfüllung und den Ersatz
des nachgewiesenen Schadens oder an deren
Stelle ohne Schadensnachweis eine feste Ent-
schädigung zu verlangen, die auf den Betrag des
ortsüblichen Tagelohns für den Tag des Kontrakt-
bruchs und jeden folgenden Tag der ausbedunge-
nen oder gesetzlichen Azeit, höchstens aber für eine
Woche, festgesetzt ist. Den gleichen Anspruch kann
der Arb geltend machen, wenn ihm gegenüber
Vertragsbruch des A-ebers vorliegt. Jedoch ist
der Anspruch auf diese feste Entschädigung nach
134 Abs 2 für die AVerhältnisse in den größe-
rten Betrieben ausgeschlossen; hier kann im
Falle des Vertragsbruchs nur entweder der nach-
gewiesene Schaden oder durch Vereinbarung einer
Vertragsstrafe die Verwirkung des rückständigen
Lohns, aber nicht über den Betrag des vom Ar
bezogenen durchschnittlichen Wochenlohnes hinaus,
beansprucht werden.
s 4. Arbeitszengnisse und Arbeitsbücher.
Nach zwingendem Recht ist der AGeber verpflich-
tet, bei Beendigung eines dauernden Dienstver-
hältnisses dem Ar auf seinen Antrag ein schriftliches
Zeugnis über das Dienstverhältnis und dessen
Dauer auszustellen, das auf Verlangen auf die
Leistungen und die Führung im Dienst zu erstrecken
ist, 9630 Bo#B und für die besonderen AVerhält-
nisse der gewerblichen Ar § 113, der Lehrlinge
85 127 c, 129 a Abs 4, 131Se Gew, der Hand-
lungsgehilfen und Lehrlinge ## 73, 80 HGB.
Dem Abeber ist es untersagt, das Zeugnis mit
Merkmalen zu versehen, die den Zweck haben, den
gewerblichen Ar in einer aus dem Wortlaut des
Zeugnisses nicht ersichtlichen Weise zu kennzeich-
nen, § 113 Abs 3, 146 Abs 1 Ziff. 3 GewO.
Ist der Ar minderjährig, so kann sein gesetzlicher
Vertreter das Ageugnis fordern und verlangen,
daß das Zeugnis an ihn, nicht an den Minderjähri-
gen ausgehändigt werde, vorbehaltlich der aus-
nahmsweisen Aushändigung an den Ar mit Ge-
nehmigung der Orts Pol Behörde, §+ 113 Abf 4.
Ueber Arbeitsbücher J Arbeiter,
jugendliche, 52 Ziff. 2 a (oben S 165).
Lüteratur. Koehne, Die A im deutschen
Gewerberecht, 1901; Lotmar, Der Auertr nach dem
Privatrecht des D. R. I, 1902, II 1908; J. B. Pren-
ner, Der gewerbliche ABertr nach deutschem Recht, 1902;
W. Sigel, Der gewerbliche AVertr nach dem BGB,
1903 ( auch unter „Tarifvertragy'!].
Schenkel. (Sleischmann.)
Krbeiter, landwirtschaftliche
landwirtschaftliche Arbeiter
Arbeiterversicherung
Allgemeines)) 1)
# 1. Begriff. 1 2. Vorstufen der Gesetzggebung. # 3. Gang
der Gesetzge bung (Geltungsgebiet). 1 4. Rechtsnatur der Ar-
beiterversicherung. # 5. Allgemeine Grundlagen des Arbeiter-
1) Sollte die Gesetzgebung vor Vollendung des Wörter-
buches eine Aenderung erfahren, so wird der neueste Stand
am Schlusse des Bandes oder des ganzen Werkes in
einem besonderen Artikel behandelt werden.
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl.
I.
versicherungsrechts: 1) Formen der Versicherung. 2) Ver-
sicherungsbegründende Tatbestände. 3) Versicherungsver-
bände. 4) Versicherungsbehörden. 5) Fürsorgegründe. 6)
Fürsorgemittel. 7) Fürsorgeanspruch. 8) Beitragssysteme.
9) Lastenträger. 1 6. Resorm und Erweiterung. 7.
Ausländisches und internationales Arbeiterversicherungsrecht.
4 8. Nachtrag: Entwurf einer Reichsversicherungsordnung.
[Arb S — Arbeiterversicherung; JI# — Invalidenversiche-
rung; K B= Krankenversicherung; UV. — Unfallversicherung!
# 1. Begriff. Arb V in ihrem heutigen Be-
stande ist der Inbegriff der Einrichtungen, durch
welche die deutsche Reichsgesetzgebung den Arbei-
tern und anderen, ihnen wirtschaftlich nahestehen-
den Bevölkerungsklassen für den Fall der Krank-
heit, des Betriebsunfalls, der Invalidität und des
Alters gewisse fürsorgliche Leistungen sichert.
Arb V und Arbeiterschutz bilden die beiden Zweige
der sozialpolitischen Gesetzgebung, so genannt,
weil sie den gesetzgeberischen Ausdruck einer Po-
litik darstellt, durch Beseitigung gewisser Miß-
stände in dem gesellschaftlichen (sozialen) Verhält-
nis von Unternehmern und Arbeitern und durch
Befriedigung der berechtigten Bedürfnisse der
arbeitenden Klassen den Staat selbst zu erhalten
und den Zusammenhalt seiner Teile zu festigen.
Während aber der Arbeiterschutz (vgl. namentlich
Titel 7 Gew0O) bezweckt, den Arbeiter in seinen
tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen zum
Arbeitgeber (Unternehmer) vor Ausbeutung zu
schützen und ihm ganz besonders seine Arbeitskraft
unversehrt zu erhalten, hat die Arb V die Auf-
gabe, für den Fall des gänzlichen oder auch teil-
weisen Versagens der Arbeitskraft dem Arbeiter
und seinen Angehörigen fürsorglich ein gewisses
Einkommen zu sichern. Beide, Arbeiterschutz und
Arb VB, beruhen auf der Erfahrung, daß der Ar-
beiter im Wege des staatlich unbeeinflußten Ar-
beitsvertrages weder nach der einen, noch der
anderen Richtung hin genügend für sich selbst zu
sorgen im Stande ist, da die privatrechtliche Ver-
tragsfreiheit infolge der zwischen Unternehmer
und Arbeiter bestehenden wirtschaftlichen Ungleich-
heit zu Ungunsten des wirtschaftlich schwächeren
Arbeiters wirksam wird. Uebrigens ist die Schei-
dung zwischen Arbeiterschutz und Arb V insofern
keine ganz durchgreifende, als auch auf dem Boden
der Arb V in Gestalt der Unfallverhütungsvor-
schriften Maßnahmen erwachsen, welche mit dem
Zweck einer Verminderung der Fürsorgelasten
mittelbar zugleich das Ziel verfolgen, den Unter-
nehmer zu Einrichtungen in seinem Betriebe im
Interesse des Schutzes von Leben und Gesund-
heit seiner Arbeiter anzuhalten (z. B. 112
GUV).
[JArbeiterschutz, Arbeitsvertrag j.
§J# 2. Borstufen der Gesetzgebung. Die mit dem
Jahre 1883 einsetzende Reichsgesetzgebung über
die Arb B fand in dem früheren Rechte gewisse
Einrichtungen und Gedankenelemente vor, an die
sie anknüpfen konnte. Dabei ließen sich bereits
drei Formen der Arbeiterfürsorge deutlich unter-
scheiden, die Fürsorge durch den Arbeitgeber bezw.
Unternehmer, die genossenschaftliche Selbsthilfe
durch die Arbeiter und die Fürsorge durch poli-
tische Verbände, insbesondere die Gemeinden.
Auch Kombinationen dieser Fürsorgeformen fan-
den sich, namentlich in der Art, daß die genossen-
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