Arbeiterversicherung (Allgemeines) 181
Neben den wirtschaftlichen sind zum Teil auch
persönliche Momente für die versicherungsrecht-
liche Stellung, namentlich die Versicherungs-
pflichtigkeit, maßgebend. Keine Bedeutung hat
das Geschlecht, nur ausnahmsweise die Staats-
angehörigkeit, so daß auch ausländische Arbeiter
in Deutschland der Versicherung unterliegen. Als
Altersgrenze ist auf dem Gebiete der JV das
vollendete 16. Jahr für den Beginn der Versiche-
rungspflicht und das 40. Lebensjahr für die Dauer
des Rechts zum freiwilligen Eintritt maßgebend.
Eine besondere rechtliche Würdigung können die
Familienangehörigen des Arbeitgebers erfordern;
bemerkenswert ist hier, daß das Reichsversiche-
rungsamt das Bestehen eines versicherungspflich-
tigen Arbeitsverhältnisses zwischen Ehegatten als
mit dem Wesen der Ehe unverträglich niemals
anerkennt, während das preußische OVG neuer-
dings diesen Standpunkt mit Recht verlassen hat
(RKR BA Nachr. 03 S 571 Nr. 1087; 05 S 406 Nr.
2095 mit O# 42 S 297 und Rosin, Recht d.
Arb V 2, 86 ff). Für Beamte und Personen des
Soldatenstandes, welche dienstlich als Arbeiter be-
schäftigt werden, bestehen weitreichend besondere,
sie von der Versicherung ausschließende Bestim-
mungen.
3. Versicherungsverbände. Den ver-
sicherten Personen stehen als Verpflichtete in wei-
tem Umfange (abgesehen namentlich von den für
die U W an ihre Stelle tretenden Reich, Staat und
Gemeinde als Betriebsunternehmer) eigene Ver-
sicherungsverbände gegenüber. Dieselben sind
aber für die verschiedenen Gebiete der Versiche-
rung durchaus verschieden gestaltet. Im allge-
meinen betrachtet, sind sie entweder Körperschaf-
ten (Genossenschaften) oder Anstalten, die letzteren
wiederum entweder selbständige Anstalten mit
eigener, juristischer Persönlichkeit, wie die JV-
Anstalten, oder Zweiganstalten anderer öffent-
licher Verbände, so die Gemeinde K Veine Zweig-
anstalt der politischen Gemeinde, die U VAnstalten,
welche sich auf den Gebieten der Bau= und Sce-
1V#finden, Zweiganstalten der Berufsgenossen-
schaften. Die Körperschaften sind entweder Ge-
nossenschaften der Unternehmer, wie die Berufs-
genossenschaften für die UV, oder solche der Ar-
beiter, wie die organisierten Krankenkassen (Orts-,
Betriebs= und Baukrankenkassen), an deren Verw
allerdings auch den Arbeitgebern, entsprechend
ihrer teilweisen Beitragspflicht, eine gewisse Teil-
nahme eingeräumt ist.
4. Versicherungsbehörden. Bei der
Durchführung der Arb V sind außer den Organen
der Versicherungsverbände auch die allgemeinen
Verw Behörden der Einzelstaaten und der Ge-
meinden in gewissem Umfange beteiligt. Daneben
bestehen besondere, speziell mit Geschäften der
Arb V befaßte Behörden, welche auf den Gebieten
der Unfall- und der JV ihre Tätigkeit entfalten.
Dazu gehört namentlich das Reichsversicherungs-
amt (s. d.), eine höchste verwaltende, beaufsichti-
gende und rechtsprechende Instanz, an dessen
Stelle zum Teil für den Bereich des betreffenden
Einzelstaates Landesversicherungsämter (s. d.)
treten. Auch die „Schiedsgerichte für Arb VB“
(s. d.) haben trotz ihres allgemeinen Namens mit
der K V nichts zu tunz sie entscheiden über Beru-
fungen, welche über Ansprüche auf Unfall= oder
Invalidenfürsorge gegen die Entsch der Vorstände
von Versicherungsverbänden an sie gebracht wer-
den. Keine wesentliche praktische Bedeutung ha-
ben die „Rentenstellen“ erlangt, welche auf dem
Gebiete der JIm namentlich zur Begutachtung
oder Feststellung von Rentenansprüchen errichtet
werden können. Bei allen genannten Sonder-
behörden läßt das Gesetz die Selbst Verw und
Selbstrechtsprechung der Beteiligten wirksam wer-
den, indem es in dieselben neben anderen, nament-
lich beamteten, Elementen auch Vertreter der Ver-
sicherten und der Arbeitgeber in paritätischem Ver-
hältnis beruft.
5. Fürsorgegründe. Nach dem gegen-
wärtigen Stande unserer Gesctzgebung, welche
eine Versicherung gegen Arbeitslosigkeit noch nicht
kennt, knüpft jede sozialpolitische Fürsorge in
irgend einer Weise an einen bestimmten Vorgang
oder Zustand im Körper eines Menschen an.
Ein solcher Vorgang ist zunächst der Tod und zwar
regelmäßig der des Versicherten selbst. Er bewirkt
eine Fürsorge auf dem Gebiete der KV (Sterbe-
geld) und der UV (Sterbegeld und Hinterbliebenen-
rente.) Daneben kommen dann auch gewisse Le-
benserscheinungen in Betracht, welche entweder
pathologischer oder physiologischer Natur sein
können. Pathologisch sind die „Krankheit“, welche
den hauptsächlichsten Fürsorgegrund auf dem Ge-
biete der K V bildet, und die eine bestimmte Form
derselben darstellende „Körperverletzung“, welche
als solche auf dem Gebiete der UV wirksam wird.
An die Krantheit kann sich als selbständiger Für-
sorgegrund die Rekonvaleszenz anschließen. Phy-
siologische Erscheinungen sind das Alter, der zweite
Fürsorgegrund auf dem Gebiete der JV, und die
in beschränktem Maße bei der KV Beachtung fin-
dende Niederkunft. Pathologisch sowohl, als
physiologisch (z. B. als Folge von Alter) kann die
Körperschwäche oder Invalidität in diesem Sinne
sein, d. h. derjenige Körperzustand, welcher auf
dem Gebiete der JV als die Ursache der Erwerbs-
unfähigkeit bezeichnet wird.
In gewissem Umfange wird die Fürsorge nicht
schon durch die erwähnten körperlichen Zustände
und Vorgänge selbst, sondern nur in Verbindung
mit einer eigenartigen Ursache derselben oder be-
stimmten, durch sie herbeigeführten wirtschaft-
lichen Folgen ausgelöst. In ersterer Beziehung
unterscheidet sich die U von den beiden anderen
Arten der Versicherung, indem bei ihr Tod und
Körperverletzung nur als Folgen eines Betriebs-
unfalls in Betracht kommen. Andererseits wirkt
zwar z. B. das Alter unabhängig von allen, etwa
damit verknüpften wirtschaftlichen Nachteilen,
während bei anderen körperlichen Erscheinungen
vorausgesetzt wird, daß sie entweder ausgabe-
erhöhend oder einnahmemindernd auf den wirt-
schaftlichen Haushalt der Beteiligten einwirken.
Ausgaben verlangt namentlich die durch Krankheit
und Körperverletzung sich ergebende Notwendig-
keit der „Behandlung“; einnahmemindernd wirkt
der durch Tod eintretende Verlust des Ernährers
und namentlich die durch das ganze Gebiet der
Arb V sich hindurchziehende Folgeerscheinung kör-
perlicher Leidenszustände, die Erwerbsunfähig-
keit, welche als gänzliche oder teilweise, dauernde
oder vorübergehende in Betracht kommt.
Aus alledem erhellt aber bereits, daß es Für-
sorgegründe gibt, welche auf mehreren Gebieten
der Arb V gleichzeitig wirksam werden können, so