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Armenwesen
etwaiger Fortsetzung des Aufenthalts der UW
nur durch einjährigen, dem G genügenden fer-
neren Aufenthalt erworben werden kann. Ein an
eine ausländische d. h. nicht dem Geltungsgebiet
des UW# angehörige Gemeinde gerichteter Ueber-
nahmeantrag unterbricht die Frist nicht (E. 30 21).
Es ist der begrifflichen Klarstellung halber hervor-
zuheben, daß jede andere, im gewöhnlichen Sprach-
gebrauch „Unterbrechung“ genannte Abwesenheit
nicht als solche, sondern als völlige Beendigung des
Aufenthaltes anzusehen ist, die nicht ein Wieder-
kehren an den früheren Ort, wohl aber die Anrech-
nung des früheren Aufenthaltes ausschließt. Wann
dies der Fall ist, muß nach den Umständen beur-
teilt werden; § 13 spricht allgemein aus, daß eine
freiwillige Entfernung nicht in Betracht
fällt, wenn aus den Umständen, unter welchen sie
erfolgt, die Absicht erhellt, den Aufenthalt beizu-
behalten, z. B. wenn ein Lokomotivführer, Postil-
lon, Schiffer berufsmäßig vielfach auch längere Zeit
abwesend ist, aber immer wieder zurückkehrt (E.
43; 10 5; 191; dagegen 17 3 wegen eines Schif-
fers, der auf verschiedenen Schiffen fuhr, 5 13;
16 1 wegen Hausierer, 29 24 wegen Sachsengänger
ufw.). Ümgekehrt folgt, daß mangels freier Selbst-
bestimmung der Aufenthalt in einem anderen, die
Abwesenheit von dem bisherigen Aufenthaltsorte
für den Fristenlauf außer Betracht bleibt, also
Freiheitsstrafen nicht als Unterbrechung zu erachten
sind. — Das Eintreten der vorstehend angegebenen,
an den Fristenlauf geknüpften Wirkungen kann
durch Vertrag oder Verzicht der beteiligten Be-
hörden oder Personen nicht ausgeschlossen werden
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).
b) Der Landarmenverband.
Zur Erstattung der Kosten der U eines
dem Geltungsgebiet des UWG angehören-
den Deutschen war nach der ursprünglichen Fas-
sung des § 30 verpflichtet, weenn der Unter-
stützte keinen U W hat, derjenige LA##,
in dessen Bezirk er sich bei dem Eintritt der
Hilfsbedürftigkeit befand, oder, falls er im hilfs-
bedürftigen Hustande aus einer Straf-, Kranken-,
Bewahr= oder Heilanstalt entlassen wurde, der-
jenige LA##, aus welchem seine Einlieferung in die
Anstalt erfolgte. Die unbedingte Voraussetzung
der Fürsorgepflicht eines LA# bildete also der
Mangel eines UW, welchen, sofern der L###
seine Verpflichtung nicht anerkennt, derjenige zu
beweisen hatte, welcher Erstattung beanspruchte,
also regelmäßig derjenige OA##, welcher die vor-
„läufige Fürsorge hatte eintreten lassen. Diese Be-
weisregel hatte sehr erhebliche Härten in den-
jenigen Fällen zur Folge, in denen ortsfremden
und nicht vernehmungsfähigen Personen wie na-
mentlich Findlingen, Taubstummen, Geisteskran-
ken, Auskunft verweigernden Landstreichern und
unbekannten Leichen U bezw. Begräbnis gewährt
werden muß. Der Praxis vieler LAum und später
auch des Bu entspricht die Novelle von 94 mit der
Fassung: „Wenn ein UW des Unterstützten nicht
zu ermitteln ist“; außerdem im §#30 durch den neuen
Absatz: „Der Beweis, daß ein UW des Unterstützten
nicht zu ermitteln gewesen ist, gilt schon dann als
erbracht, wenn der die Erstattung fordernde AV
dargelegt hat, daß er alle diejenigen Erhebungen
vorgenommen hat, welche nach Lage der Verhält-
nisse als geeignet zur Ermittlung eines UW anzu-
sehen waren. Wird nach der Erstattung ein UW
nachträglich ermittelt, so ist der A##, welcher die
Erstattung vorgenommen hat, berechtigt, von dem
A# des U# für die gewährte U und für die durch
nachträgliche Ermittelungen entstandenen Kosten
Ersatz zu beanspruchen".
Durch. diese Bestimmung soll das Verhältnis von
O- und LABV nicht an sich geändert, vielmehr nur
die Beweislast erleichtert werden. Der OA# hat
daher nicht mehr den strikten Beweis des Mangels
eines UW, sondern lediglich den Beweis zu führen,
daß verständiger Sorgfalt ungeachtet ein UW sich
nicht hat ermitteln lassen, was namentlich in An-
sehung des Aufwandes für Schwerkranke, die,
ohne vernehmungsfähig geworden zu sein, ge-
storben sind, für angeschwemmte Leichen, für un-
bekannte Selbstmörder usw. von Bedeutung ist.
Dem LA## bleibt es unbenommen, seinerseits die
Ermittelungen fortzusetzen und, falls diese zu einem
positiven Ergebnis dahin führen, daß das Vor-
handensein eines UW nachgewiesen wird, sich an
diesen zu halten (E. 34 134). In den später er-
gangenen Entsch wird das tatsächliche Vorbringen
gewürdigt (so z. B. 27 96, wo namentlich die Aus-
führung bemerkenswert ist, daß nicht notwendig
seitens des OA# dargetan zu werden braucht, daß
und welche Ermittelungen er selbst zur Feststellung
des UW vorgenommen hat; es sei vielmehr keines-
wegs ausgeschlossen, daß die Spruchbehörde auch
ohne solche Ermittelungen die Ueberzeugung ge-
winne, es sei ein UW nicht zu ermitteln). Durch-
weg ist für alle Fälle, auf welche die erleichternde
Vorschrift Anwendung finden kann, die rückwir-
kende Kraft angenommen, und zwar dergestalt,
daß selbst die rechtskräftigen und in erster Instanz
bereits abgeurteilten Fälle in zweiter Instanz nach
der Novelle zu beurteilen sind (E. 26 13 und 27
86 ff). Nicht alle selbst entfernt liegenden Möglich-
keiten brauchen für das Bestehen eines UW wider-
legt zu werden (E. 38 120). Die Verpflichtung des
LA# wird bestimmt durch den Ort, in welchem
die Hilfsbedürftigkeit eingetreten ist; auch hier
gelten die allgemeinen Voraussetzungen, was
unter Hilfsbedürftigkeit zu verstehen und ob sie im
einzelnen Falle bekannt gewesen ist oder doch er-
kennbar sein mußte. In der Regel wird die Tat-
sache, daß jemand aus einem Bezirk in den anderen
gelangt ist, ohne U in Anspruch genommen oder
solche erhalten zu haben, genügen, den LAu# jenes
ersten Bezirks zu entlassen: doch können auch in
solchen Fällen Verpflichtungen ebendesselben ent-
stehen, sofern der zur vorläufigen Fürsorge ver-
pflichtete OA# sich der Abschiebung schuldig ge-
macht hat (E. 8 107; 16 122; dagegen 3 76: 454;
7 81). Abschiebungen seitens eines LA# selbst find
dagegen schon deshalb nicht möglich, weil zur vor-
läufigen Fürsorge immer nur die OAu# verpflichtet
sind. Der einmal verpflichtete LAu# bleibt so lange
verpflichtet, als die Hilfsbedürftigkeit fortdauert.
Es folgt dies schon daraus, daß, so lange die U fort-
gewährt wird, ein UW nicht erworben werden
kann. Im übrigen ist es, da der L immer nur
in Ansehung der gegenwärtigen Hilfsbedürftigkeit
verpflichtet ist, Sache der tatsächlichen Feststellung,
ob bei einem Individuum, welches nacheinander
in den Bezirken mehrerer LA# die APflege in
Anspruch genommen hatte, eine Fortdauer des
bedürftigen Zustandes anzunehmen ist oder nicht,
so z. B. im Falle einer diskontinuierlich in kürzeren
Zwischenräumen auftretenden Krankheit (E. 13