Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Armenwesen 
  
öffentliche APflege zu entlasten. Deshalb kommt 
in dem Verhältnis zu den Krankenkassen nicht die 
einschränkende Vorschrift des # 30 letzter Abs zur 
Anwendung; vielmehr hat der A# den Kassen 
gegenüber das Recht, den vollen Verpflegungssatz 
zu liquidieren und, soweit die von der Kasse, Ge- 
nossenschaft usw. zu gewährenden Leistungen den 
Aufwand nicht decken, noch außerdem den ver- 
pflichteten A# in Höhe der tarifmäßigen Kosten 
in Anspruch zu nehmen. Wenn beispielsweise die 
Kosten in einem Krankenhause 1,50 Mk. pro Ta 
für die Krankenkasse betragen, während dem A 
gegenüber nur 1 Mk. liquidiert werden darf, und 
wenn die Krankenkasse an Krankengeld und Aerzte- 
kosten etwa nur 0,75 Mk. erstattet, so ist der vor- 
läufig unterstützende A# befugt, außerdem von 
dem endgültig verpflichteten A## 0,75 Mk. und 
nicht nur 0,25 Mk. als Ergänzung des Tarissatzes 
zu fordern, vorausgesetzt, daß es sich überhaupt um 
eine Leistung der öffentlichen APpflege handelt 
(was in der E. 21 71 mitgeteilten Entsch nicht der 
Fall ist; dagegen E. 22 77 und 23 108). 
3) Die ALast in Ansehung eines zum Geltungs- 
gebiet des UWG gehörenden Deutschen,, 
welcher keinen U# hat, liegt demjenigen 
Bundesstaate bob, in welchem er seinen letz- 
ten UW gehabt hat, sofern er auf Verlangen 
ausländischer Staatsbehörden aus 
dem Auslande übernommen werden muß, 
und bei der Uebernahme Hilfsbedürftigkeit vor- 
handen ist oder 7 Tage nach der Uebernahme ein- 
tritt. Dem einzelnen Bundesstaate bleibt es über- 
lassen, diese Verpflichtung im Wege der Landes- 
Ggebung auf seine A# zu übertragen (§ 33). Die 
Fassung des 3 33 ist durch die Novelle von 08 ver- 
bessert. — Voraussetzung ist also der Besitz der 
Reichsangehörigkeit, der Mangel eines UW und 
das Verlangen einer ausländischen Staatsbehörde 
auf Uebernahme. Entscheidend ist in letzterer Be- 
ziehung lediglich die seitens der inländischen Staats- 
behörde tatsächlich erfolgte, der Nachprüfung wegen 
der Verpflichtung nicht unterliegende Uebernahme; 
andererseits ist das Verlangen aber 
Voraussetzung, so daß eine nicht verlangte 
Rückkehr den allgemeinen Bestimmungen unter- 
liegt und nach Maßgabe des §# 30 b den betr. 
LA## zur Agürsorge verpflichtet. Es kommt nicht 
darauf an, daß die zu übernehmende Person noch 
zur Zeit der Uebernahme die Eigenschaft eines 
Deutschen besitzt. Die zugelassene Uebertragung 
ihrer Verpflichtung ist seitens aller Bundesstaaten 
in der Weise erfolgt, daß derjienige LA## zur Für- 
sorge verpflichtet ist, in dessen Bezirk der Hilfs- 
bedürftige den letzten UW gehabt hat, oder, falls 
sich dieser nicht ermitteln läßt, in dessen Bezirk die 
Hilfsbedürftigkeit hervorgetreten ist. (Preußen 
*37, Württemberga?7, Baden #2 uww.) 
Nur Sachsen #§6 weist unter übrigens gleichen 
Voraussetzungen diese Hilfsbedürftigen den OA## 
unter Vorbehalt des Rückgriffs auf die Staats- 
kasse zu. 
4) In Ansehung der Ausländer liegt die 
Avast demjenigen Bundesstaat ob, welchem 
der zur vorläufigen Fürsorge verpflichtete OA 
angehört; doch ist auch hier die Uebertragung an 
seine A### jedem Bundesstaat freigestellt (& 60). 
Ausländer im Sinne des § 60 ist jeder, der nicht dem 
Geltungsgebiet des UW angehört, also auch 
Bayern (nicht mehr Elsaß-Lothringer).—Die Pflicht 
  
zur vorläufigen U, die im # 60 noch besonders 
ausgesprochen ist, versteht sich nach den allge- 
meinen Grundsätzen über vorläufige Für- 
sorge von selbst. — Von der Befugnis zur Ueber- 
tragung ist von der Landes GEgebung durchweg 
Gebrauch gemacht. Ueberwiegend ist vorgeschrie- 
ben, daß der Ausländer, so lange er im 
Staatsgebiete geduldet wird, dem Deutschen 
in Ansehung des UW gleichstehen soll und 
daher lediglich die allgemeinen Bestimmungen über 
Erwerb und Verlust des UW darüber entscheiden, 
ob der OA# des Aufenthaltes bezw. der LABV, in 
dessen Bezirk die Hilfsbedürftigkeit eingetreten ist, 
fürsorgepflichtig ist. So Preußen 3 64, 
Hessen a 20, S.-Meiningena 28 u. a. 
und dem Sinne nach gleichartig Württem- 
berg a 47, Oldenburg a 76). Dagegen 
legen in gleicher Weise, wie im Falle des § 33 dem 
LMV, in dessen Bezirk sich der vorläufig unter- 
stützende OA# befindet, die ALast auf Sachsen 
* 10, Baden 5 21, S.-Weimar ss, M.= 
Schwerin §& 3, Braunschweig 30, 
S.-Meiningena?s, Schw.-Sonders- 
hausen 5 7. Reuß ä. L. F 1. 
5) Im Falle bescheinigten Unvermögens 
eines A# hat derjenige Bundesstaat, wel- 
chem er angehört, mittelbar oder unmittelbar für 
die Erstattung zu sorgen (§5 59). — Diese Bestim- 
mung will die Uebung der A#Pflege in der Rich- 
tung sicher stellen, daß sie im einzelnen Falle aus 
Besorgnis vor Verlust der vorläufigen Aufwen- 
dungen nicht etwa unterbleibt. Sie bezieht sich 
gleichmäßig auf O- und L#A#, wenngleich der Fall 
des Unvermögens bei den letzteren praktisch kaum 
vorkommen kann. 
5# 7. Inhalt der Berpflichtung. 
1. Art und Maß der U. Das UW be- 
gnügt sich mit der allgemeinen Anforderung an die 
A#, 1 zu gewähren, indem es die näheren Be- 
stimmungen über Art und Maß den Landes Gge- 
bungen überläßt (§ 8). Aber auch sie sind in dieser 
Beziehung über die Zeichnung der äußeren Um- 
risse im wesentlichen nicht hinausgegangen, die 
näheren Maßgaben noch besonderen Instruktionen. 
der VerwBBehörden, vor allem aber der örtlichen 
Praxis der einzelnen A# überlassend. Preußen §+1 
neunt: Obdach, unentbehrlichen Lebensunterhalt, 
Krankenpflege, Begräbnis; Sachsen AO 3 33: 
Verabreichung von Almosen, Krankenpflege, Kin- 
dererziehung, Verschaffung von Unterkommen, 
gänzliche Versorgung usw.; kürzer oder ausführ- 
licher bei den anderen Staaten. Als allgemeinster 
Grundsatz kann jedenfalls das für jede, auch die 
freiwillige APflege unerläßliche Erfordernis der 
Individualisierung erachtet werden 
mit der besonderen Maßgabe für die öffent- 
liche APflege, daß die U nie über das zur Daseins- 
erhaltung Notwendige hinausgehen darf. 
Was dem einzelnen Individuum in dieser Hinsicht 
notwendig ist, unterliegt der Würdigung der ört- 
lichen Verw Organe, wobei freilich die Anschauun- 
gen der Bevölkerung über das zur Daseinserhal- 
tung unbedingt Erforderliche nach Zeit und Ort 
sowie unter dem Einfluß der zeitlich und örtlich 
verschiedenen Lebens= und Erwerbsverhältnisse 
sehr verschieden sind; namentlich gilt dies in An- 
sehung von Wohnung und Nahrung.LAbschnittll: 
Armen-Verwaltung, unten S 2111. 
2. Erstattung vorläufiger Auf-
	        
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