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Armenwesen
werbsgehilfen, Fabrik- und Lohnarbeiter, welche
sich 10 Jahre in der Gemeinde selbständig ernährt
haben und gerichtlich nicht bestraft sind, sind hiervon
frei. — Nichtbayern können einen solchen Anspruch
gleichfalls erwerben; seine Wirksamkeit ist jedoch
von dem Erwerb der bayer. Staatsangehörigkeit
abhängig. — Die Verleihung kann seitens der Ge-
meinde auch freiwillig und nach Uebereinkommen
mit dem betr. Individuum erfolgen; 6. kraft
G für heimatlose Personen unter den Voraus-
setzungen zu 5, jedoch ohne die Zahlung einer Ge-
bühr (a 2 der Novelle v. 23. 2. 72), wonach die aus
anderen Bundesstaaten zugezogenen Deutschen
günstiger gestellt sind, als diejenigen, die in einer
bayerischen Gemeinde bereits HRecht besitzen.
7. durch Zuweisung ganz allgemein für
heimatlose Personen, wie Findelkinder, Personen,
deren H nicht zu ermitteln ist, Deutsche, welche
in den bayer. Staatsverband ausgenommen sind
bezw. die bayer. Staatsangehörigkeit als Beamte
und öffentliche Diener erworben haben; die Zu-
weisung erfolgt durch die vorgesetzte Behörde an
eine Gemeinde des Bezirks, in welchem das Kind
gefunden, die Person betreten worden oder in den
letzten 5 Jahren 6 Monate lang aufhaltsam ge-
wesen ist, endlich wo sie sich niedergelassen hat bezw.
angestellt worden ist. Vorstehende Bestimmungen
sind analog für Nichtbayern anzuwenden, so lange
deren Wegweisung aus dem Staatsgebiete nicht
möglich ist. Die Bestimmungen über den HErwerb
haben eine sehr wesentliche Erweiterung erfahren
durch die Novelle v. 96. Nach §& 7 a wird der in
a 6 und 7 bezeichnete Anspruch auf Verleihung
der H auch von der bisherigen HGemein-
de des Berechtigten und in bezug auf Personen,
welche eine vorläufige H besitzen, vom Fiskus
erhoben werden. Hiergegen kann jedoch der Be-
rechtigte mit Erfolg Einspruch erheben, wenn die
gesetzlichen Voraussetzungen des Anspruchs nicht
vorliegen oder wenn die HVeränderung für ihn
mit zu erheblichen Nachteilen verbunden wäre.
Da die Zuzugsgemeinden in Ansehung des HEr-
werbs von Personen, die einmal die AKasse in
Anspruch nehmen mußten, ein den HGemeinden
durchaus entgegengesetztes Interesse haben und
andererseits die Berechtigten erfahrungsgemäß in
Verfolgung ihres Anspruchs sehr lässig sind, ist hier-
mit der HGemeinde die Möglichkeit gegeben, die
formelle Zugehörigkeit zu diesen ihr fremd gewor-
denen ursprünglichen HGenossen zu lösen und ihn
in armenrechtliche Verbindung mit derjenigen
Gemeinde zu bringen, in der auch die Voraus-
setzungen der wirtschaftlichen Zugehörigkeit vor-
liegen.
Spezialbestimmungen für die baye-
rische Pfalz: Infolge des eigentümlichen,
unter französ. Herrschaft geschaffenen, sehr freien
Rechtszustandes ist für die Pfalz der von dem
Aufenthalt abhängig gemachte Erwerbsgrund (zu 5)
durch den Erwerb kraft G ersetzt. Jeder selb-
ständige Pfälzer, der sich in einer pfälzischen Ge-
meinde niederläßt, erwirbt dort die H, sofern er
eine hierauf bezügliche Ertlärung bei der Gemeinde-
behörde abgibt und die etwa ortsübliche HGebühr
entrichtet. Falls er binnen Jahresfrist öffentliche
UÜ nachsucht oder erhält, kann die Wiederaufhebung
der H beschlossen werden (a 29). Auf Nichtpfälzer
findet diese Bestimmung keine Anwendung; auch,
die H erwerben will, den dort geltenden Vorschrif-
ten unterworfen.
Der Verlust der H tritt nur ein a) durch
Erwerb einer andern H, b) durch Verlust der
bayerischen Staatsangehörigkeit, c) in den Fällen
der Zuweisung einer vorläufigen H auch noch durch
Feststellung der wirklichen H.
c) Verpflichtung auf Grund von
Sonderbestimmungen. a) Die Staats-
kasse ist (aus ganz ähnlichen Beweggründen, wie
die LA# beim Mangel eines UW) mangels einer
wirklichen H zum Ersatz für U verpflichtet,
welche Personen gewährt worden, die einer vor-
läufigen H zugewiesen waren (AG a 13—15,
HGal8s. Dazu Vollzugs--Instr. v. 6. 8. 70, 29. 5.
72, 13. 5. 80, 19. 11. 80). — 8) Wenn Dienstboten,
Gewerbsgehilfen, Lehrlinge, Fabrik= oder andere
Lohnarbeiter, welche außerhalb ihrer H in Dienst
oder Arbeit stehen, wegen Erkrankung der
Hilfe bedürfen, so ist solche von derjenigen Gemeinde
zu gewähren, in der sie z. Z. der Erkrankung in
Dienst oder Arbeit stehen, und zwar auch dann,
wenn sie in einer anderen Gemeinde wohnen.
Wurde diese Hilfe während voller 90 Tage gewährt
und dauert die Notwendigkeit der Hilfeleistung fort,
so ist die HGemeinde der erkrankten Person ver-
pflichtet, die letztere zu übernehmen und die weiter
entstehenden Kosten zu ersetzen (früher 30 Tage).
Noch mehr nähert sich der § 10 dem dem UW zu
Grunde liegenden sogen. wirtschaftlichen Aequi-
valent an, ja er geht in gewisser Beziehung noch
darüber hinaus; durch ihn ist ein von der H ganz
unabhängiger, lediglich durch den Aufenthalt be-
stimmter Verpflichtungsgrund zur AFürsorge ge-
setzt. „Wird in einer Gemeinde fremden Personen,
welche sich unmittelbar vor Eintritt der UBedürf-
tigkeit mindestens 6 Monate lang freiwillig und
ununterbrochen in der Gemeinde au#sgehalten
haben, Krankenhilfe oder U zur Bestreitung des
Lebensunterhalts gewährt, so tritt vorbehältlich der
Bestimmungen des a 11 Abs 3 ein Ersatzanspruch
gegen die HGemeinde nur ein, wenn und soweit
die Hilfeleistung über 4 Wochen fortgesetzt worden
ist (Abfs 3 bezieht sich auf Geisteskranke und Gebä-
rende, für die die HGemeinde die Kosten vom Be-
ginn der geleisteten Hilfe zu tragen hat). Die
Bestimmung ist von erheblicher Bedeutung. Wäh-
rend § 29 des UWG und a 11 des ältern bayer.
G# sich nur auf Krankheitsfälle bezichen, die an ge-
wissen technischen Merkmalen erkennbar sind, ist
hier ganz allgemein von U zur Bestreitung des
Lebensunterhalts die Rede, so daß, abgesehen von
Fällen, die länger dauernde Hilfe erfordern, wie
die U von Witwen, Waisen, Gebrechlichen u. dgl.,
eigentlich alle Fälle hierunter fallen, die erfah-
rungsmäßig bei Auslegung der §8 4 und 5 des FG
die größten Schwierigkeiten machen, d. h. vor
allem die U arbeitsfähiger Personen. Arbeitet
die AVerw des Ortes vernünftigen, individuali-
sierenden Grundsätzen gemäß, so kann sie auch ihren
einheimischen arbeitsfähigen A nur kurz dauernde
U gewähren; es wird dadurch zweifellos die Nei-
gung gefördert, nicht heimatgehörigen Personen
statt einer vorübergehenden mehrmals wieder-
holten U, auf die § 10 Anwendung finden würde,
eine dauernde, den Ersatzanspruch begründende U
zu gewähren und von 58 4 und 5 Gebrauch zu
machen, während die ersatzpflichtige Gemeinde
ist ein Pfälzer, welcher in den Landesteilen r. d. Rh. umgekehrt ein Interesse daran hat, kränkliche oder