Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
I. Armenrecht (Bayern — Elsaß-Lothringen) 
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der VBerarmung nahe Personen den größeren 
Städten oder Orten mit guten Anstalten zuzuschie- 
ben. r) Beamte, Offiiere u. dgl., wenn sie 
den Pensionsanspruch durch Verzicht oder zur 
Strafe verloren haben, sowie deren Frauen, Kinder 
ind aus derjenigen Kasse (juristische Per- 
son: Staat, Gemeinde, Stiftung usw.) zu unter- 
stützen, aus welcher sie unter anderen Umständen 
eine Pension zu beziehen gehabt hätten (56G a 13). 
3. Inhalt der armenrechtlichen 
Verpflichtung. In bezug auf Art und 
Maß der U entspricht sowohl der Wortlaut der 
betr. GVorschriften (AG a 11, 28—30) wie auch 
ihre Auslegung durch Verw Praxis und Recht- 
sprechung durchaus dem Zustande im übrigen 
Reichsgebiet. Insbesondere umfaßt auch die Ver- 
pflichtung zur U diejenige zur Duldung des Aufent- 
halts bezw. zur Uebernahme in eigne Fürsorge 
mit der Maßgabe, daß im Falle des 8 5 FG 
(dauernde Bedürftigkeit) Nichtbayern den Staats- 
verträgen gemäß von den Bundesstaaten zu über- 
nehmen sind; auch darf niemand durch die Pol- 
Behörde ausgewiesen werden, ehe seine H ausge- 
mittelt, ihm eine vorläufige H angewiesen ist, bezw. 
der betreffende Bundesstaat sich zur Uebernahme 
bereit erklärt hat. — Die Erstattungs- 
pflicht erstreckt sich auf die notwendigen Kosten 
(a 13). Durch die Novelle v. 88 jetzt a 14 III ist 
vorgeschrieben, daß für Verpflegung in Gemeinde- 
oder Distriktskrankenhäusern nur die durch Tarif 
festgestellten Sätze angerechnet werden dürfen. 
Auch hier gelten ähnliche Grundsätze, wie nach § 30 
UWG, so daß in der Regel die allgem. Verw Kosten 
nicht einzubegreifen sind (Min E v. 17. 2. 88). Die 
Tarife sind behördlich zu genehmigen. Gegenüber 
der Staatskasse, welche zur Erstattung in 
den Fällen der U durch die vorläufige H verpflichtet 
ist, ist die Geltendmachung des Anspruches regel- 
mäßig von dem Nachweis der erfolglosen Geltend- 
machung gegenüber der ausländischen Behörde 
abhängig gemacht; doch genügt unter Umständen 
die Darlegung, daß die Geltendmachung von vorn- 
herein aussichtslos erscheint (Min E v. 29. 6. 68, 
6. 8. 70, 29. 5. 72 u. a.). — Die Distrikts- 
Apflege umfaßt die U überbürdeter Gemein- 
den, die Unterhaltung der bestehenden Anstalten, 
die Ansammlung eines Distrikts AFonds, die Er- 
richtung von ABeschäftigungs= und Krankenanstal- 
ten sowie andere Wohlfahrtsveranstaltungen; die 
drei erstgenannten Leistungen sind obligatorisch. 
Die Kreis Apflege ist in ähnlicher Weise 
den Distrikten übergeordnet (a 38—41). Der Be- 
griff der Ueberbürdung ist neuerdings da- 
hin festgestellt, daß durch die Höhe der Umlagen, 
welche zur Deckung des Gemeindezuschusses zur 
Asflege notwendig sind, der Nahrungsstand eines 
erheblichen Teils der Umlagepflichtigen gefährdet 
wird (Novelle v. 3. 2. 88 àa 5; dazu Min E v. 17. 2 
88). Die Hälfte des von den Distrikten aus Anlaß 
solcher Ueberbürdung zu machenden Aufwandes ist 
ihnen von den Kreisen zu ersetzen. Gegen den ab- 
lehnenden Bescheid der Distrikte steht der Gemeinde 
Beschwerde an die Kreisregierung zu. 
4. Das Streitverfahren. Zur Entsch 
von armenrechtlichen Streitigkeiten ist in I. Instanz 
diejenige Distrikts-Verw Behörde berufen, welcher 
die beklagte bezw. die klagende Gemeinde ange- 
hört; letzteres, wenn der Anspruch gegen eine 
andere juristische oder physische Person, als eine 
  
  
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. I. 
  
Gemeinde, gerichtet wird. In II. Instanz ist die 
Kreisregierung, K. d. Innern, in III. der Verw- 
Gerichtshof zuständig (a 43). 
3. Elsaß-Lothringen 
#l 10. Auf der Grundlage des fortbestehenden 
französischen Systems war in Elsaß-Lothringen 
die örtliche Armenpflege nur fakul- 
tativ. Sie wurde ausgeübt durch die Ho- 
spitäler und in Ergänzung der Hospitalpflege, 
in Ansehung namentlich der offenen Pflege 
durch die Wohltätigkeitsbureaustlbur. 
de bienfaisance) sowie vereinzelt durch direkte 
Gemeindearmenpflege, wofür ent- 
sprechende Beträge in den Gemeindehaushalt ein- 
gestellt wurden. Die U fand in diesem Falle nach 
Maßgabe des Bedürfnisses und der vorhandenen 
Mittel in der Gemeinde des Aufenthaltes statt, 
ohne daß der unterstützenden Anstalt oder Ge- 
meinde ein Erstattungsanspruch an diejenige Ge- 
meinde erwuchs, welcher der Unterstützte im übri- 
gen angehörte. Dagegen bildete für die Zulassung 
zur Hospitalpflege in der Regel ein längerer (durch 
Reglements festgesetzter, meist fünfjähriger) Auf- 
enthalt in der betreffenden Gemeinde die Voraus- 
setzung, während die Wohltätigkeits-Bureaus auf 
Grund des G v. 24 vend. II (15. 10. 1793) einen 
einjährigen Aufenthalt als Voraussetzung der Zu- 
lassung zur U fordern; doch wurde, namentlich in 
dringenden Fällen, von diesem Erfordernis auch 
abgesehen. Für die Krankenpflege im engeren 
Sinne d. h. für die nicht dauernde Pflege galt 
diese Beschränkung überhaupt nicht; hier genügte 
vielmehr für die Aufnahme lediglich die Tatsache 
der Erkrankung. Die Aenderung des bisherigen 
Zustandes und die Gleichstellung von Elsaß-Loth- 
ringen mit dem Geltungsgebiet des UWG war 
bisher aus politischen und verwaltungstechnischen 
Gründen unterblieben, trotzdem der gegenwärtige 
Zustand erhebliche Mängel namentlich in den 
Beziehungen zwischen den andern Bundesstaaten 
aufwies. Um diesen wenigstens in etwas abzu- 
helfen, trafen von 1896—99 Baden, Hessen, Würt- 
temberg und Preußen Abmachungen mit Elsaß- 
Lothringen, in denen bestimmt wurde, daß den- 
jenigen Elsaß-Lothringern, deren Ausweisung aus 
den beteiligten Staaten nicht erfolgen soll, unter 
Verwendung der etwa vorhandenen Arbeitskraft 
der unentbehrliche Lebensunterhalt gewährt werde. 
Die Ausweisung aus den beteiligten Staaten sollte 
unterbleiben bei Personen, die zuletzt mindestens 
5 Jahre nach zurückgelegtem 18. Lebensjahre in 
ihnen ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt 
haben. Durch das AG#v. 8. 11. O9 wird das UWG 
vom I. 4. 10 an auch in Elsaß-Lothringen einge- 
führt. Aus dem Gesetze ist nach der armenrecht- 
lichen Seite hervorzuheben, daß die LA## künftig 
durch die drei Bezirke Unterelsaß, Oberelsaß und 
Lothringen gebildet werden und daß im Streitver- 
fahren in erster Instanz der Bezirksrat, in letzter 
das BA zuständig sind; jede Gemeinde bildet in 
der Regel einen OA. Für jeden Kreis besteht ein 
Armenschiedsamt (oben S. 205, Tabelle), das auch 
auf Beschwerde des Armen selbst entscheidet. 
4. Gothaer und Eisenacher Konvention 
§s 11. Vor der Gründung des Nordd. Bundes 
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