II. Armenverwaltung (Ersatzansprüche,
öffentliche und private Armenpflege) 215
Herrenhauses in der Absicht gestrichen worden,
den bestehenden Rechtszustand aufrecht zu er-
halten. Der Anspruch war nach der Rechtsprechun
der obersten Gerichte für das Gebiet des AL
bejaht, für das des französischen Rechts jedoch ver-
neint worden. Für das Gebiet des ALR wurde
der Anspruch auf Grund der nützlichen Verwen-
dung anerkannt. Nachdem aber die landrechtlichen
Vorschriften über nützliche Berwendung durch
das BGBbeseitigt sind, fragt es sich, wie weit der
Anspruch in dem BGB eine Begründung findet.
Man hat die Gewährung der U als Darlehen, als
Zuschuß, als Geschäftsführung ohne Auftrag und
endlich als ungerechtfertigte Bereicherung zu
charakterisieren gesucht, während andere (nament-
lich Jebens) zu einem negativen Ergebnis gelangen
und das Bestehen eines Ersatzanspruches über-
haupt bestreiten. Doch wird man mit Simonsohn
(Zeitschr. f. A. 05 S 130, 161), dem sich Eger
(5. Aufl.) angeschlossen hat, den Verpflichtungs-
grund der Bereicherung anerkennen müssen.
Einen weitergehenden Anspruch gegen
den Nachlaß des Unterstützten, ja zum Teil
ein vollständiges Erbrecht gewähren einige Staaten.
In Bremen darf der Nachlaß zur Deckung der
gewährten U in Anspruch genommen werden;
Sachsen gewährt ein Erbrecht zur Hälfte gegen
die bis zu ihrem Tode zuletzt 4 Jahre in einer
Anstalt verpflegten Personen, bei kürzerem
Aufenthalt ein Drittel; Hamburg gibt ein Erb-
recht, wenn der Unterstützte bis zu seinem Tode
mindestens 150 Wochen hindurch unterstützt wurde.
Preußen hat in diesem Punkt ganz klare Vor-
schriften und gewährt durch die §§# 50 f. ALK II
19, die aufrecht erhalten sind, dem A## ein Erb-
recht an dem Nachlaß solcher Personen, denen un-
entgeltliche Anstaltspflege gewährt worden ist und
die in dieser Verpflegung gestorben sind; nur den
ehelichen Deszendenten und der Ehefrau steht
demgegenüber ein Pflichtteilsrecht zu; das Erb-
recht muß dem Aufgenommenen in gehöriger Form
bekannt gemacht worden sein. Eine Besonderheit
besteht für die ADirektion von Berlin, der durch
besonderes Reskript von 1801 das Erbrecht auch
gegenüber solchen Personen verliehen ist, die bis
zu ihrem Tode in offener Pflege unterstützt worden
sind; auch hier bildet die gehörige Bekanntmachung
die Voraussetzung des Anspruches.
b) Gegenüber dritten Personen.
z 62 UWG bestimmt, daß der A##, der einen
Hilfsbedürftigen unterstützt hat, befugt ist, Er-
satz derjenigen Leistungen, zu deren Ge-
währung ein dritter aus anderen als den durch
dieses G begründeten Titeln verpflichtet ist, von
dem Verpflichteten in demselben Maße und unter
denselben Voraussetzungen zu fordern, als den
Unterstützten auf jene Leistungen ein Recht zu-
steht. Damit ist den A#ein kraft G auf sie über-
gehender Anspruch gegeben, der namentlich gegen-
über den zur Unterhaltung verpflichteten Ange-
hörigen, sowie den Dienstherren und dem Arbeit-
geber praktisch von Bedeutung wird. Eine Ueber-
sicht der einzelnen Kategorien von Verpflichteten
gibt Eger 395 zu III.
Eine Besonderheit des ARechts bildet die von
einigen Staaten weniger aus rechtlichen als aus
armenpolizeilichen Gesichtspunkten gewährte Be-
sugnis, die nächstverpflichteten Angehörigen
Eltern, Kinder, - Ehegatten) zur Leistung von
Unterhaltsbeiträgen in einem abgekürzten Verw-
Verfahren heranzuziehen, so Preußen
65, Bayern, Notvelle v. 3. 2. 88 a 2,
Oldenburg #3, Braunschweig 53 31,
thüringische Staaten, beide Lippe,
Bremen und Elsaß-Lothringen 338,
wonach auf Antrag des unterstützungspflich-
tigen AV durch einen von der VerwBehörde (Land-
rat usw.) zu erlassenden Beschluß Eheleute,
Eltern, Kinder mit Bezug auf ihre Ehehälfte,
Kinder und Eltern zur Gewährung fortlaufender
U angehalten werden können; gegen den Beschluß
ist außer dem Verwekurs auch gerichtliche Be-
rufung zulässig. Die Ansicht, daß so auch ein
Zwang zur Arbeit ausgesprochen werden könne,
ist jedoch irrig; „Anhalten“ bedeutet hier nur
Erzwingen von Geldleistungen.
4. Verbindung der öffentlichen und der
privaten Armenpflege. Die A-Verw als
solche ist ihrer Grundverfassung nach nur für
die notwendigen Leistungen der APflege
geschaffen. Gleichwohl wird sie insofern über
diese engeren Grenzen hinausgehen können, als
sie nach Maßgabe der verfügbaren Mittel und des
vorhandenen Bedürfnisses das Notwendige in
bester Art leistet, namentlich für Kranken= und
Kinderpflege mehr tut, die Kranken auch noch als
Rekonvaleszenten verpflegt, jugendliche Personen,
als Lehrlinge, Dienstboten usw., ausstattet und be-
aufsichtigt. Sie kann ferner öffentliche Arbeiten
größeren Umfanges in Zeiten mangelnden Er-
werbes anregen und leiten, Fortbildungsschulen,
Bewahranstalten u. dgl. anregen und subventio-
nieren, überhaupt allgemein auf dem Gebiete der
Wohlfahrtspflege in mannigfacher Weise, unter Be-
nutzung ihrer Erfahrungen über die Lage der Be-
dürftigen, fördernd eingreifen und mitwirken.
Hierbei berührt sie sich nicht nur mit den anderen
Zweigen ihrer Verw und den Staatsbehörden,
sondern vor allem mit der freiwilligen
Liebestätigkeit. Und gerade mit dieser unter gleich-
wohl sorgfältiger Scheidung des beiderseitigen
Aufgabenkreises in enger Fühlung zu bleiben, ist
eine der wichtigsten, erst neuerdings in ihrem
vollen Umfange gewürdigten Pflichten der AVerw;
von besonderer Bedeutung ist namentlich das Zu-
sammengehen nach der Richtung hin, daß mehr-
fache U derselben Personen vermieden und die
vorhandenen Mittel für die wirklich Bedürftigen
in richtiger Weise verwendet werden. In ver-
waltungsrechtlicher Beziehung ist es
daher wichtig, der öffentlichen A#erw die Befug-
nis zu gewähren, von dem Stande und Umfange
der privaten APflege sich zu unterrichten. Einige
Landes Ggebungen, so Preußen §6, Würt-
temberga !4, Anhalt #7, verpflichten die
Vorsteher von Korporationen und anderen juristi-
schen Personen, den Gemeinden auf Erfordern
Auskunft über U zu gewähren, welche aus Fonds,
die unter ihrer Verw stehen, geleistet werden. In
weiterem Umfange haben aber Lübeck und
8 amburg, ersteres in dem Regl für die
Zentral ADep. v. 16. 3. 57, letzteres in dem G,
betr. die Oberaufsicht über die milden Stiftungen,
v. 16. 9. 70, angeordnet, daß alle Verwalter von
Stiftungen alljährlich ihre VerwRechnung und ein
Verzeichnis sämtlicher von ihnen unter-
stützten Personen und der gewährten Beträge ein-
zureichen haben; aus letzteren wird ein Gene-