Abgaben 11
verzeichnenden Katastern, sondern allgemein in
den für die einzelnen steuererregenden Vorkomm-
nisse festgestellten Tarifen enthalten ist.
Die St der ersten Art sind die direkten
Steuern, jene der zweiten Art die indi-
rekten Steuern.
Die Konskription der St Pflichtigen in den Ka-
tastern und Rollen der direkten St kann er-
folgen: 1. in der Art, daß ein Verzeichnis der nach
dem Gesamtbetrag ihres Einkommens Leistungs-
fähigen hergestellt wird (lallgemeine Ein-
kommen St), oder 2. in der Art, daß eine Zu-
sammenstellung der nach dem Gesamtstand ihres
Bermögens als leistungsfähig Erachteten stattfindet
mit der Maßgabe, daß danach die gesamte direkte
St Pflicht bemessen wird (allgemeine Ver-
mögens St), oder daß nur eine ergänzende
Weiterbesteuerung des Besitzes neben der allge-
meinen Einkommen St zum Zweck der stärkeren
Heranziehung des fundierten Einkommens be-
zweckt wird kergänzende Vermögens-
St, auch kurzweg Ergänzungs St ge-
nannt), oder 3. in der Art, daß die einzelnen Er-
tragsquellen für sich erforscht und in ihren die Be-
steuerungsgrundlagen bildenden Größenverhält-
nissen nach Maßgabe ihrer Verteilung auf die einzel-
nen beteiligten Personen verzeichnet werden, wo-
bei demgemäß auf die Gesamtverhältnisse der
StPflichtigen nicht Rücksicht genommen wird
(Ertragssteuern).
In den beiden letzten Jahrzehnten hat sich nach
dem Vorgang der Reform der direkten St in
Preußen in der Vertretung der verschiedenen Arten
der direkten St unter den Einnahmen der einzelnen
Bundesstaaten eine wesentliche Veränderung er-
geben. Während vorher in der Hauptsache die
Ertrags St ausgebildet waren und daneben nur
in einzelnen Staaten (insbesondere von den grö-
ßeren in Preußen und Sachsen) eine mehr oder
minder durchgebildete Einkommen St bestand,
haben jetzt die Ertrags St ihre Bedeutung als
Staats St teils ganz verloren, oder besitzen doch
solche als Versuch einer ergänzenden Besitz= und
qualifizierten Erwerbs-Belastung nur noch in sehr
eingeschränktem Maße. Die heute als Ziel der
Entwicklung der direkten Besteuerung ersichtliche
Gestaltung in den deutschen Einzelstaaten ist in der
Einschränkung derselben auf eine allgemeine Ein-
kommen St und eine diese ergänzende Vermögens-
besteuerung gegeben. Als Durchgangsgebilde ist
eine Kombination der Einkommensbesteuerung mit
reduzierter Ertragsbesteuerung vertreten, so na-
mentlich in Württemberg und Elsaß-Lothringen:
auch die beabsichtigte bayerische St Reform soll nach
den bezüglichen Regierungsvorlagen sich in dieser
Richtung bewegen. Baden hat den Uebergangs-
Fustand überwunden und ist zu dem einfachen
Hreußischen System übergegangen, das auch in
Sachsen — abgesehen von Aufrechterhaltung be-
Londerer Grundbesteuerung — maßgebend ist. —
Einen guten Ueberblick über die tatsächliche Ver-
tretung der verschiedenen direkten Staats St bietet
bie jährlich vom Kaiserl. statistischen Amt veröffent-
lichte Statistik der Finanzen des Reichs und der
Bundesstaaten.
ei den indirekten St beruhen die ein-
zelnen tatsächlichen Vorgänge, welche zur Ein-
setzung der StForderung Anlaß geben, auf dem
Gebrauch und Verbrauch gewisser ausländischer
Waren (Zölle) oder dem Verbrauch gewisser
im Inland erzeugter Artikel [Verrbrauchs St).
Bereinzelte, aber häufig wiederkehrende Vorgänge
der Bedarfsbeschaffung werden vom Staat zu
minimalen einzelnen StForderungen benützt.
Mehr konzentriert tritt letztere auf, wenn größere
Vorgänge im Verkehrsleben (Besitzübertragung,
Erbgang) zur Einsetzung der staatlichen St Forde-
rung benützt werden (Verkehrs St). Von
diesen St trägt die Erbschafts St, die tatsächlich eine
intermittierende Vermögens St ist, materiell den
Charakter einer direkten St; gleiches gilt von der
formell auf Grund einer stempelsteuerpflichtigen
Ausfertigung ausgestalteten Reichs-Tantiemen St
der Finanzreform von 1906 und der sog.Talonsteuer
wie auch von der für 1912 in Aussicht genommenen
Wertzuwachssteuer der Finanzreform von 1909.
Einige Annäherung an das System der direkten St
zeigt sich auch bei der letzten, für die deutsche Reichs-
und Staatsbesteuerung übrigens sehr wenig be-
deutungsvollen Gruppe der indirekten St (Lu-
xus St), zu welchen jedoch nebenbei das auf Ver-
minderung der Stobickte gerichtete polizeiliche
Bestreben Anlaß geben kann. Bei diesen St ist
zwar die vorgängige Anfertigung eines Verzeich-
nisses der St Pflichtigen — wenigstens teilweise —
möglich; aber die geringfügigen Besitzobickte, um
welche es sich in Deutschland handelt (im Reich
Automobile, in einigen der größeren Staaten insb.
Hunde, sind keine Ertragsquellen. Der Besitz eines
vereinzelten Gebrauchsgegenstandes begründet hier
die St Pflicht ähnlich wie der Bezug eines solchen,
falls er zollpflichtig, aus dem Auslande.
In der Finanzwissenschaft ist die vorstehende Auf-
fassung des Unterschiedes von direkten und indi-
rekten St bestritten; vielfach macht sich die andere
Auffassung geltend, direkte St seien diejenigen,
welche unmittelbar von den Personen erhoben
werden, die sie tragen sollen, indirekte St die-
jenigen, die von anderen Personen erhoben werden,
denen es dann überlassen bleibt, die St unmittelbar
oder mittelbar von jenen ersetzen zu lassen, welche
dieselbe schließlich tragen sollen.
Diese finanzwissenschaftliche Kontroverse ist hier
nicht weiter zu verfolgen; es genüge darauf hin-
zuweisen, daß die letzterwähnte Unterscheidung
besser als eine Gegenüberstellung der „direkt ge-
zahlten“ und der „indirekt gezahlten“ St aufsge-
faßt wird.
Verwaltungsrechtlich ist die Unterscheidung der
direkten und der indirekten St im Sinne von
Kataster St einerseits, Tarif St andererseits emp-
fehlenswert, da die Auseinanderhaltung direkt und
indirekt „gezahlter"“ St wichtige zweifellos einheit-
liche St Arten zerreißt. (Zoll gezahlt für eigenen
Bedarf wäre direkte St, für fremden Bedarf in-
direkte St). Ausschlaggebend ist, daß die befür-
wortete Unterscheidung mit dem System der deut-
schen Staatshaushaltsetats und mit der staats-
rechtlichen Bedeutung der Unterscheidung von
direkten und indirekten St übereinstimmt.
Im Reichsetat ist von direkten und indirekten
St allerdings überhaupt nicht die Rede; doch hat
dies seinen Grund darin, daß direkte St im enge-
ren formellen Sinn dem Reich auch jetzt nicht zu-
stehen, da die Erbschafts St zwar materiell wie eine
fortlaufende direkte Vermögens St wirkt, formell
aber, weil anknüpfend an den Vermögensverkehr
von Todes wegen, als indirekte St zu betrachten ist.