Arzneimittel (Verkehr außerhalb der Apotheken)
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Gewerbeordnungsnovelle v. 6. 8. 96 (§5 35 Abf 6)
für das ganze Deutsche Reich eingeführt; in ein-
zelnen Bundesstaaten war dies allerdings schon
vorher durch Landes-Gesetzgebung (in Preupen
durch Bezirks Pol B) geschehen. «
Die Mißstände, die sich sehr bald nach der Frei-
gabe einer großen Anzahl von A auf dem Gebiete
des Drogenhandels bemerkbar machten, haben
dann alle Bundesstaaten veranlaßt, landesgesetz-
liche Bestimmungen über deren Betrieb zu treffen,
die sich nicht nur auf die Aufbewahrungsart (Be-
zeichnung und Beschaffenheit und Aufstellung der
Aufnahmebehälter) und Beschaffenheit der A,
sondern auch auf die Beaufsichtigung des Gewerbe-
betriebs (s. später) erstrecken. Als Muster für diese
Vorschriften haben die in Preußen erlassenen
gedient, für die jetzt der Min E v. 13. 1. 10 maß-
gebend ist, der die Grundlage für die in allen
eeg Bezirken erlassenen Pol V gebildet hat. Er
schreibt vor: Einreichung eines Lageplans mit
genauer Angabe der Betriebsräume (Verbot an-
derer als der bezeichneten Räume als Betriebs-,
Vorrats- oder Arbeitsräume); Ordnung und Sau-
berkeit in allen Betriebsräumen; dichte, feste,
mit gut schließenden Deckeln versehene, deut-
lich bezeichnete (doppelt, deutsch und latei-
nisch) und ordnungsmäßig aufgestellte (alpha-
betisch, übersichtlich und in Gruppen geordnet)
Behältnisse; echte, brauchbare, unverdorbene, un-
verfälschte und nicht verunreinigte Beschaffenheit
der AWaren; sauber gehaltene Geräte sowie be-
sondere Gerätschaften für etwa vorrätig ge-
haltene giftige Stoffe usw. In Bayern sind
derartige Vorschriften durch die Kgl V v. 19. 3. 01,
in Württemberg durch die V v. 10. 7. und
1. 8. 00, in Hessen durch V v. 20. 3. 05 nebst
Ausführungs Anw v. 24. 3. 05 erlassen. Sie gelten
überall nur für den Kleinhandel, der
Großhandel ist darin ebenso wie bei der
Kaiserlichen V unberücksichtigt gelassen. Was un-
ter Großhandel zu verstehen ist, darüber herrscht
in den Urteilen der höchsten Gerichtshöfe nicht
völlige Uebereinstimmung; im allgemeinen werden
aber als Merkmale desselben angesehen: Handel
zwischen Verkäufer und Zwischenhändler zur
Weiterveräußerung oder zum handwerks= oder
fabrikmäßigen Verbrauch, Abgabe in größeren
Mengen (unter Berücksichtigung der besonderen
Umstände des Einzelfalles) und zu ermäßigten
Preisen, während unmittelbarer Absatz an den
Konsumenten in der Regel als Kleinhandel zu
erachten ist.
Der Handel mit Aim Umherziehen
ist nach § 56 Abs 2 Nr. 9 der GewO grundsätzlich
verboten; Zuwiderhandlungen werden nach # 148,
Nr. 7a mit Geldstrafe bis zu 150 Mark bestraft.
Dieses Verbot erstreckt sich nicht bloß auf die in
der Kaiserlichen V aufgeführten Stoffe, sondern.
auf alle Mittel, denen eine Heilwirkung beigelegt
wird und die nach der Wissenschaft und Praxis
geeignet sind, Krankheiten oder körperliche Leiden
zu heilen und zu lindern (Ke und O#).
#a 4. Beaufsichtigung und Strafbestimmungen.
Untersagung des Betriebes. Die Beaufsichti-
gung des ApHandels außerhalb der Ap liegt in
allen Bundesstaaten den Orts Pol Behörden un-
ter Mitwirkung der Medizinalbeamten ob und
ist durch landesgesetzliche Vorschriften geregelt.
Diese Regelung ist meist gleichzeitig mit den Vor-
schriften über den Betrieb (s. § 3) erfolgt; außer-
dem ist den Medizinalbeamten in ihren DienstAnw
die Ueberwachung des Drogenhandels noch beson-
ders zur Pflicht gemacht. Diese Ueberwachung
erfolgt hauptsächlich durch unvermutete
Besichtigungen der betreffenden Hand-
lungen, die von der Orts Pol Behörde unter Zu-
ziehung des zuständigen beamteten Arztes sowie
erforderlichenfalls (bei großen Geschäften) unter
Beihilfe eines ApBesitzers oder Nahrungsmittel-
chemikers vorgenommen werden. Apßesitzer dür-
fen an ihrem Wohnorte jedoch nur dann als Re-
visoren zugezogen werden, wenn der Ort mehr als
20 000 Einwohner hat und die zu besichtigende
Handlung nicht als Konkurrenzgeschäft des be-
treffenden Ap Besitzers anzusehen ist. Die nicht
unberechtigten Bestrebungen der Drogisten auf
Mitwirkung eines geeigneten Drogisten an Stelle
eines Apr haben bisher bei den Reg kein Entgegen-
kommen gefunden. Die Leitung der Besichtigun-
gen liegt dem beamteten Arzte ob, der übrigens
vielfach, besonders bei Materialwarenhandlungen,
die nur wenige A führen, die Besichtigungen allein
vornimmt, ein Verfahren, das jedoch überall da
nicht am Platze ist, wo sich möglicherweise eine
Durchsuchung von Privaträumen, eine Beschlag-
nahme oder Einziehung unbrauchbarer oder vor-
schriftswidrig feilgehaltener A als notwendig her-
ausstellen könnte, denn hierzu ist die Mitwirkung
eines Vertreters der Orts Pol Beh, der zugleich
Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft ist, erforder-
lich. Bei den Besichtigungen, die sich nicht nur auf
die Verkaufsstellen und die dazu gehörigen Vor-
rats= und Verkaufsräume, sondern auch auf das
Geschäftszimmer des Inhabers zu erstrecken haben,
ist festzustellen, ob die Bestimmungen der geltenden.
Kaiserlichen B eingehalten sind, nicht etwa A auf
ärztliche B angefertigt oder zum Gebrauche für
Tiere freigelassene A für Menschen abgegeben
werden, ob die landesgesetzlichen Vorschriften über
Aufbewahrung, Aufstellung, Bezeichnung und Be-
schaffenheit der A beachtet sind, die vorgeschriebene
Anzeige des Geschäftsbetriebes erstattet ist und die
Art der Bezeichnung des Geschäftes (Firmenschild)
den Bestimmungen des Gesetzes zum Schutze des
Roten Kreuzes nicht etwa widerspricht, oder eine
solche ist, daß dadurch der Glaube erweckt werden
könnte, die Handlung sei eine Ap. Der Zusatz
„Apotheker“ (bei Apr als Geschäftsinhaber) ist aber
nur dann als unzulässig zu erachten, wenn andere
Bezeichnungen (z. B. „Medizinalhandlung“", „A-
Waren"), die den Charakter einer Drogen-
handlung klar erkennen lassen, fehlen (O##).
Die vorrätig gehaltenen A und Atoffe sind auf
ihre Güte, Echtheit und Brauchbarkeit zu prüfen,
jedoch ohne besondere chemische und physikalische
Prüfung, wie denn überhaupt die Anforderungen
an ihre Beschaffenheit nicht so hoch zu stellen sind
wie in den Ap. Besondere Aufmerksamkeit ist den
sogenannten Drogenschränken zuzuwen-
den, die namentlich auf dem Lande außerordentlich
verbreitet sind. Sie werden mit abgefaßten A
1) In Bayern ist den Drogenhändlern durch # 9 der
B v. 15. 8. 01 der Gebrauch von Titeln und Bezeichnungen,
die zu der Annahme führen können, daß es sich um einen
ApBetrieb handle, grundsätzlich verboten; hier darf sich also
ein approbierter Apr im Geschäftsverkehr als Inhaber eines
Drogengeschäfts keinesfalls als „Apotheker“ bezeichnen.