Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Arzt (Ausbildung) 
227 
  
schen Jahr, das sich in der Regel unmittelbar an 
die Pr anschließen soll, nichts entgegensteht. 
Während dieses Jahres hat sich der Kandidat an 
einer Universitätsklinik, Universitätspoliklinik oder 
an einem dazu besonders ermächtigten Kranken- 
hause, einem medizinischen, nicht klinischen Uni- 
versitätsinstitute oder dazu ermächtigten selbstän- 
digen medizinisch-wissenschaftlichen Institute, so- 
wie an einer dazu ermächtigten Akademie für 
praktische Medizin innerhalb des Deutschen Reiches 
unter Aufsicht und Anleitung des Direktors oder 
ärztlichen Leiters zu beschäftigen und von dieser 
Zeit mindestens ein drittel Jahr vorzugsweise der 
Behandlung der inneren Kr zu widmen. Die 
Wahl der Anstalt steht ihm frei, ein mehr als zwei- 
maliger Wechsel ist jedoch nur mit Genehmigun 
der zuständigen ZBeh zulässig. Desgleichen da 
die Beschäftigung an den Universitäts-Polikliniken 
und den nichtklinischen Instituten nur auf die Ge- 
samtdauer von höchstens 8 Monaten angerechnet 
werden. Der Kandidat soll innerhalb dieser Zeit 
seine praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten ver- 
tiesen und fortbilden, sowie ausreichendes Ver- 
ständnis für die Aufgaben und Pflichten des ärzt- 
lichen Berufes erhalten. In welcher Weise dies 
zu geschehen hat, darüber ist von allen ZBeh nach 
zuvoriger Vereinbarung eine im Wortlaut über- 
einstimmende Anweisung erlassen (z. B. in 
Preußen unter dem 7. 6. 08, in Bayern unter 
dem 30. 6. 08, in Württemberg unter dem 15. 7. 
08, in Baden unter dem 21. 6.08). Desgleichen wird 
alljährlich ein Verzeichnis der zur Annahme von 
Praktikanten besonders ermächtigten 1) Krankenan- 
stalten und Institute im Zentralblatt für das Deut- 
sche Reich veröffentlicht und jedem Praktikanten 
nach Beendigung der Pr zugestellt; das Verzeichnis 
enthält auch nähere Angaben über das hauptsäch- 
liche Arbeitsgebiet der Anstalten, die Namen ihrer 
ärztlichen Leiter, die Bettenzahl (nicht unter 50), 
die dem Praktikanten gewährten Vergünstigungen 
usw. Nach Beendigung seiner Beschäftigung ist 
dem Praktikanten von den Direktoren, ärztlichen 
Leitern usw. der betreffenden Anstalten ein Zeug- 
nis auszustellen, in dem die Art seiner Tätigkeit 
eingehend zu würdigen ist ). Auf Grund dieses 
Zeugnisses bezw. dieser Zeugnisse wird dem Prak- 
tikanten dann die Approbation von der 
zuständigen ZBeh erteilt, vorausgesetzt, daß nach 
der von ihr gewonnenen Ueberzeugung der Prak- 
tikant durch seine Beschäftigung während des prak- 
tischen Jahres den gestellten Anforderungen ent- 
sprochen hat, andernfalls hat er diese Beschäfti- 
gung noch für einen von ihr zu bestimmenden Zeit- 
raum fortzusetzen. Die Erteilung der Appr darf 
von der vorherigen akademischen Doktorpromotion 
nicht abhängig gemacht werden (529 Abs 1 GewO); 
siehe auch nachstehend § 3. Die Namen der 
Approbierten müssen alljährlich von der Behörde, 
welche die Appr erteilt, im RüAnz und in den 
Zentralorganen der einzelnen Bundesstaaten be- 
kanntgegeben werden (5 29 Abs. 2 GewO und 
Bf#eschl v. 8. 11. 71 u. 8. 12. 81). 
) Die Ermächtigung wird vom erKt in Uebereinstimmung 
mit der für die Anstalt usw. zuständigen ZBeh erteilt. 
2) Das zweite Halbjahr der einjährig-freiwilligen Dienst- 
zeit beim Militär kommt für Anrechnung des praktischen 
Jahres nicht in Frage, da dieses erst noch Erlangung der 
Appr absolviert werden kann. 
  
  
  
  
e) Approbation ohne Prüfung. 
Eine solche kann nach §3 29 Abs 4 wegen wissen- 
schaftlich erprobter Leistungen erteilt werden, 
nach dem B#eschl v. 9. 12. 69 jedoch nur dann, 
wenn der Betreffende nachweist, daß ihm von 
seiten eines Staates oder einer Gemeinde amt- 
liche Funktionen übertragen werden sollen. Ueber 
die Gesuche entscheidet die Landes ZBeh nach 
Einholung eines Gutachtens einer PrKommission 
für Aerzte, der es überlassen bleibt, ihre Informa- 
tion durch ein mit dem Antragsteller abzuhaltendes 
Kolloquium zu ergänzen. Handelt essich jedoch um 
Dispensation eines als Lehrer an eine Universität 
zu berufenden Gelehrten, so erfolgt die Entsch ohne 
Mitwirkung der PrKommission. Auch Ausländern 
kann die Appr ohne Pr erteilt werden, vorausge- 
setzt daß die vorher erwähnten Vorschriften des 
Beschl v. 9. 12. 69 erfüllt sind. 
Nach § 29 Abs 5 Gew) gelten außerdem Per- 
sonen, die bereits vor Geltung der GewdO die Be- 
rechtigung zum Gewerbebetriebe als „Arzt“ er- 
langt haben, als für das ganze Reich approbiert. 
Damit sind die in einzelnen Bundesstaaten, z. 
B. in Preußen damals noch vorhandenen Wund- 
ärzte 1. Klasse zu vollberechtigten, für das ganze 
Deutsche Reich approbierten A. geworden, wie 
dies ausdrücklich durch Min E v. 24. 2. 72 aner- 
kannt ist. Inzwischen dürfte übrigens diese Kate- 
gorie von A. ausgestorben sein. 
#i#3. Doktorpromotion. Im Gegensatz zu früher 
erfolgt jetzt die Erlangung der medizinischen Doktor- 
würde nicht vor, sondern erst nach der Appr; In- 
länder sollen überhaupt zur Doktorpromotion erst 
ugelassen werden, nachdem sie als A. approbiert 
sind. Irgend welche praktischen Folgen hat die 
medizinische Doktorwürde für die öffentlich-recht- 
liche Stellung der A. nicht; wenn die meisten A. 
trotzdem Wert auf ihre Erlangung legen und sich 
den dafür vorgeschriebenen Bedingungen unter- 
werfen, so geschieht dies hauptsächlich mit Rücksicht 
auf ihre spätere Stellung dem Publikum gegen- 
über, das noch immer im A. den „Doktor“ sieht, 
teils aber auch mit Rücksicht darauf, daß für manche 
Stellungen, z. B. als Universitätslehrer oder 
Assistent bei den Universitätsinstituten, insbeson- 
dere aber für die Zulassung zur staatsärztlichen 
r in fast allen Bundesstaaten der Nachweis der 
Promotion verlangt wird (s. § 4). Während bis 
zum Jahre 1900 die Vorschriften für die medizini- 
sche Doktorpromotion bei den einzelnen Univer- 
sitäten sehr verschieden waren, sind sie jetzt durch 
Vereinbarung zwischen den beteiligten deutschen 
BundesReg geregelt und die Grundzüge dieser 
Promotionsordnung im Rünz v. 31. 
10. 00 bekanntgegeben. Danach darf die medizi- 
nische Doktorwürde nur auf Grund einer durch 
Druck veröffentlichten, selbständig und in deutscher 
Sprache verfaßten Dissertation und einer münd- 
lichen Pr verliehen werden; eine Promotion in 
absentia findet unter keinen Umständen mehr 
statt. Die mündliche Pr besteht bei Inländern 
und Ausländern, welche die Appr für das Deutsche 
Reich erlangt haben, in einem einfachen Kolloquium 
vor dem Dekan und zwei gewählten Mitgliedern 
der medizinischen Fakultät; Ausländer, sowie 
in besonderen Ausnahmefällen auch Inländer, 
die jene Appr nicht besitzen, haben dagegen 
das Examen rigorosum abzulegen, das in einem 
theoretischen (Pr in Anatomie, Physiologie, 
15 * 
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.