Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Arzt 
  
pathologischer Anatomie einschließlich der allge- 
meinen Pathologie und Hygiene) und prak- 
tisch-klinischen Teil (Pr in der inneren Med, 
Chirurgie, Geburtshilfe und Gynäkologie) zerfällt. 
Vorbedingung zur Zulassung ist mindestens Reife- 
zeugnis von einem deutschen Realgymnasium oder 
Oberrealschule, 5jähriges medizinisches Studium 
und davon mindestens ein Halbjahr bei derjenigen 
deutschen Universität, bei der die Promotion er- 
folgen soll. Bei Nichtbestehen der mündlichen Pr 
kann eine Wiederholung frühestens nach drei 
(Kolloquium) oder sechs Monaten (Rigorosum) 
erfolgen. Der Promotionsak i ist erst nach 
der durch Druck bewirkten Veröffentlichung der 
Dissertation und nach bestandener mündlicher Pr 
zulässig; öffentliche Disputationen sind nur noch 
an einigen Universitäten üblich. Die Gebüh- 
ren der Promotion schwanken zwischen 300—440 
Mark, falls nur Kolloquium stattfindet, und 450 
bis 660 Mark, falls das Examen rigorosum erfor- 
derlich ist. Dazu kommen noch die Kosten für den 
Druck der Dissertation, von der 200—250 Exem- 
plare an die betreffende medizinische Fakultät ein- 
zusenden sind. 
Istdie medizinische (oder auch eine andere)tDoktor- 
würde außerhalb des deutschen Reiches er- 
worben, so bedarf es zur Führung des betreffen- 
den Titels der Genehmigung der zuständigen 
ZBeh (in Preußen Kgl V v. 7. 4. 97, in Bayern 
Allerh. V v. 12. 7. 01, in Sachsen V v. 27. 12. 78 
u. 14. 7. 97, Württemberg Erl v. 13. 11. 99, 
Elsaß-Lothringen V v. 3. 10. 02). Ueber die un- 
berechtigte Führung des medizinischen Doktor- 
titels siehe später § 8. 
#§s 4. Staatsärztliche Prüfung. In fast allen 
Bundesstaaten ist die Anstellung der staatlichen 
GesBeamten und besonderen Gerichts A., in eini- 
gen Bundesstaaten (Sachsen, Württemberg, Ba- 
den und Hessen) auch die der Direktoren von 
Staatsirrenanstalten oder der A. an Zentralstraf- 
anstalten von dem Bestehen einer besonderen, der 
sogenannten staatsärzlichen Pr abhängig gemacht, 
deren Vorschriften von den einzelnen LandesReg 
getroffen sind, und die demzufolge mehrfach vonein- 
ander abweichen. Diese Abweichungen sind jedoch 
nicht mehr erheblich, seitdem die betreffenden 
Pr Ordnungen vielfach neu erlassen und hierbei 
die früher bezw. jetzt für Preußen geltenden Vor- 
schriften fast überall zum Muster genommen oder 
überhaupt eingeführt sind. Die Pr findet in der 
Regel vor einer am Sitz der ZBeh gebildeten be- 
sonderen Prüfungskommission statt, de- 
ren Vorsitzender und Mitglieder meist der der ZBeh 
beigegebenen technischen Kollegialbehörde ange- 
hören. Zulassungsbedingungen sind 
fast überall: Appr als A., mindestens 2jährige (in 
Preußen 3jährige) praktische Tätigkeit als solcher 
nach Erlangung der Appr, Besitz der medizinischen 
Doktorwürde (nur in Baden nicht verlangt), Besuch 
einer Vorlesung über gerichtliche Med, mindestens 
sechsmonatige Teilnahme an einer psychiatrischen 
Klinik als Praktikant, sowie Teilnahme an je einem 
mindestens dreimonatigen pathologisch-anatomi- 
schen, hygienisch-bakteriologischen und gerichtlich- 
medizinischen Kursus. Die Pr selbst besteht aus 
einem schriftlichen und einem mündlich-praktischen 
Teil. In dem ersteren hat der Kandidat zwei wissen- 
schaftliche Arbeiten, je eine aus dem Gebiete der 
öffentlichen GesPPflege und aus dem Gebiete der 
  
  
gerichtlichen oder versicherungsgerichtlichen Med 
zu liefern, während die meist nach dem Bestehen 
der schriftlichen Pr abzulegende praktisch-mündliche 
die Abschnitte: Med Gesetzgebung und Med Verw 
(einschließlich Kranken-, Unfall- und Invaliditäts= 
versicherung), öffentliche Ges Pflege (einschließlich 
hygienische Bakteriologie), gerichtliche Med und 
gerichtliche Psychiatrie (einschl. Strafgesetz= und 
Bürgerliche Gesetzgebung) umfaßt. Beim Nicht- 
bestehen der Pr kann diese wiederholt werden: 
eine zweite Wiederholung ist nicht gestattet. Das 
Befähigungszeugnis wird nach bestandener Pr 
von der ZBeh ausgefertigt. Die vorstehenden 
Bedingungen entsprechen denen der preußi- 
schen Prordnung für Kreisärzte v. 24. 6. 09; 
fast wörtlich damit übereinstimmend sind die gel- 
tenden Vorschriften für Bayern (Pr Ordnung 
v. 7. 11. 08); nur in Einzelheiten weichen diejeni- 
gen für Sachsen (v. 16. 3. 96), Württemberg 
(v. 17. 7. 76 nebst Ergänzungen v. 20. 4. und 
15. 5. 88), Baden (v. 19. 8. 96), Hessen (v. 29. 
12. 83) und Elsaß-Lothringen (v. 26. 9. 85) ab. 
Die Prüfungsgebühren betragen in 
Preußen und Bayern: je 110 Mark, in Sachsen: 
75 Mark, in Württemberg: 30 Mark, in Baden: 
45 Mark, in Elsaß-Lothringen: 78 Mark. 
5. Spezialärztliche Prüfungen; ärztliches 
Fortbildungswesen. Abgesehen von der Pr für 
Zahnärzte [#Zahnärztes und der in einzel- 
nen Bundesstaaten z. B. Preußen vorgeschriebe- 
nen Pr für homöopathische A. behufs Erlangung 
des Selbstdispensierrechtes von homöopathischen 
Arzneien [UApothekenwesen 3# 121 sind 
im Deutschen Reiche keine besonderen ärztlichen 
Pr, insonderheit nicht solche für Spezial- 
ärzte vorgesehen. Von verschiedenen Seiten ist 
zwar für diese eine besondere Pr verlangt, der 
XX. Aerztetag (1892) hat aber die Einführung 
einer solchen ausdrücklich für nicht erforderlich 
erklärt, ein Standpunkt, den bisher auch die 
Bundes Reg eingenommen haben. 
Während das Reich und die Einzelstaaten durch 
entsprechende Vorschriften und Einrichtungen in 
ausreichender Weise für eine gründliche Ausbil- 
dung der A. Fürsorge getroffen haben, sind von 
diesen selbst im Deutschen Reiche Einrichtungen 
geschaffen, durch die ihnen nach der Appr geeig- 
nete Gelegenheit zur ständigen Fortbildung 
gegeben wird. Diesem Zwecke dienen in erster 
Linie die an allen Universitäten abgehaltenen 
Ferien= und Fortbildungskurse, um 
deren Abhaltung sich namentlich das im Jahre 1901 
ins Leben gerufene Zentralkomitee für 
das ärztliche Fortbildungswesen 
ein großes Verdienst erworben hat. Seinen Sitz 
hat dieses Komitee in dem am 1. 3. 06 eröffneten, 
durch freiwillige Beiträge Privater errichteten und 
mit reichen Lehrmitteln ausgestatteten „Kai- 
serin -Friedrich-Haus“ zu Berlin, in 
dem alle Fäden des Fortbildungswesens zusam- 
menlaufen und von dem aus die inzwischen ge- 
bildeten zahlreichen örtlichen Komitees jede nur 
mögliche Anregung, Förderung und Unterstützung 
erfahren. In ihm hat auch der am 15. 3. 08 ge- 
gründete Reichsausschuß für das ärztliche 
Fortbildungswesen seine Geschäftsstelle, der die 
Bildung von Landeskomitees bezweckt und be- 
sonders den Landärzten die Teilnahme an den 
Fortbildungskursen mit Hilfe von Staatszuschüs-
	        
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