228
—9 — — — — — — —
Arzt
pathologischer Anatomie einschließlich der allge-
meinen Pathologie und Hygiene) und prak-
tisch-klinischen Teil (Pr in der inneren Med,
Chirurgie, Geburtshilfe und Gynäkologie) zerfällt.
Vorbedingung zur Zulassung ist mindestens Reife-
zeugnis von einem deutschen Realgymnasium oder
Oberrealschule, 5jähriges medizinisches Studium
und davon mindestens ein Halbjahr bei derjenigen
deutschen Universität, bei der die Promotion er-
folgen soll. Bei Nichtbestehen der mündlichen Pr
kann eine Wiederholung frühestens nach drei
(Kolloquium) oder sechs Monaten (Rigorosum)
erfolgen. Der Promotionsak i ist erst nach
der durch Druck bewirkten Veröffentlichung der
Dissertation und nach bestandener mündlicher Pr
zulässig; öffentliche Disputationen sind nur noch
an einigen Universitäten üblich. Die Gebüh-
ren der Promotion schwanken zwischen 300—440
Mark, falls nur Kolloquium stattfindet, und 450
bis 660 Mark, falls das Examen rigorosum erfor-
derlich ist. Dazu kommen noch die Kosten für den
Druck der Dissertation, von der 200—250 Exem-
plare an die betreffende medizinische Fakultät ein-
zusenden sind.
Istdie medizinische (oder auch eine andere)tDoktor-
würde außerhalb des deutschen Reiches er-
worben, so bedarf es zur Führung des betreffen-
den Titels der Genehmigung der zuständigen
ZBeh (in Preußen Kgl V v. 7. 4. 97, in Bayern
Allerh. V v. 12. 7. 01, in Sachsen V v. 27. 12. 78
u. 14. 7. 97, Württemberg Erl v. 13. 11. 99,
Elsaß-Lothringen V v. 3. 10. 02). Ueber die un-
berechtigte Führung des medizinischen Doktor-
titels siehe später § 8.
#§s 4. Staatsärztliche Prüfung. In fast allen
Bundesstaaten ist die Anstellung der staatlichen
GesBeamten und besonderen Gerichts A., in eini-
gen Bundesstaaten (Sachsen, Württemberg, Ba-
den und Hessen) auch die der Direktoren von
Staatsirrenanstalten oder der A. an Zentralstraf-
anstalten von dem Bestehen einer besonderen, der
sogenannten staatsärzlichen Pr abhängig gemacht,
deren Vorschriften von den einzelnen LandesReg
getroffen sind, und die demzufolge mehrfach vonein-
ander abweichen. Diese Abweichungen sind jedoch
nicht mehr erheblich, seitdem die betreffenden
Pr Ordnungen vielfach neu erlassen und hierbei
die früher bezw. jetzt für Preußen geltenden Vor-
schriften fast überall zum Muster genommen oder
überhaupt eingeführt sind. Die Pr findet in der
Regel vor einer am Sitz der ZBeh gebildeten be-
sonderen Prüfungskommission statt, de-
ren Vorsitzender und Mitglieder meist der der ZBeh
beigegebenen technischen Kollegialbehörde ange-
hören. Zulassungsbedingungen sind
fast überall: Appr als A., mindestens 2jährige (in
Preußen 3jährige) praktische Tätigkeit als solcher
nach Erlangung der Appr, Besitz der medizinischen
Doktorwürde (nur in Baden nicht verlangt), Besuch
einer Vorlesung über gerichtliche Med, mindestens
sechsmonatige Teilnahme an einer psychiatrischen
Klinik als Praktikant, sowie Teilnahme an je einem
mindestens dreimonatigen pathologisch-anatomi-
schen, hygienisch-bakteriologischen und gerichtlich-
medizinischen Kursus. Die Pr selbst besteht aus
einem schriftlichen und einem mündlich-praktischen
Teil. In dem ersteren hat der Kandidat zwei wissen-
schaftliche Arbeiten, je eine aus dem Gebiete der
öffentlichen GesPPflege und aus dem Gebiete der
gerichtlichen oder versicherungsgerichtlichen Med
zu liefern, während die meist nach dem Bestehen
der schriftlichen Pr abzulegende praktisch-mündliche
die Abschnitte: Med Gesetzgebung und Med Verw
(einschließlich Kranken-, Unfall- und Invaliditäts=
versicherung), öffentliche Ges Pflege (einschließlich
hygienische Bakteriologie), gerichtliche Med und
gerichtliche Psychiatrie (einschl. Strafgesetz= und
Bürgerliche Gesetzgebung) umfaßt. Beim Nicht-
bestehen der Pr kann diese wiederholt werden:
eine zweite Wiederholung ist nicht gestattet. Das
Befähigungszeugnis wird nach bestandener Pr
von der ZBeh ausgefertigt. Die vorstehenden
Bedingungen entsprechen denen der preußi-
schen Prordnung für Kreisärzte v. 24. 6. 09;
fast wörtlich damit übereinstimmend sind die gel-
tenden Vorschriften für Bayern (Pr Ordnung
v. 7. 11. 08); nur in Einzelheiten weichen diejeni-
gen für Sachsen (v. 16. 3. 96), Württemberg
(v. 17. 7. 76 nebst Ergänzungen v. 20. 4. und
15. 5. 88), Baden (v. 19. 8. 96), Hessen (v. 29.
12. 83) und Elsaß-Lothringen (v. 26. 9. 85) ab.
Die Prüfungsgebühren betragen in
Preußen und Bayern: je 110 Mark, in Sachsen:
75 Mark, in Württemberg: 30 Mark, in Baden:
45 Mark, in Elsaß-Lothringen: 78 Mark.
5. Spezialärztliche Prüfungen; ärztliches
Fortbildungswesen. Abgesehen von der Pr für
Zahnärzte [#Zahnärztes und der in einzel-
nen Bundesstaaten z. B. Preußen vorgeschriebe-
nen Pr für homöopathische A. behufs Erlangung
des Selbstdispensierrechtes von homöopathischen
Arzneien [UApothekenwesen 3# 121 sind
im Deutschen Reiche keine besonderen ärztlichen
Pr, insonderheit nicht solche für Spezial-
ärzte vorgesehen. Von verschiedenen Seiten ist
zwar für diese eine besondere Pr verlangt, der
XX. Aerztetag (1892) hat aber die Einführung
einer solchen ausdrücklich für nicht erforderlich
erklärt, ein Standpunkt, den bisher auch die
Bundes Reg eingenommen haben.
Während das Reich und die Einzelstaaten durch
entsprechende Vorschriften und Einrichtungen in
ausreichender Weise für eine gründliche Ausbil-
dung der A. Fürsorge getroffen haben, sind von
diesen selbst im Deutschen Reiche Einrichtungen
geschaffen, durch die ihnen nach der Appr geeig-
nete Gelegenheit zur ständigen Fortbildung
gegeben wird. Diesem Zwecke dienen in erster
Linie die an allen Universitäten abgehaltenen
Ferien= und Fortbildungskurse, um
deren Abhaltung sich namentlich das im Jahre 1901
ins Leben gerufene Zentralkomitee für
das ärztliche Fortbildungswesen
ein großes Verdienst erworben hat. Seinen Sitz
hat dieses Komitee in dem am 1. 3. 06 eröffneten,
durch freiwillige Beiträge Privater errichteten und
mit reichen Lehrmitteln ausgestatteten „Kai-
serin -Friedrich-Haus“ zu Berlin, in
dem alle Fäden des Fortbildungswesens zusam-
menlaufen und von dem aus die inzwischen ge-
bildeten zahlreichen örtlichen Komitees jede nur
mögliche Anregung, Förderung und Unterstützung
erfahren. In ihm hat auch der am 15. 3. 08 ge-
gründete Reichsausschuß für das ärztliche
Fortbildungswesen seine Geschäftsstelle, der die
Bildung von Landeskomitees bezweckt und be-
sonders den Landärzten die Teilnahme an den
Fortbildungskursen mit Hilfe von Staatszuschüs-