Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Arzt 
  
steuerpflichtig sind (OBG 28. 11. 95). Nur in 
dem Falle, daß ein A. Inhaber einer Privat- 
kranken- usw. Anstalt 1) ist und diese zur Erzielun 
einer dauernden Einnahmegauelle betreibt, mu 
er sowohl seine Firma in das Handelsregister ein- 
tragen lassen, als Gewerbesteuer bezahlen. Dient 
die Anstalt dagegen lediglich zum Zwecke der Aus- 
übung seiner ärztlichen Tätigkeit ohne die Absicht, 
aus ihrem Betriebe einen besonderen Gewinn zu 
erzielen, so ist der A. von dieser Verpflichtung 
gleichfalls befreit (RG 4. 10. 1906, 17. 5. u. 11.6. 
1907; O#G 25. 11. 1893 u. 28. 11. 1895). 
2. Wenn auch die Ausübung der Heil- 
kunde durch die GewO (5# 1 u. 6) an sich frei- 
gegeben ist, so darf sich nach § 29 doch nur 
derjenige, der als A. approbiert ist, als A. bezeich- 
nen, seitens des Staates oder einer Gemeinde 
als solcher anerkannt und mit amtlichen Funktio- 
nen betraut werden. Dem ärztlichen Stande er- 
wachsen dadurch recht erhebliche Vorrechte (s. spä- 
ter). 5 147 Nr. 3 GewO gewährt ihm außerdem 
Schutz gegen die un berechtigte Füh- 
rung ärztlicher und arztähnlicher 
Titel; denn danach wird mit Geldstrafe bis zu 
300 Mark bestraft, wer ohne approbiert zu sein, 
sich als A. (Wund A., Augen A., Geburtshelfer, 
Zahn A. usw.) bezeichnet oder sich einen ähnlichen 
Titel beilegt, durch den der Glaube erweckt wird, 
der Inhaber desselben sei eine geprüfte „Med Per- 
son“. Der A. ist also berechtigt, sich nicht nur in 
der allgemein üblichen Weise als praktischer A., 
Wund A. und Geburtshelfer, sondern auch mit 
anderen gleichbedeutenden Titeln, z. B. Spe- 
zialist, SpezialL, Chirurg, Augen-, Ohren-, 
Frauen= usw. A., Hydropath, Homöopath usw. zu 
bezeichnen, vorausgesetzt, daß er hierbei nicht 
gegen die Grundsätze der ärztlichen Standes- 
ehre (s. § 15 und Anm. 1 auf S. 236) oder ge- 
#en 8 360 StGB (unbefugte Aneignung von 
iteln und Würden) verstößt. Ersteres würde z. B. 
der Fall sein, wenn sich Jemand als Spezial A. 
für einen Zweig der ärztlichen Wissenschaft be- 
zeichnet, ohne die dazu erforderliche spezialistische 
Ausbildung genossen zu haben (s. § 5 der Sächs. 
StandesO v. 31. 3. 06), letzteres bei Hinzufügung 
von Titeln, die besonders verliehen werden (Sa- 
nitätsrat, Med Rat, Hof A., Privatdozent, Pro- 
fessor usw., oder zu deren Führung eine besondere 
Pr vorgeschrieben ist (z. B. Doct. med. oder 
Zahn A.). Auch die Bezeichnung „Spezial A. für 
Zahn= und Mundkrankheiten“ ist für einen A., 
der die Pr als Zahn A. nicht bestanden hat, nur 
mit dem Zusatz: „nicht Zahn A.“ zulässig. 
Ueber die Frage, welche Titel und Bezeich- 
nungen als arztähnliche aufzufassen und 
demzufolge nichtapprobierten Personen zu führen 
verboten sind, liegen zahlreiche Entsch der höchsten 
Gerichtshöfe vor, von denen hier nur einige an- 
geführt werden können. So ist der „Doktor- 
tite!“ als arztähnlicher anzusehen und seine 
Führung, auch wenn er rechtmäßig im Inlande 
erworben ist, seitens nicht approbierter Personen 
strafbar, wenn nach dem Umstande des Falles 
der Glaube erweckt werden kann, der Inhaber 
sei eine geprüfte Med Person, z. B. wenn auf dem 
Schilde gleichzeitig die Behandlung von Kranken 
  
1) Für die sonstigen Bestimmungen über Konzessionie- 
ung usw. von Privatkrankenanstalten 7 Krankenanstalten. 
  
angekündigt wird oder der Titel in Verbindung 
mit anderen auf die Ausübung der Heilkunde hin- 
weisenden Bezeichnungen wie: „Dr. med.“, 
„Dtr. med.“, „Klinik von Dr. H.“, Dr. of den- 
tal surgery, Dr. chirurg. dent., Dr. Hydr. 
u#sw. (RG 9. 2. 05) gebraucht wird. Nach Ko 
2. 11. 91 und O## 25. 2. 97 ist schon die 
Bezeichnung „Dr.“ ohne Beifügung der Fakul- 
tät als arztähnlicher Titel zu erachten. Ebenso ist die 
PolBehörde berechtigt, die Führung des im Aus- 
lande erworbenen Doktortitels zu untersagen, 
wenn dieser von einer nicht dazu befugten Be- 
hörde verliehen ist. Selbst wenn die Geneh- 
migung der zuständigen ZBeh des betreffenden 
Bundesstaates zur Führung eines derartigen 
Doktortitels erfolgt ist (s. K 3), darf er nur in 
der Form, wie er bewilligt ist, geführt und ins- 
besondere nicht so abgekürzt werden, daß die Vor- 
täuschung eines „deutschen Doktortitels“ möglich 
ist. Auch der Titel „Professor“ ist in Verbin- 
dung mit Heiltheorien ein arztähnlicher (Ku# 
17. 7. 01). Ferner sind für unzulässig und straf- 
bar erklärt die Bezeichnungen: „Natur A.“, „Ope- 
rateur“, „Chirurg“, „Spezialist für bestimmte Kr“, 
„Naturheilspezialist für Lungentuberkulose, amtlich 
eingetragen“, „Assistent“ (K# 20. 4. 95 u. 20. 4. 
97), „Hosp. med.“, „Hydropath“, „Homöopath“, 
„Magnetopath“, „praktischer Naturheilkundiger“, 
„praktischer Vertreter der arzneilosen Heilkunde“, 
„Mitglied des deutschen Naturarztverbandes“, 
„Kassenarzt", „Vereinsarzt“, „Aerztlicher Ver- 
einsberater", „Vertreter des HofA. Dr. H“. 
Auch die Bezeichnung eines Schriftstückes als 
„ärztliches Zeugnis“ ist nach dem Urt. d. Kö 
v. 28. 6. 04 als Zuwiderhandlung gegen 7# 147 
Gewe zu betrachten, selbst wenn das Wort „Arzt“ 
der Unterschrift nicht zugefügt ist. Nicht gestattet 
und ebenfalls als arztähnlicher Titel anzusehen ist 
ferner die Bezeichnung von Gewerbebe—- 
trieben in der Weise, daß dadurch der Glaube 
hervorgerufen werden kann, der Betriebsinhaber 
sei eine geprüfte Med Person, z. B. „Homöopa= 
thisches Institut“, „Naturärztliche Sprechstunde“, 
„Klinik“, „Poliklinik“. In allen diesen Fällen ist 
es gleichgültig, wem gegenüber die arztähnliche 
Bezeichnung gebraucht wird, sobald sie sich nur 
nach den obwaltenden Umständen zur Erweckung 
des Glaubens, die Person sei eine geprüfte Med- 
Person, eignet. Desgleichen ist zur Strafbarkeit 
nicht die Absicht der Täuschung und das Bewußt- 
sein der Rechtswidrigkeit erforderlich:; es genügt 
der bewußte Gebrauch der Bezeichnung auch 
ohne Verschulden, also fahrlässiges Handeln. 
Gegen die Aneignung arztähnlicher Titel kann 
in manchen Fällen auch auf Grund des # 4 des 
Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wett- 
bewerbes (jetzt v. 7. 6. 09) vorgegangen werden, 
das eine weit wirksamere Handhabe bietet, da es 
nicht nur Geldstrafen bis 3000 Mark, sondern. 
auch Gefängnisstrafen bis zu sechs Monaten vor- 
sieht; außerdem kann auf Unterlassung und 
Schadensersatz geklagt werden. Zur Stellung der- 
artiger Anträge ist sowohl jeder A., als jeder 
rechtsfähige, im Besitz von Korporationsrechten 
befindliche ärztliche Verein, also auch die AK be- 
rechtigt (R 27. 5. 05); dasselbe gilt betreffs des 
zuständigen beamteten Arztes (Ro). 
9. Ansübung der Heilkunde. Staatauf- 
sicht. 1. Nach § 29 Abs 3 Gew sind die appro-
	        
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