Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Auseinandersetzungen (Preußen) 
249 
  
von dessen Erledigung die Durchführung einer A. 
abhängt, muß — und zwar tunlich rasch — der 
endgültigen Entsch zugeführt werden. Der Betrieb 
von Amts wegen macht sich im Streitverfahren in 
der Art geltend, daß der Kommissar lediglich nach 
seinem pflichtmäßigen Ermessen die zur prozessua- 
lischen Instruktion zu stellenden Gegenstände zu 
bestimmen hat und von den Parteien die Einlas- 
sung darauf fordern darf; es ist nicht nötig, daß 
einer gegen den anderen als Kläger auftritt, viel- 
mehr muß sich jede Partei auf die zu ihrer Erklä- 
rung gestellten Punkte zur Vermeidung des Ver- 
säumnisverfahrens einlassen. Ebenso hängt der 
Fortgang des Streitverfahrens nicht von den 
Parteien ab; der Kommissar hat selbsttätig dafür 
Sorge zu tragen, daß die Gen Komm in den Stand 
esetzt werde, über den Streit den Rechten, der 
Piügten und dem Endzwecke des A-Geschäfts 
gemäß zu entscheiden 2). 
Als mit diesen Grundsätzen unvereinbar 
sind für das Streitverfahren vor den A. Behörden?) 
alle Borschriften der 8PO ausgeschlossen, 
die sich auf die VhdlMaxime, die mündliche Vhdl 
vor dem erkennenden Richter, den Parteibetrieb 
und den Anwaltszwang beziehen. Die besonderen 
agrargesetzlichen Vorschriften entgegengesetzter Ten- 
denz sind in Geltung verblieben und zu deren Er- 
gänzung aus der 8 PO nur diejenigen Vorschriften 
aufgenommen, welche mit ihren vorgedachten 
Grundsätzen nicht unmittelbar zusammenhängen 
und deshalb auch im A## ohne weiteres oder mit 
gewissen Maßgaben zur Anwendung kommen kön- 
nen. Hauptsächlich sind dies die Vorschriften über 
die Ausschließung und Ablehnung der Gerichts- 
personen, die Streitgenossenschaft, die Beteiligung 
dritter am Rechtsstreite, die Prozeßbevollmächtig- 
ten, die Verpflichtung zur Tragung der Prozeß- 
kosten, die Notfristen, die Wiedereinsetzung in den 
vorigen Stand, die Zwangsvollstreckung, — ins- 
besondere aber die Vorschriften über die Zulässig- 
keit und Wirkung der Beweismittel und über die 
Rechtsmittel. Indem über das Einzelne auf das 
Gv. 80/99 und die Bestimmungen der 8P ver- 
wiesen werden muß ), wird im folgenden das 
für A. Angelegenheiten geltende Streitverfahren 
u, in seinen Grundzügen zur Darstellung ge- 
racht. 
s# 20. Streitverfahren erster Instanz. Pro- 
zeßgericht erster Instanz ist die Gen Komm. Für 
die Vhdl mit den Parteien — die Instr des Rechts- 
streites — tritt aber an Stelle der Gen Komm der 
Kommissar. Er hat bei der A. sich ergebende 
Streitpunkte zur Instr zu ziehen, die vollständige 
Auslassung der Parteien zu erfordern, den nötigen 
Beweis zu erheben und überhaupt die Sache für 
die richterliche Entsch vorzubereiten. — Hin- 
sichtlich des Beweisverfahrens gelten besondere 
Vorschriften über Auswahl und Bestimmung der 
Sachverständigen und Prüfung ihrer Gutachten. 
Bei landwirtschaftlichen Gegenständen bedarf es 
  
  
1) Bv. 20. 6. 17 5J# 104—106; B v. 30. 6. 34 1# 17, 28. 
2) Für das Verfahren vor dem # in der Revisionsin- 
stanz gilt zum Teil Abweichendes. Vgl. unten 3 21. 
) Das Gv. 80/99 enthält überwiegend nur Maßgaben 
für die Anwendung der 8P. Eine Darstellung des Streit- 
verfahrens in der Gestalt, die es nach Einführung der 8PO, 
aber vor Erlaß der Novelle v. 1. 6. 09, erhalten hat, bei 
Sterneberg u. Peltzer 251—572. 
  
außer dem Gutachten des — technisch befähigten 
— Kommissars keines Gutachtens eines anderen 
Sachverständigen 1). Bei Streitigkeiten über die 
Bonitierung tritt ein — besonders geregeltes — 
schiedsrichterliches Verfahren ein. Ein solches kann 
auch bei anderen geeigneten Gegenständen ange- 
ordnet werden; zur Würdigung von baulichen An- 
stalten, Forsten und Torflagern für Teilungen, 
Servitut Abl und Zufl aber nur mit Einverständnis 
aller Beteiligten 2). — Zur Abfassung des Urteils 
sind die Akten vom Kommissar der Gen Komm 
einzureichen, die durch Endurteil entscheidet oder 
über die etwa erforderliche Ergänzung der Instr 
beschließt. Stets ist darauf zu sehen, daß alle 
Streitpunkte, die zu demselben Stadium des Ver- 
fahrens (Feststellung der Teilnehmungsrechte, Ab- 
findung usw.) gehören, möglichst gleichzeitig zum 
Spruche gelangen. Bei Entsch über den A. Plan 
ist die Gen Komm befugt, indem sie auf Ausfüh- 
rung erkennt, zugleich festzusetzen, daß die Aus- 
führung, ungeachtet des gegen das Urteil 
einzuwendenden Rechtsmittels, stattfinde. Die 
Entsch der Gen Komm erfolgt auf — regelmäßig 
schriftlichen — Vortrag eines vom Präsidenten zu 
ernennenden Berichterstatters. — Die Urteile 
sind von Amts wegen in Ausfertigung zuzustellens). 
Das Versäumnisverfahren bei der 
Instr eines Strcites ") findet statt, wenn der 
Termin zur Instr früher angebrachter 
Streitpunkte angestanden hat. Abweichend von 
der 3 PO bedarf es nicht nur keines Antrages 
auf Erl des Versäumnisurteils, sondern ein solches 
kann auch immer nur auf die Einleitung der 
Instr folgen; eine Versäumung bei Fortsetz- 
ung der Instr hat nur zur Folge, daß jede streitige 
Tatsache, bei deren Erörterung eine Versäumung 
eintritt, gegen den Säumigen für zugestanden oder 
nicht angebracht erachtet wird. Das auf Versäu- 
mungletzterer Art ergehende Urteil ist ein kontradik- 
torisches. Gegen ein Versäumnisurteil im Streit- 
verfahren steht der Ein spruch zu, der binnen 
zwei Wochen von der Zustellung bei der Gen- 
Kommm einzulegen und im Falle der Unzulässig- 
keit durch einen der sofortigen Beschwer- 
de unterliegenden Beschluß zu verwerfen ist?). 
5# 21. Rechtsmittel. 
1) Berufung. Gegen die in erster Instanz 
erlassenen Endurteile (lmit Ausnahme der durch 
Einspruch — 5 20 — anzugreifenden Versäumnis- 
urteile) findet die Berufung statt. Sie ist binnen 
einem Monat von der Zustellung mittels Schrift- 
satzes oder zum Prot bei der Gen Komm ein- 
zulegen, von dieser hinsichtlich der Zulässigkeit und 
nach den formellen Erfordernissen zu prüfen und 
  
  
1) B v. 20. 6. 17 1# 10# ff; 8 v. 30. 6. 34 # 17, 29, 
35; G v. 80/99 2, 12 ff, 41—43. — Vgl. Sterne- 
berg u. Peltzer 297—327, 351—10. 
2) B v. 30. 6. 834 1s 31—34; Ergänzungs G v. 2. 3. 50 
à 14; Gv. 80/99 1 95; Instr v. 12. 10. 35 (Annalen 19, 
975; Greiff'f 473). — Vgl. Sterneberg u. Peltzer 
168. Das schiedsrichterliche Verfahren nach der 8.0 findet 
in A. nicht statt (G v. 80/99 1f 95). 
2) V v. 20. 6. 17 13 104, 202—204; B v. 30. 6. 34 
5 7, 28; B v. 22. 11. 44 14 4, 6; G v. 80/99 44 47 ff. — 
Val. Sterneberg u. Peltzer 187, 188, 327—341. 
) Verschieden von dem in der Rol; val. oben 3 12. 
*) Gv. 80/99 4# 52, 54, 56. (Sterneberg u. Peltzer 
342—350.) Ueber „sofortigen Beschwerde“ val. 1 21 8 3.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.