Auseinandersetzungen (Preußen)
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von dessen Erledigung die Durchführung einer A.
abhängt, muß — und zwar tunlich rasch — der
endgültigen Entsch zugeführt werden. Der Betrieb
von Amts wegen macht sich im Streitverfahren in
der Art geltend, daß der Kommissar lediglich nach
seinem pflichtmäßigen Ermessen die zur prozessua-
lischen Instruktion zu stellenden Gegenstände zu
bestimmen hat und von den Parteien die Einlas-
sung darauf fordern darf; es ist nicht nötig, daß
einer gegen den anderen als Kläger auftritt, viel-
mehr muß sich jede Partei auf die zu ihrer Erklä-
rung gestellten Punkte zur Vermeidung des Ver-
säumnisverfahrens einlassen. Ebenso hängt der
Fortgang des Streitverfahrens nicht von den
Parteien ab; der Kommissar hat selbsttätig dafür
Sorge zu tragen, daß die Gen Komm in den Stand
esetzt werde, über den Streit den Rechten, der
Piügten und dem Endzwecke des A-Geschäfts
gemäß zu entscheiden 2).
Als mit diesen Grundsätzen unvereinbar
sind für das Streitverfahren vor den A. Behörden?)
alle Borschriften der 8PO ausgeschlossen,
die sich auf die VhdlMaxime, die mündliche Vhdl
vor dem erkennenden Richter, den Parteibetrieb
und den Anwaltszwang beziehen. Die besonderen
agrargesetzlichen Vorschriften entgegengesetzter Ten-
denz sind in Geltung verblieben und zu deren Er-
gänzung aus der 8 PO nur diejenigen Vorschriften
aufgenommen, welche mit ihren vorgedachten
Grundsätzen nicht unmittelbar zusammenhängen
und deshalb auch im A## ohne weiteres oder mit
gewissen Maßgaben zur Anwendung kommen kön-
nen. Hauptsächlich sind dies die Vorschriften über
die Ausschließung und Ablehnung der Gerichts-
personen, die Streitgenossenschaft, die Beteiligung
dritter am Rechtsstreite, die Prozeßbevollmächtig-
ten, die Verpflichtung zur Tragung der Prozeß-
kosten, die Notfristen, die Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand, die Zwangsvollstreckung, — ins-
besondere aber die Vorschriften über die Zulässig-
keit und Wirkung der Beweismittel und über die
Rechtsmittel. Indem über das Einzelne auf das
Gv. 80/99 und die Bestimmungen der 8P ver-
wiesen werden muß ), wird im folgenden das
für A. Angelegenheiten geltende Streitverfahren
u, in seinen Grundzügen zur Darstellung ge-
racht.
s# 20. Streitverfahren erster Instanz. Pro-
zeßgericht erster Instanz ist die Gen Komm. Für
die Vhdl mit den Parteien — die Instr des Rechts-
streites — tritt aber an Stelle der Gen Komm der
Kommissar. Er hat bei der A. sich ergebende
Streitpunkte zur Instr zu ziehen, die vollständige
Auslassung der Parteien zu erfordern, den nötigen
Beweis zu erheben und überhaupt die Sache für
die richterliche Entsch vorzubereiten. — Hin-
sichtlich des Beweisverfahrens gelten besondere
Vorschriften über Auswahl und Bestimmung der
Sachverständigen und Prüfung ihrer Gutachten.
Bei landwirtschaftlichen Gegenständen bedarf es
1) Bv. 20. 6. 17 5J# 104—106; B v. 30. 6. 34 1# 17, 28.
2) Für das Verfahren vor dem # in der Revisionsin-
stanz gilt zum Teil Abweichendes. Vgl. unten 3 21.
) Das Gv. 80/99 enthält überwiegend nur Maßgaben
für die Anwendung der 8P. Eine Darstellung des Streit-
verfahrens in der Gestalt, die es nach Einführung der 8PO,
aber vor Erlaß der Novelle v. 1. 6. 09, erhalten hat, bei
Sterneberg u. Peltzer 251—572.
außer dem Gutachten des — technisch befähigten
— Kommissars keines Gutachtens eines anderen
Sachverständigen 1). Bei Streitigkeiten über die
Bonitierung tritt ein — besonders geregeltes —
schiedsrichterliches Verfahren ein. Ein solches kann
auch bei anderen geeigneten Gegenständen ange-
ordnet werden; zur Würdigung von baulichen An-
stalten, Forsten und Torflagern für Teilungen,
Servitut Abl und Zufl aber nur mit Einverständnis
aller Beteiligten 2). — Zur Abfassung des Urteils
sind die Akten vom Kommissar der Gen Komm
einzureichen, die durch Endurteil entscheidet oder
über die etwa erforderliche Ergänzung der Instr
beschließt. Stets ist darauf zu sehen, daß alle
Streitpunkte, die zu demselben Stadium des Ver-
fahrens (Feststellung der Teilnehmungsrechte, Ab-
findung usw.) gehören, möglichst gleichzeitig zum
Spruche gelangen. Bei Entsch über den A. Plan
ist die Gen Komm befugt, indem sie auf Ausfüh-
rung erkennt, zugleich festzusetzen, daß die Aus-
führung, ungeachtet des gegen das Urteil
einzuwendenden Rechtsmittels, stattfinde. Die
Entsch der Gen Komm erfolgt auf — regelmäßig
schriftlichen — Vortrag eines vom Präsidenten zu
ernennenden Berichterstatters. — Die Urteile
sind von Amts wegen in Ausfertigung zuzustellens).
Das Versäumnisverfahren bei der
Instr eines Strcites ") findet statt, wenn der
Termin zur Instr früher angebrachter
Streitpunkte angestanden hat. Abweichend von
der 3 PO bedarf es nicht nur keines Antrages
auf Erl des Versäumnisurteils, sondern ein solches
kann auch immer nur auf die Einleitung der
Instr folgen; eine Versäumung bei Fortsetz-
ung der Instr hat nur zur Folge, daß jede streitige
Tatsache, bei deren Erörterung eine Versäumung
eintritt, gegen den Säumigen für zugestanden oder
nicht angebracht erachtet wird. Das auf Versäu-
mungletzterer Art ergehende Urteil ist ein kontradik-
torisches. Gegen ein Versäumnisurteil im Streit-
verfahren steht der Ein spruch zu, der binnen
zwei Wochen von der Zustellung bei der Gen-
Kommm einzulegen und im Falle der Unzulässig-
keit durch einen der sofortigen Beschwer-
de unterliegenden Beschluß zu verwerfen ist?).
5# 21. Rechtsmittel.
1) Berufung. Gegen die in erster Instanz
erlassenen Endurteile (lmit Ausnahme der durch
Einspruch — 5 20 — anzugreifenden Versäumnis-
urteile) findet die Berufung statt. Sie ist binnen
einem Monat von der Zustellung mittels Schrift-
satzes oder zum Prot bei der Gen Komm ein-
zulegen, von dieser hinsichtlich der Zulässigkeit und
nach den formellen Erfordernissen zu prüfen und
1) B v. 20. 6. 17 1# 10# ff; 8 v. 30. 6. 34 # 17, 29,
35; G v. 80/99 2, 12 ff, 41—43. — Vgl. Sterne-
berg u. Peltzer 297—327, 351—10.
2) B v. 30. 6. 834 1s 31—34; Ergänzungs G v. 2. 3. 50
à 14; Gv. 80/99 1 95; Instr v. 12. 10. 35 (Annalen 19,
975; Greiff'f 473). — Vgl. Sterneberg u. Peltzer
168. Das schiedsrichterliche Verfahren nach der 8.0 findet
in A. nicht statt (G v. 80/99 1f 95).
2) V v. 20. 6. 17 13 104, 202—204; B v. 30. 6. 34
5 7, 28; B v. 22. 11. 44 14 4, 6; G v. 80/99 44 47 ff. —
Val. Sterneberg u. Peltzer 187, 188, 327—341.
) Verschieden von dem in der Rol; val. oben 3 12.
*) Gv. 80/99 4# 52, 54, 56. (Sterneberg u. Peltzer
342—350.) Ueber „sofortigen Beschwerde“ val. 1 21 8 3.