Auswanderung
mer und Agenten zu den Auswan-
derern handeln die Abschn. 4 und 5 des G.
Die Beförderung darf nur auf Grund eines vorher
abgeschlossenen schriftlichen Vertrags ge-
schehen. Gewisse Beschränkungen der Auswanderer
bezüglich des Beförderungspreises oder solche in der
Wahl ihres Aufenthaltsorts oder ihrer Beschäfti-
gung sind unzulässig (§ 22). Verboten ist die Be-
förderung von Wehrpflichtigen, die keine Ent-
lassungsurkunde oder Bescheinigung der Ersatz-
kommission beibringen, von amtlich Verhafteten
oder Festgenommenen, von Reichsangehörigen,
für welche von fremden Regierungen, von Kolonisa-
tionsgesellschaften oder ähnlichen Unternehmungen
der Beförderungspreis bezahlt wird; die PolBe-
hörden können solche Personen am Verlassen des
Reichsgebiets, die Pol Behörden in den Hafen-
orten die Unternehmer an der Einschiffung der-
selben verhindern (IS§ 23, 24).
Besondere Vorschriften beziehen sich auf die über-
seeische A. nach außereuropäischen Ländern.
Verträge dieses Inhalts müssen auf Beförderung
und Verpflegung bis zur Landung im fremden
Ausschiffungshafen gerichtet sein und ev. auf die
Weiterbeförderung und Verpflegung bis an das
A. Ziel erstreckt werden (§ 25). Verboten ist der
Verkauf von Fahrscheinen an Auswanderer zur
Weiterbeförderung von einem übersecischen Platze
aus, sofern nicht der Unternehmer sich zugleich
zur Weiterbeförderung vom übersceischen Aus-
schiffungshafen aus verpflichtet (§ 26). Bei nicht
selbstverschuldeter Verzögerung der Beförderung
erhalten die Auswanderer vom Unternehmer ohne
besondere Vergütung Unterkunft und Verpflegung.
Uebersteigt die Verzögerung eine Woche, so kann
der Auswanderer zurücktreten und Rückerstattung
des Ueberfahrtsgeldes verlangen, das letztere auch
dann, wenn der Auswanderer oder ein ihn be-
gleitender Familienangehöriger vor der Reise
stirbt oder durch höhere Gewalt an ihrem Antritt
verhindert wird (§§# 27—29). Auch bei Unterbre-
chung der Reise durch Seeunfall oder einen an-
dern Umstand muß der Unternehmer den Aus-
wanderern Unterkunft und Verpflegung gewähren
((30). Das Auswandererschiff (Definition
837: alle nach außereuropäischen Häfen bestimmten.
Seeschiffe, mit denen, abgesehen von den Kajüts-
vassagieren, mindestens 25 Reisende befördert
werden sollen) muß seetüchtig und vorschriftsmäßig
gerichtet, ausgerüstet und verproviantiert sein; es
wird vor Antritt der Reise daraufhin amtlich geprüft
(55 33, 34); der Gesundheitszustand der Auswan-
derer und der Schiffsbesatzung wird ärztlich unter-
sucht (§ 35). Nähere Bestimmungen hierüber er-
läßt der BR. (Siehe #2 a. E. und unten Nr. 5).
3) Abschnitt 4 des G betrifft die A. Behörden.
Zur Mitwirkung bei Ausübung der dem RK in
A. Sachen zustehenden Befugnisse wird ein sachver-
ständiger Beirat gebildet, der aus dem Vorsitzen-
den und mindestens 14 (1909: 17) Mitgliedern be-
steht. Den Vorsitzenden ernennt der Kaiser, die
Mitglieder wählt der BR. Ueber die Organisation
hat der BR das oben #2 erwähnte Regl er-
lassen. In einigen Fällen muß, in andern kann
die Anhörung des Beirats erfolgen; sie muß er-
folgen vor Erteilung der Erlaubnis für solche Un-
ternehmungen, welche die Besiedelung eines be-
timmten Gebiets in überseeischen Ländern zum
Gegenstande haben, sowie im Falle der Beschrän--
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kung oder des Widerrufs der einem Unternehmer
erteilten Erlaubnis (§§ 38, 39). Zur Ueberwachung
des A.Wesens und der Ausführung der darauf
bezüglichen Bestimmungen sind an den Hafen-
plätzen, wo Unternehmer zugelassen sind, von den
Landes-eg A. Behörden zu bestellen (§ 40).
In den Hafenorten übt der Reichskanzler die Auf-
sicht über das A. Wesen durch von ihm bestellte
Kommissare (im Auslande die Konsuln) aus
(5841), deren Rechte und Pflichten im einzelnen
durch das G (541) und durch eine besondere
Instr v. 13. 5. 98 festgesetzt sind.
4) Die Durchführung des G ist durch eine Reihe
von Strafbestimmungen gesichert (§s
43—48)0, die besonders auch den Fall der Ver-
leitung von Frauenspersonen zur ô für den Zweck
der gewerblichen Unzucht treffen (bis 5 Jahre
Zuchthaus). Ueber den sog. Mädchenhandel
1Sittenpolizei.
5) Was den wesentlichen Inhalt der im #2
oben aufgezählten Ausführungsbestim-
mungen angeht, so enthalten die Bek über den
Geschäftsbetrieb der Aunternehmer und Agenten
v. 14. 3. 98, 23. 8. 03 und 3. 8.09 Einzelvorschriften
über den Inhalt der von diesen zu führenden Ver-
zeichnisse und der A. Verträge, über Beförderungs-
preis, Empfangsscheine der Agenten, Haftung der
Sicherheiten usw.; die Bek über Auswandererschiffe
ordnen Einzelheiten über deren Beschaffenheit,
Einrichtung, Ausrüstung, Verproviantierung, über
Bedienung, Krankenbehandlung, Sicherheits= und
Rettungsmaßnahmen, ärztliche Untersuchung der
Reisenden und der Schiffsbesatzung, Besichtigung
der Schiffe und Einschiffung der Auswanderer.
6) Kostenlose Auskunft erteilt die von der deut-
schen Kolonialgesellschaft eingerichtete Aus-
kunftsstelle für Auswanderer, zu deren Unter-
haltung das Reich jährlich einen Zuschuß gewährt
(1909: 45000 M). Außerdem wendet das Reich
nicht unerhebliche Mittel zur Unterstützung für hilfs-
bedürftige Reichsangehörige im Auslande und zur
Förderung des deutschen Unterrichts und anderer
gemeinnütziger Unternehmungen im Auslande
auf (1909: 850 000 M).
#§4. Positivrechtliche Beschränkungen der Aus-
— (erschöpfende Uebersicht bei Goetsch
120 ff).
A. Zuvörderst aus militärischen Grün-
den und zwar in verschiedener Abstufung:
1. a) Aktiven Militärpersonen ist die A.
überhaupt verboten, einschließlich der zum
Dienst einberufenen Reservisten, Ersatzreser-
visten, Land= und Seewehrleute für die Dauer
dieses Dienstes; die A. ist ferner verboten den vor-
läufig in die Heimat beurlaubten Rekruten und
Freiwilligen, den bis zur Entsch über ihr ferneres
Militärverhältnis zur Disposition der Ersatzbe-
hörden entlassenen Mannschaften und den vor
Erfüllung ihrer aktiven Dienstpflicht zur Disposi-
tion der Truppenteile beurlaubten Mannschaften
(RMil GG v. 2. 5. 74 §5§8 60 Abs 3, 56); verboten ist
sie endlich den Landsturmpflichtigen, sobald der
Landsturm aufgerufen ist, bis zur Auflösung des
Landsturms (G v. 11. 2. 88 a 2 4 23).
b) Beurlaubte Reserwisten, Ersatzreservisten,
Wehrmänner der Landwehr oder Seewehr 1. Auf-
gebots bedürfen zur A. der Genehmigung der
Militärbehörde; Mannschaften, welche nur zwei
Jahre bei den Fahnen zu dienen brauchen, kann