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Ausweisung
als Richtschnur für die Landesverweisung betrach-
tet werden. Wegen der Kosten vgl. auch den
Beschl B v. 8. 3. 00, pr. Min Inn v. 24. 9. 00,
Ml 232.
1. Es kann dem Ausgewiesenen zunächst über-
lassen bleiben, dem Befehl ohne Zwang nachzu-
kommen. Es kann ihm auch unter Androhung
einer Exekutivstrafe durch Aushändigung eines
sog. Zwangspasses (Reiseroute) auferlegt werden,
sich auf kürzestem Wege an die Grenzstation zu
begeben und bei der dortigen Pol Behörde, an die
die Legitimationspaviere vorausgeschickt werden,
zu melden; hierfür wird er u. U. mit ausreichenden
Reisemitteln (Fahrkarte, Schiffskarte) versehen
(V des Min Inn v. 5. 3. 02, MBl 71). Befolgt er
den Befehl nicht oder ist dies von vornherein zu
besorgen, so kann der Ausgewiesene auch festge-
nommen und durch Zwangsschub an die Grenze
gebracht werden. Hierbei können ohne weiteres
auch andere deutsche Staaten berührt werden;
deren Genehmigung bedarf es nur dann, wenn
der andere Staat beim Transport mitwirken soll
(pr. Min Inn 13. 8. 01, MBl 216, Sachsen 4.
12. 01 in Fischers Z 24, 79). Zur Schonung des
Ausgewiesenen und wegen der Kosten wird der
Transport nach Möglichkeit zu vermeiden sein.
2. Sicher gewährleistet wird die Fortschaffung
durch Transport in Verbindung mit der Ueber-
nahme durch einen andern Staat. Hier-
zu wird aber nur der Heimatstaat des Ausge-
wiesenen oder bei Heimatlosen der Staat, dem
sie früher angehört haben, gewillt sein. Die
Uebernahme im Falle einer A. ist mit der Schweiz,
den Niederlanden, Italien (irrig Heinrichs 11)
1873, Oesterreich--Ungarn (1875), Rußland (1894),
Dänemark (1873), Luxemburg (Gothaer Vt
1851/55, vgl. Seydel, Annalen 1890 S 188)
vereinbart, wird aber praktisch, soweit Gegen-
seitigkeit geübt wird, auch sonst gehandhabt,
wenngleich nicht immer auch für ehemalige
Staatsangehörige (Schweden, Rumänien; da-
gegen jetzt Norwegen, Min Inn 14. 11. 08, Ml
270). Die Geneigtheit zur Uebernahme wird
rechtzeitig vor der Uebergabe durch Verhandlung
mit dem fremden Staate festgestellt werden müs-
sen. Regel hierfür ist der diplomatische Weg, von
dem jedoch mehr und mehr zugunsten des direkten
Verkehrs abgesehen wird: unmittelbarer Schrift-
verkehr zwischen den Grenzbehörden (Niederlande,
Schweiz, Oesterreich, Rußland, Dänemark), selbst
bloß mündlicher Verkehr (Niederlande, Schweiz,
Rußland) oder Abweisung auf der ersten Eisen-
bahnstation an der Grenze (Niederlande). Den
Zeitpunkt der Uebergabe pflegt der ausweisende
Teil zu bestimmen, den Ort der Uebernahme der
andere Teil. — Eine Durchbeförderung (auf
Kosten des ausweisenden Staates) ist mit den
Niederlanden (a 13) vereinbart.
3. Die Kosten der zur Durchführung der A.
getroffenen Maßnahmen trägt die Staatskasse,
auch wenn die A. von der Ortspolizei angeordnet
ist (pr. Min Inn 20. 2. 00, Ml 137, 3. 4. 04,
Ml 120; für Bayern Seydel Stä III 28, Sach-
sen vgl. v. d. Mosel, „Schubtransport“" und
„Zwangspaß"). Führt der Transport durch meh-
rere Gliedstaaten, so hat jeder Staat die in
seinem Bereiche für die Beförderung erwach-
senen Kosten zu tragen; die Beförderung in
außerdeutsches Gebiet und auf dem Seewege
trägt bei Landesverweisungen der ausweisende
Staat, bei Reichsverweisungen endgültig das
Reich. Der Ausgewiesene ist allerdings ersatz-
pflichtig (Ersparnisse der Gefangenen, Pferde der
Zigeuner, Kaution der Saisonarbeiter!), nicht
aber der Arbeitgeber (O G 50, 258); in Staaten
mit Einwanderungsschranken, wie Verein. Staa-
ten von Amerika, auch der, der gegen das Verbot
einführt. — In den Uebernahmeabkommen pflegt
bestimmt zu sein, daß die Kosten der Beförderung
bis zum Uebernahmeorte von dem ausweisenden
Teile getragen werden.
§ 6. Die Rückkehr des Ausgewiesenen ist er-
laubt, sofern die Befristung der A. beendet ist
(oben & 4 III 2) oder die Rückkehr von der Behörde
erlaubt wird. Zuständig hierfür ist die Behörde,
die die A. angeordnet hat. Die unerlaubte Rück-
kehr, die übrigens den Erwerb des Unterstützungs-
wohnsitzes nicht hindern würde (Bundesamt für
das Heimatwesen 6, 3; 15, 140; 37, 166) ist als
„Bannbruch“ mit Haft bis zu 6 Wochen bedroht
(St GB 5 361 Ziff. 2).
Ob eine bloße Durchreise schon eine „Rückkehr“
ist, ist von Fall zu Fall zu entscheiden. Die Straf-
barkeit erfordert Vorsatz (so auch Binding); anders
die herrschende Meinung. Soweit der Tatbestand
nicht durch das St GB bedroht ist, kommen noch die
Vorschriften der Polizeistrafgesetzbücher zur An-
wendung (Bayern 28, 45, Württemberg 10 Ziff. 1,
Baden 50). Das Strafmaß des StG#B hält sich
auffallend unter der früheren preußischen Satzung
des StGB von 1861 F& 115 (3 Monate bis 2 Jahre
Gefängnis) und unter den Strafdrohungen des
Auslandes (Belgien, Luxemburg, Frankreich,
Italien, Rumänien bis 6 Monate, Schweiz bis
2 Jahre, Brasilien bis 3 Jahre Gefängnis).
Näher kommt ihnen der Vorentwurf zum SteB
6305 Ziff. 5 (Gef. bis 3 Monate). Die A. Gesetze
des Auslandes verbinden mit der Strafe die An-
ordnung der erneuten A. durch Zwangstransport.
Das wird auch in Deutschland gelten.
§+ 7. Die Aunsweisung aus den Kolonien bietet
in mehrfacher Hinsicht dem Streite Raum.
I. Bezüglich der Personen.
1. Die A. von Ausländern. Der Unter-
scheidung von Reichsverweisung und Landesver-
weisung wohnt hier nicht die gleiche Bedeutung
inne wie im Mutterlande. Das StG gilt zwar
auch in den Kolonien. Aber die Kolonien sind
nicht „Bundesgebiet“ im Sinne der NV, sie bil-
den auch kein einheitliches koloniales Gesamt-
gebiet; deshalb kann die A. infolge des St GB
sinngemäß sich immer nur auf die einzelnen
Schutzgebiete erstrecken, nicht auf das Reichsgebiet
oder auf die übrigen Schutzgebiete (vgl. auch oben
§+2 II). Allerdings muß diese A. immer das
ganze Schutzgebiet umfassen. Die Landesverwei-
sung (oder Aufenthaltsbeschränkung) steht unter
den allgemeinen Voraussetzungen offen, unter
denen sie nach deutschem Rechte und nach Völker-
recht zulässig ist, auch wenn es, wie z. B. gerade
in Preußen, an positiven Vorschriften fehlt. In
den Kolonien wird zudem der Begriff der Polizei
durchgehend in dem Sinne anerkannt, wie er sich
nach § 10 II 17 ALn festgestellt hat. Dessen Er-
fordernisse müssen auch für die Handhabung der
Fremdenpolizei in den Kolonien beobachtet wer-
den. Nur eine Bestätigung, nicht eine neue Er-
mächtigung an die Behörde ist es, wenn gelegent-