Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Autonomie (regierende Familien) 
  
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ordnung, die Zivilprozeßordnung 
und die Konkursordnung. Die bezüglichen 
Vorschriften des EG z. GVG g 5, der StPO 
5 71 Abs 1, des EG z. StPO 8 4, des EG z. 8PO 
z 6, des EG z. KO 87, die sich ursprünglich nur 
auf die regierenden Familien bezogen, sind nach- 
träglich mit dem a 57 EG z. BGB in Einklang 
gebracht (vgl. Gesetz betr. Aenderungen des 
GVG und der StPO v. 17. 5. 98 a II, EG z. G 
betr. Aenderungen der ZPO v. 17. 5. 98 a II 
und des EG z. G betr. Aenderungen der KO vom 
gleichen Tage a II Nr. 3), sodaß nunmehr auch 
die Depossedierten auf allen vorgenannten Ge- 
bieten A. besitzen. — Am wichtigsten ist die A. auf 
dem Gebiete des Privatrechts gemäß a 57. In 
erster Linie sollen also auf dem Gebiete des gesam- 
ten Privatrechts die Vorschriften der Hausver- 
fassungen entscheiden. Unter den Vorschriften 
der Hausverfassungen einbegriffen ist als subsi- 
diäre Quelle auch noch das gemeine deutsche Pri- 
vatfürstenrecht, auch für dieses gilt also der Vor- 
behalt des a 57 EE (vgl. P. II. 6 S 743, 
RKG 2, 149;: 26, 149). Wird in den Hausverfas- 
sungen auf bestehende Gesetze verwiesen, so ist 
zu untersuchen, ob die fraglichen Bestimmungen 
Bestandteile der Hausverfassung sein sollen oder 
ob hier nur auf das allgemeine Recht verwiesen 
ist; im ersteren Falle würden sie durch das BGB 
unberührt bleiben, im letzteren Falle gemäß a 4 
des EG z. BGB durch die Vorschriften des BG B 
ersetzt werden. Soweit etwa bisher Aenderungen 
der Hausverfassung nach den Landesgesetzen ab- 
hängig waren von der Einhaltung gewisser Vor- 
schriften, z. B. der Mitwirkung der Landesgesetz- 
gebung bedarf es der Einhaltung der betreffenden 
Vorschriften auch ferner, da ebensogut wie die 
Hausverfassungen auch die bestehenden Landes- 
gesetze aufrecht erhalten sind. Es ist auch keines- 
wegs die Absicht des a 57 E z. B gewesen, 
in dem Verhältnis der beiden Rechtsquellen A. 
und Landesgesetze eine grundsätzliche Aenderung 
herbeizuführen und das Verhältnis der Unter- 
ordnung, in welchem sich richtiger Meinung nach 
auch die autonomen Satzungen des landesherr- 
lichen Hauses zur Staatsgesetzgebung befinden, 
für die Zukunft aufzuheben. Konnte vor 1900 
ein Staatsgesetz die ganze A. des landesherrlichen 
Hauses beseitigen und letzteres dem gemeinen 
Recht unterwerfen, so ist das auch jetzt noch der 
Fall, das Verhältnis der beiden Rechtsquellen 
zu einander ist eine Frage des inneren Staats- 
rechts, in die a 57 nicht eingreifen will. Etwas 
anderes hat Rehm (Modernes Fürstenrecht 64 fff) 
aus à 57 herausgelesen, indem er den auffallenden 
Gegensatz zu à 58 betont. Nach diesem sollen die 
Vorschriften der Hausverfassungen für die Me- 
diatisierten nur noch „nach Maßgabe der Landes- 
gesetze“ gelten. Der ganze Gegensatz wird sich aber 
darauf beschränken, daß auf Grund des a 57 
beim Stillschweigen der Landesgesetze für die 
Hausverfassungen Geltung beansprucht werden 
kann, während umgekehrt die A. der Modiati- 
sierten nur da Platz greifen soll, wo ihr das Landes- 
recht ausdrücklich Raum gegeben hat. Der 
Beweis, daß Rehms Auffassung von der reichs- 
rechtlichen Garantie der landesherrlichen A. gegen 
Abänderung durch einzelstaatliches Gesetz, der ich 
selbst früher für das Gebiet des Privatrechts ge- 
folgt bin (Der Staat und die Agnaten S 46), irrig 
  
  
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ist, ergibt sich aus dem genaueren Studium der 
Materialien zu jenem a 57. So sagen die Motive 
zum ersten Entwurf S 10:, Die A. der souveränen 
Häuser muß, wie sie bisher bestanden 
hat, auch ferner bestehen . . . es gehen dem 
bürgerlichen Gesetzbuch vor sowohl die zur Zeit 
der Einführung bestehenden, als auch die künftig 
erlassenen haus= oder landesgesetzlichen Vor- 
schriften“. Und die Motive zum E (früher a 33, 
jetzt à 57) bemerken, daß die Fassung sich den ent- 
sprechenden Bestimmungen der Ec z. GV, 
zur Z3PO, zur KO und zur StPanschließe. 
Das ist auch in der Tat wörtlich der Fall. Für 
alle jene andern Gebiete ist aber, soweit ich sehe, 
noch niemals behauptet worden, daß hier das be- 
treffende Reichsgesetz die bezügliche A. gegen- 
über der einzelstaatlichen Gesetzgebung habe ga- 
rantieren wollen. Das ist also auch hier nicht der 
Fall. Die Rehmsche Lehre wäre also nur aufrecht 
zu erhalten, wenn, wie Rehm selbst freilich be- 
hauptet, das landesherrliche Haus niemals der 
Staatsgesetzgebung unterworfen worden wäre. 
Erst recht liegt in a 57 nicht die reichsrechtliche 
Anerkennung der Unentziehbarkeit von Thron- 
ansprüchen. In diesem Zusammenhang ist über- 
haupt darauf hinzuweisen, daß für das landes- 
herrliche Haus die A. dadurch wesentliche Be- 
schränkungen erfahren hat, daß wie das regierende 
Haus selbst gleichzeitig eine gewisse öffentlich- 
rechtliche Stellung im Staate besitzt und auch 
einen öffentlichrechtlichen Verband darstellt, die 
Normen betreffend die Volljährigkeit, 
das Vormundschaftswesen, die Un- 
veräußerlichkeit des Familiengu- 
tes, die in dasselbe stattfindende Indivi- 
dualsukzession ufw. die Grundlage der 
bestehenden staatsrechtlichen Verhältnisse bilden. 
Damitt ist freilich nicht gesagt, daß die A. des sürst- 
lichen Hauses in allen bezüglichen Fragen jetzt zu 
völliger Einflußlosigkeit verurteilt wäre. Nicht 
immer sind die betreffenden hausrechtlichen Nor- 
men in die Verfassung mit hinübergenommen, 
sondern hier und da ist auch der fürstlichen Familie 
noch die rechtliche Möglichkeit geblieben, mit Wir- 
kung für den Staat neue hausrechtliche Normen 
zu schaffen. 
Was die wichtigsten Fragen der Thron- 
folge und Ebenbürtigkeit anbetrifft, so sind 
unter diesem Gesichtspunkt vier Gruppen von 
deutschen Verfassungen zu unterscheiden. 1. In 
Sachsen-Weimar, Eisenach, Anhalt, Schwarzburg- 
Rudolstadt und Lippe schweigt die Verfassung über 
das gesamte Thronfolgerecht, hier erscheint des- 
halb die A. des landesherrlichen Hauses noch ma- 
teriell unbeschränkt kompectent. 2. Eine zweite 
Gruppe von Verfassungen hat das gesamte Thron- 
folgerecht in die Verfassung ausgenommen durch 
Bezugnahme auf die Hausgesetze. Das gilt von 
Baden, Preußen, Sachsen-Meiningen, Sachsen- 
Altenburg und Reuß ä. L. Hier hat die A. der 
regierenden Familie ihre Kompetenz verloren, 
während die Verfassung von Reuß j. L. v. 14. 4. 
1852 in § 11 ein Zusammenwirken von Haus= und 
Staatsgesetzgebung vorsieht und nur die Frage 
der Ebenbürtigkeit noch der ausschließlichen A. 
des fürstlichen Hauses überläßt. 3. In einer dritten 
Gruppe von Verfassungen sind statt eines allge- 
meinen Hinweises auf die Hausgesetze die sämt- 
lichen Normen über die Thronfolgeordnung und
	        
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