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Autonomie (Mediatisierte)
eines Vorbehalts trotz des Fortbestands jenes Ge-
setzes nicht schaden. Im Gegensatz zu Planck ist
grundsätzlich die fortdauernde A. der Mediati-
sierten hier nicht im geringsten zu bezweifeln
(Oertmann 123). Im einzelnen folgt daraus auch
die Möglichkeit Normen zu schaffen über die Wir-
kungen der Mißheirat bezw. die Wirkungen auch
vertragsmäßig festzusetzen und so daraus eine
„morganatische Ehe“ zu machen. Dagegen wird
eine A. in Fragen der Ehescheidung aus dem Ge-
sichtspunkt zu verneinen sein, daß es sich hier um
das Gebiet des ehemaligen ius ecclesiasticum
handelt (abweichend Oertmann 131). Da die
Kirche aber das Gebiet des ehelichen Gü-
terrechts immer dem weltlichen Recht zur
Regelung überlassen hat, so ist dieses Feld von
jeher als ein Teil der Familienverhältnisse an-
gesehen worden, die autonom geregelt werden
konnten. Das gilt auch noch heute; wer Haus-
mitglied wird, ist dem autonomen Güterrecht
unterworfen (über die besonderen Institute des
ehelichen Güterrechts der fürstlichen Familie wie
Morgengabe, Wittum, Nadelgelder, siehe die Dar-
stellungen des Privatfürstenrechts z. B. Kohler
176 ff). Der A. unterliegen ferner als Teil der
Familienverhältnisse die Normen über „elter-
liche Gewalt einschließlich alles dessen, was
sich auf die Rechtsstellung des Kindes erstreckt, wie
Verwaltung des Kindesvermögens, religiöse Er-
ziehung usw. Ob und inwieweit durch hausrecht-
liche Normen auch bestimmt werden kann, daß
uneheliche, wenn auch später legitimierte Kinder
oder an Kindesstatt angenommene Personen Mit-
glieder des Hauses werden können, ist bestritten
(ablehnend mit Berufung auf Pütter und Moser
trotz des Giechschen Haus G von 1855 N 84 und 91
Loening 93, bejahend für die Legitimation mit Be-
rufung auf Heffter Oertmann 135). Natürlich fällt
auch die Vormundschaft unter die Rechts-
gebiete der A.; die Obervormundschaft hat für
die betreffenden Häuser in Preußen, Bayern und
andern Staate eine besondere gesetzliche Regelung
erfahren, im Zweifel kann aber richtiger Meinung
nach die in den Normen des öffeutlichen Rechts
begründete Zuständigkeit der Staatsbehörde durch
hausrechtliche Bestimmungen nicht geändert wer-
den. (So Loening 125, abweichend Oertmann 138.)
Soweit nach dem BGB (7 1852, 1853) der Vater
den Vormund von gewissen Verpflichtungen be-
freien und soweit ein Familienrat im Sinne des
BGB s 1858 ff das Vormundschaftsgericht er-
setzen kann, können die bezüglichen Einrichtungen
natürlich auch in abstracto durch ein Hausgesetz
vorgeschrieben werden.
Die autonome Gestaltung des Erbrechts
solgt zum Teil zwar, soweit das Stammvermögen
in Frage steht, aus der A. hinsichtlich der „Güter",
geht wegen der A. in beiug auf die „Familien-
verhältnisse“ aber darüber hinaus und ergreift das
gesetzliche Erbrecht der Verwandten und Ehegatten
wie das Pflichtteilsrecht (vgl. die analoge Bestim-
mung des a 216 EG z. BGB). Ja auf erbrecht-
lichem Gebiete sind im Interesse des splendor
familiae von jeher sogar autonome Normen an-
erkannt worden, die die Testierfreiheit der Haus-
mitglieder in bezug auf ihr Privatvermögen in
weitgehendem Maße beschränkten oder gar auf-
hoben. Die fertdauernde Gültigkeit solcher Be-
stimmungen ist nicht zu bezweifeln (Loening 137 ff, Z
irrig Oertmann 144). Die zahlreichen Spezial-
gesetze über die Rechtsstellung der Standesherrn
geben diesen auch eine Sonderstellung für die
Verlassenschaftsverhandlungen, die durchweg auf-
recht erhalten ist und dem Familienhaupte be-
sondere Rechte gewährt (Loening 141 ff); wo solch
besonderes Staatsgesetz nicht vorhanden ist, wird
die Hausgesetzgebung nur Normen schaffen können
für die Erbauseinandersetzung unter den Haus-
angehörigen selbst.
Was im übrigen die A. in bezug auf die „Güter“
anbetrifft, so sind die Meinungen über die Aus-
legung dieses Vorbehalts sehr geteilt. Einig ist
man darin, das Privatvermögen der einzelnen
Hausmitglieder von dem Begriff der Güter des
Hauses zu unterscheiden, auszugehen ist bei die-
sem Begriff dann aus historischen Gründen von
dem unbeweglichen Stammgut. Man wird an-
erkennen müssen, daß das Stammgut auch abge-
sehein von seinen Bestandteilen und seinem Zu-
behör im Sinne der s 96 ff BGB zu einem
Stammvermögen als universit as iuris erweitert
sein kann, indem z. B. ein bestimmtes Kapital,
das vielleicht aus den Mitteln des Stammver-
mögens erworben, oder Kleinodien, Gold= und
Silbergerät, mit dem Stammgut in eine akzesso-
rische Verbindung gebracht wird (über diese Frage
Oertmann 84 ff). Die Stammgüter brauchen
nicht notwendig innerhalb der Grenzen der alten
Landeshoheit des betreffenden Hauses zu liegen.
Bei Veräußerung der Standecherrschaft geht nur
das Obiekt der A. verloren. Denn das Privat-
fürstenrecht ist grundsätzlich ein personales, das
Sonderrecht des stande herrlchen Hauses ist für
alle Gerichte verbindlich, wenn es im Heimats-
staate des betr. Hauses in rechtsgültiger Weise
erlassen ist. Eine wichtige Ausnahme gilt für die
Güter, bezüglich deren die hausgesetzlichen Nor-
men nur Geltung haben, soweit sie innerhalb des-
jenigen Staates gelegen sind, dem das Haus selbst
angehört (Loening 64 ff). Die A. bezüglich der
Stammgüter macht diese gegenüber Fideikom-
missen zu beweglicheren Instituten. Durch auto-
nome Satzung kann namentlich auch die Haftung
des Hausvermögens gegenüber den Angehörigen
auf Apanagen, Ausstattungen und Erbabfindun-
gen beschränkt sein auf eine besondere Geschlechts-
stiftung. Soweit der Umfang der A. der Mediati-
sierten sich nicht in besonderen Hausgesetzen be-
tätigt hat, kommt für die fraglichen Gebiete das
gemeine Privatfürstenrecht zur Anwendung (über
Einzelheiten der Landesgesetze Oertmann 150 ff;
die Aufzählung der landesgesetzlichen Vorschriften
bei Planck 4, 161 Ziff. 6). In diesem Zusammen-
hange wäre endlich noch auf den Abs 2 des à 58
E# z. BG hinzuweisen. Derselbe lautet: „Das
Gleiche gilt zu Gunsten des vormaligen Reichs-
adels und derjenigen Familien des landsässigen
Adels, welche vor dem Inkrafttreten des Bürger-
lichen Gesetzbuchs dem vormaligen Reichsadel
durch Landesgesetz gleichgestellt worden sind".
Welche Familien hier in Betracht kommen, dar-
über siehe unter „Adel“ & 2. Die A. der betreffen-
den Familien muß sich also ebenfalls auf eine
positive Bestimmung der Landesgesetze stützen
können, ist dann aber von Reichs wegen durch
a 58 nicht weiter eingeschränkt wie die A. der
Mediatisierten.