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schied der Konfession 1862 der dem Min Inn unter-
geordnete Oberschulrat errichtet; im gleichen
Jahre wurde der katholische Oberkirchenrat durch
eine gemeinsam von Staat und katholischer Kirche
besetzte Zentralmittelbehörde, den katholischen
Oberstiftungsrat, ersetzt, dessen Tätigkeit sich darauf
beschränkt, die Verwaltung des katholischen Kirchen-
und Stiftungsvermögens zu leiten und zu beauf-
sichtigen. Der evangelische Oberkirchenrat erhielt
von dieser Zeit an die Eigenschaft einer obersten
kirchlichen Verw Behörde, insofern den Ministerien
gleichgeordnet und unmittelbar dem Großherzog
als dem Landesbischof unterstellt; es wurden aber
gleichzeitig dem evangelischen Oberkirchenrat bis
auf weiteres die staatlichen Aufsichts= und Mit-
wirkungsbefugnisse bei Verw des evangelischen
Kirchenvermögens zur Ausübung übertragen und
insofern ein staatliches Genehmigungsrecht bei
Bestellung seiner Mitglieder und Beamten vor-
behalten.
3. Die örtlichen Staatsbehörden.
Für die örtliche Staats Verw wurde bei Grün-
dung des Großherzogtums die in der badischen
Markgrafschaft und einem großen Teil der ange-
gliederten Gebiete vorhandene Einteilung in
Amtsbezirke beibehalten. Ueber die Bedeutung
und Entwicklung der Bezirksämter s. d. Art.
Bezirk (Bad.). Das Jahr 1863 brachte eine ein-
greifende Umgestaltung der Verw; mit der da-
mals erfolgten Aufhebung der Kreisregierungen
wurden die Bezirksämter unter Erweiterung ihrer
sachlichen Zuständigkeit unmittelbar dem Min Inn
unterstellt, welches die persönliche Aufsicht über
die Bezirksämter durch vier in den Hauptstädten
des Landes wohnhafte Kollegialmitglieder, die
Landeskommissäre, ausübt. Ein Teil der Geschäfte
der aufgehobenen Kreisregierungen, namentlich
im Kassen-, Rechnungs-, Stiftungs-, Anstalts-
wesen, wurde gleichzeitig auf die neugegründete,
dem MinInn untergebene Zentralmittelstelle,
den Verwypozs, übertragen. -
II. Die jetzige Verwaltungsorganisation.
#.2. Im allgemeinen. Da nach §# 65 Verf
nur diejenigen Rechtsvorschriften, welche „die
„Freiheit der Personen oder das Eigentum der
Staatsangehörigen“ betreffen auf den Weg der
Gesetzgebung gewiesen sind, ist es als eine dem
Landesherrn zustehende Befugnis anerkannt,
ohne Mitwirkung der Landstände im Verord-
nungswege die Organisation der Behörden zu
ordnen. Doch findet dieses landesherrliche Orga-
nisationsrecht mehrfache Schranken. Vor allem
ist eine landständische Bewilligung im Staats-
voranschlag erforderlich, wenn und soweit zur
Durchführung der Organisation bisher nicht ge-
nehmigte Aufwendungen nötig sind. Sodann
greift das landesherrliche Organisationsrecht auf
den Gebieten nicht mehr Platz, auf denen die Ein-
richtung und Zuständigkeit der Behörden durch
Gesetz geregelt ist; dies ist nicht bloß hinsichtlich
der Behörden der bürgerlichen, Straf= und Ver-
waltungsrechtspflege, der freiwilligen Gerichts-
barkeit und der obersten Rechnungskontrolle, son-
dern auch für wichtige Gebiete der Verw geschehen,
namentlich durch die das Vorhandensein eines
Staatsministeriums mit verantwortlichen Mini-
stern (S§& 7, 14 Abs 3, 67) voraussetzende Ver-
fassung, ferner auch durch das die Einrichtung
und die hauptsächlichste Zuständigkeit der wichtig-
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Baden (Behördenorganisation)
sten Behörden der inneren Verw regelnde Verw
v. 1863, sowie durch andere Gesetze, wie z. B.
das Beamtengesetz (§ 89: Disziplinarhof). Doch
hat die Tatsache allein, daß eine kraft der landes-
herrlichen Gewalt geschaffene Behörde in einem
Gesetze als zuständig aufge führt ist (z. B.
das frühere Handels Min im Wasser G von 1876,
das Min der auswärtigen Angelegenheiten als für
Eisenbahnwesen zuständig im G v. 23. 6. 00 über
das Genehmigungsverfahren bei Eisenbahnanla-
gen) noch nicht die Rechtsfolge, daß die Aufhebung
einer solchen Behörde oder die Uebertragung der
bezüglichen Zuständigkeiten auf eine andre Stelle
nur im Gesetzesweg geschehen dürfte.
8 3. Das geheime Kabinett. Als eine mit
einem leitenden Beamten und einem Hilfsar-
beiter besetzte Staatsbehörde ist das dem Lan-
desherrn beigeordnete Gr. Geh. Kabinett damit
betraut, die an den Großherzog unmittelbar ge-
richteten Eingaben, die sich nicht auf Angelegen-
heiten des Hofstaats oder der Unterstützung aus
landesherrlichen Mitteln beziehen, zu behandeln,
sie geeignetenfalls an die zuständigen Staats-
behörden weiter zu geben, den Verkehr mit den
beteiligten Stellen im einzelnen zur Mitteilung
landesherrlicher Willensentschließungen in Staats-
angelegenheiten zu besorgen und die Geschäfte
der Ordenskanzlei zu führen.
s4. Das Staatsministerium. Das in dieser
Hinsicht noch jetzt geltende Organisationsrestript
v. 26. 11. 1809 hat zur Beratung über die wich-
tigsten Gegenstände der Staats Verw eine aus
sämtlichen Ministern bestehende „Ministerialkon-
ferenz“ eingesetzt, welcher der Landesherr nach
Gutfinden „präsidiert". Dieses Organ wird in
der zum Vollzug des Edikts v. 11. 7. 1817 er-
gangenen landesherrlichen V v. 6. 8. 1817 als die
„für die ganze Staats Verw aufgestellte oberste
Zentralbehörde“ und in spätern Gesetzen vielfach
als die „oberste Staatsbehörde“" bezeichnet. Außer
den Vorsitzenden der Fachministerien gehören dem
Staats Min noch diejenigen Personen an, die der
Landesherr zu stimmführenden Mitgliedern des
Staats Min ernannt (zur Zeit ein Beamter, der im
übrigen die Forst= und Domänendirektion leitet).
Nach V v. 20. 4. 81 wurde der Präsident des
Staats Min ermächtigt, zur Teilnahme an den
Beratungen über Rekurse, Gesetzes-- und Ver-
ordnungsentwürfe sowie über sonstige wichtigere
Sachen die vorsitzenden Räte (Direktoren) und
Abteilungsvorstände der Ministerien, ferner für
Angelegenheiten ihres Verwkreises auch die Vor-
sitzenden der Zentralmittelstellen und den Ober-
staatsanwalt zu den Sitzungen des Staats Min
zuzuziehen: die Stellung als außerordentliche oder
vorübergehende Mitglieder des Staats Min kommt
aber diesen mit Stimmrecht nicht ausgestatteten
Beamten nicht zu.
Das Staats Min ist eine Behörde; im Un-
terschied von den übrigen Staatsstellen ist es aber
dieser obersten Behörde eigentümlich, daß
sich der Landesherr die persönliche Leitung ihrer
Beratungen, den „Vorsitz“, vorbehalten hat und
daß die Entschließungen des Staats Min nur mit
Genehmigung des Großherzogs rechtswirksam
werden: was das Staats Min beschließt, bedarf
stets der Unterschrift des Landesherrn und wird
nach außenhin als „Entschließung des Großher-=
zogs im Gr. Staats Min“ kundgegeben. Die lan-