Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Baden (Behördenorganisation) 
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desherrlichen Entschließungen, welche staatliche 
Angelegenheiten, und zwar auch solche, die nur 
den Geschätstreis eines oder einzelner Ministerien 
betreffen, werden stets auf Grund eines Be- 
schlusses der Min Konferenz erlassen: in der Aus- 
fertigung der Staats Min Entschließung, auch der 
auf die Verkündigung von Gesetzen bezüglichen, 
wird aber nur die Gegenzeichnung der mit ihrem 
Geschäftskreis beteiligten Minister, die aller Mit- 
glieder des Staats Min nur dann beigesetzt, wenn 
es sich um allgemeine Reg Angelegenheiten handelt. 
Der Landesherr ernennt eines der Mitglieder 
zum Präsidenten des Staats Min; im Falle der 
Verhinderung wird der Präsident durch das 
dienstälteste Mitglied vertreten. Der Präsident 
des Staats Min führt den Titel „Staatsminister“; 
ihm kommt in formeller Hinsicht die Vor- 
bereitung und Leitung der Sitzungen und der 
sonstigen Geschäfte des Staats Min zu; er hat 
aber in sachlicher Hinsicht keine überwiegende 
Stellung, insbesondere nicht ein verstärktes 
Stimmrecht oder die Entscheidung bei Meinungs- 
  
verschiedenheiten. Ob bei Beschlüssen des Staats-= 
Min Einstimmigkeit erforderlich ist oder die Zu- 
stimmung der Mehrzahl genügt, ist nicht aus- 
drücklich geregelt. Uebungsgemäß wird ein Be- 
schluß des Staats Min dem Landesherrn nur dann 
zur Genehmigung vorgelegt, wenn unter den an- 
wesenden Mitgliedern Einstimmigkeit herrschte. 
Handelt es sich aber nicht um Reg Akte des freien 
Ermessens, sondern um Entscheidungen, die auf 
Antrag Beteiligter unter Anwendung der Rechts- 
normen auf bestimmte Tatbestände zu ergehen 
haben, wie über Rekurse, über die Zulassung von 
Enteignungen und sonstigen Zwangsbefugnissen, 
so kann nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ein 
gültiger Kollegialbeschluß im Staats Min auch 
nur mit Mehrheit erfolgen. 
Dem Staats Min kommt einerseits eine all- 
gemeine Zuständigkeit zu, indem es bei allen 
die Gesamttätigkeit der Reg nach Außen und 
Innen betreffenden Willenshandlungen des Lan- 
desherrn mitzuwirken hat; anderseits ist durch 
das Organisationsreskript von 1809 Beil. F 
Ziff. 36 ff und in einer Anzahl der auf die Verw 
einzelner Gegenstände bezüglichen Gesetze für 
bestimmte Tatbestände das Staats- 
Min als die zur Entschließung zuständige Behörde 
bezeichnet. Insbesondere beschließt das Staats- 
Min über die Vorlage und die Sanktion von Ge- 
setzen und landesherrlichen Verordnungen sowie 
des Staatsvoranschlags, über die Einleitung und 
den Abschluß von Staatsverträgen, über die nicht 
den Ministerien überlassenen Begnadigungen, die 
Erteilung von Körperschaftsrechten, die Anstellung, 
Versetzung und Entlassung der höheren Beamten 
(insbesondere aller akademisch gebildeten), über 
Beschwerden gegen die Verfügungen der Fach- 
ministerien, wenn sie in erster Instanz ergangen 
sind oder wenn eine Verletzung verfassungsmäßi- 
ger Rechte behauptet wird, über die Zulassung 
von Enteignungen und gewissen wirtschaftlichen 
Zwangsbefugnissen. 
Der Vollzug der vom Staats Min gefaßten Be- 
schlüsse liegt den beteiligten Ministerien ob: das 
Staats Min ist im Verhältnis zu den Fachministe- 
rien insofern ihre vorgesetzte Behörde, als es 
gegenüber ihren Verfügungen Beschwerdeinstanz 
ist und als bestimmte an sich zum Geschäftskreis 
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. I. 
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eines Min gehörige Angelegenheiten nach den 
organisatorischen Vorschriften ans Staats Min zur 
Entschließung oder Genehmigung zu leiten sind. 
Im übrigen aber hat die dem Fach Min für seinen 
Geschäftskreis staatsrechtlich obliegende Verant- 
wortlichkeit zur Folge, daß die sonst der vorge- 
setzten Behörde zustehenden Leitungsbefugnisse, 
abgesehen von jenen vorbehaltenen Fällen, im 
Verhältnis zwischen dem Staats Min und den 
Fachministerien keine Anwendung finden. 
Für die Entschließungen des Staats Min sind 
staatsrechtlich alle Mitglieder verantwortlich, die 
daran teilgenommen haben, also nicht bloß die 
Minister, sondern auch das stimmführende Mit- 
glied. 
#5. Die Ministerien und Zentralmittelstellen. 
I. Die Fachministerien im allgem. 
Gemeinsam zur zentralen Leitung der Verwin- 
gelegenheiten sind die vier Fachministerien, nämlich 
das Min des Gr. Hauses und der auswärt. Angel., 
das Min der Justiz, des Kultus und Unterrichts, 
das Min Inn und das Min der Finanzen, berufen. 
Die mit ihrem Vorsitz betrauten Beamten führen 
seit der Gehalts O von 1908 den Titel „Minister“ 
(früher zum Teil „Ministerialpräsidenten“); sie 
beziehen einen Gehalt von 14 000 M.; dazu kom- 
  
men nicht pensionsfähige Dienstzulagen: für den 
Präsidenten des Staats Min 6000, für die übrigen 
Min 4000 M. und für den zur Repräsentation be- 
rufenen Min ein Repräsentationsgeld von 10 000 
Mark; außerdem haben sie freie Dienstwohnung. 
Staatsrechtlich ist jeder Min für seinen Geschäfts- 
kreis gegenüber dem Landtag verantwortlich; 
nach § 32 Beamten G können die Mitglieder des 
Staats Min jederzeit vom Landesherrn in den 
einstweiligen Ruhestand versetzt werden und die 
einstweilige Zuruhesetzung nachsuchen. 
Nach der landesherrlichen Nv. 20. 2. 63 sind 
die Min befugt, den Geschäftsgang in ihrem Min 
und mit den untergeordneten Behörden selbstän- 
dig zu regeln. Jedem Min ist die erforderliche 
Zahl von Min Direktoren, vortragenden Räten 
und Hilfsreferenten (techn. Referenten und admi- 
nistrativen Hilfsarbeitern) und außer diesen zum 
Min Kollegium gehörigen Beamten das mittlere 
und untere Personal des Rechnungs= und Kanzlei- 
diensts beigegeben. Regelmäßige Sitzungen zur 
kollegialen Beratung sind nicht mehr vorgeschrie- 
ben und finden übungsgemäß nur im Min Inn 
statt: kollegiale Mehrheitsbeschlüsse sind nur in den 
gesetlich bezeichneten Fällen zu fassen, insbeson- 
dere nach § 122 (jetzt §8 109) Beamten G v. 1888 über 
die diszipl. Dienstenthebung oder Strafversetzung 
behördlich angestellter etatsmäßiger Beamten. Im 
übrigen beschließt und entscheidet zufolge seiner 
staatsrechtlichen Verantwortlichkeit der Min selb- 
ständig und ist durch Mehrheitsbeschlüsse des 
Kollegiums nicht gebunden. Die Ministerien sind 
mit der unmittelbaren Leitung und Aufsicht über 
die ihnen zugewiesenen Verwéegenstände be- 
traut: sie sind zur Erlassung aller derjenigen Ver- 
ordnungen, sowohl Rechts= als Verw Verordnun- 
gen, zuständig, welche nicht, wic insbesondere or- 
ganisatorische und ins Justizwesen einschlagende 
Verordnungen, der Beschlußfassung im Staats- 
Min vorbehalten sind: namentlich gehen die auf 
Grund des PolSt# zu erlassenden Rechtsver- 
ordnungen im Gebicte der Verw des sittlichen, 
wirtschaftlichen, Verkehrslebens, des Gesundheits- 
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