Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
  
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wesens zumeist unmittelbar vom Min Inn aus. 
Die Ministerien verfügen ferner über die Anstel- 
lung, Versetzung, Entlassung der Beamten ihres 
Geschäftskreises, soweit nicht die Entschließung, 
was namentlich hinsichtlich der eine höhere wissen- 
schaftliche, technische und künstlerische Vorbildung 
erfordernden Amtsstellen der Fall ist, dem Landes- 
herrn vorbehalten oder (insbesondere bei Unter- 
beamten) einer nachgeordneten Stelle übertragen 
ist. Den Ministerien steht ferner die erstinstanz- 
liche Entschließung über eine Anzahl wichtiger 
Verwüngelegenheiten, z. B. über den Bau von 
Straßen, die Korrektion von Flüssen, die Errich- 
tung von Anstalten, ferner die Verfügung über 
die hierfür budgetmäßig verwilligten Mittel, end- 
lich die Entscheidung über die gegen Entschließun- 
gen nachgeordneter Behörden ergriffenen Verw- 
Beschwerden zu. In letzterer Hinsicht gilt nach 
der V v. 28. 8. 84 über das Verfahren in Verw- 
Sachen im allgemeinen der Grundsatz, daß nur 
zwei Verwnstanzen gegeben sind; die Beteilig- 
ten haben einen Anspruch darauf, eine Verw- 
Beschwerde über die zweite Instanz hinaus zu ver- 
folgen, nur in den Fällen, wo es sich um Kränkung 
verfassungsmäßiger Rechte handelt. Uebrigens 
ist die vorgesetzte Verw Behörde, namentlich das 
Min, befugt, auch ohne daß eine Beschwerde er- 
hoben oder noch zulässig ist, jede Verw Verfügung 
untergeordneter Behörden aufzuheben und ab- 
zuändern, und zwar sowohl wegen abweichender 
Rechtsanschauung als wegen anderer Auffassung 
über die tatsächlichen Verhältnisse oder Fragen 
der Zweckmäßigkeit; jedoch nur so lange, als nicht 
durch jene Verfügung, z. B. durch Erteilung einer 
Genehmigung, ein Beteiligter bereits einen voll- 
zugsreifen Rechtsanspruch erworben hat. Die 
durch Beseitigung der Kreisregierungen gewach- 
sene Geschäftslast der Ministerien suchte man durch 
zwei Einrichtungen, einerseits durch Bestellung 
von Landeskommissären, andererseits durch Bil- 
dung von Zentralmittelstellen zu erleichtern (vgl. 
II. und §§ 6, 7). 
II. Die einzelnen Zentralstellen 
und Zentralmittelstellen. 
a) Das Ministerium des Großher- 
zoglichen Hauses und der auswärtigen 
Angelegenheiten behandelt die staatlichen 
Angelegenheiten der landesherrlichen Familie und 
die Beziehungen des Landes zum Reich und zu 
anderen Staaten und übt die Oberleitung über 
das staatliche und die Oberaufsicht über das pri- 
vate Eisenbahnwesen aus. — Als Zentralmittel- 
stelle ist ihm die Generaldirektion der Gr. Staats- 
eisenbahnen untergeordnet. 
b) Das Ministerium für Justiz, 
Kultus und Unterricht besorgt die Lei- 
tung und Oberaussicht in den auf die Rechts- 
pflege, die Kirchen und sonstigen religiösen Ge- 
meinschaften sowie auf die Kunst und das Unter- 
richtswesen (ausgenommen das landwirtschaftliche 
und gewerbliche, vgl. c) bezüglichen Angelegen- 
heiten. Demselben sind als Zentralmittelstellen in 
Kultussachen der Evangelische Oberkirchenrat (nur 
in vermögensrechtlicher Hinsicht), der katholische 
Oberstiftungsrat und der Oberrat der Joraeliten; 
hinsichtlich des Elementar= und Mittelschulwesens 
der Oberschulrat; ferner für die Kunst der Kon- 
servator der Kunstdenkmäler und Altertümer; 
sowie endlich außerdem eine Reihe von Anstalten, 
  
Baden (Behördenorganisation) 
wie die beiden Landesuniversitäten, die technische 
Hochschule, die Akademie der bildenden Künste, 
verschiedene Sammlungen, unterstellt. 
c) Das Ministerium des Innern 
führt die Oberleitung über die gesamte innere 
Verw, insbesondere auch in den Angelegenheiten 
der Landwirtschaft, des Handels, Gewerbes und 
Verkehrswesens (ausgenommen Eisenbahnen, 
Post, Telegraphen, Kultus, Kunst und Unter- 
richtswesen); vom Unterrichtswesen ist übrigens 
im Zusammenhange mit der landwirtschaftlichen 
und gewerblichen Verwaltung das landwirtschaft- 
liche und gewerbliche Fachbildungswesen dem 
Min Inn unterstellt worden. . 
Als Zentralmittelstellen sind dem Min Inn 
untergeordnet: die Oberdirektion des 
Wasser= und Straßenbaues für die 
Angelegenheiten des Wasser--, Landeskultur-, 
Feldbereinigungs-, Straßenwesens, der Kataster- 
vermessung, der Topographie und der Meteoro- 
logie; ferner der Verwaltungshof zur 
zentralen Besorgung einer Anzahl auf das Kassen--, 
Rechnungs-, Stiftungs-, Hinterlegungswesen in 
der innern, z. Teil auch in der Justiz Verw bezüg- 
lichen Aufgaben; endlich die im übrigen dem 
Finanz Min unterstellte Forst- und Domä- 
nendirektion, soweit sie mit den Ver- 
richtungen der oberen Bergbehörde betraut ist. 
Außerdem sind dem Min Inn noch eine Anzahl 
anderer Zentralstellen untergeben: das Korps- 
kommando der Gendarmerie, das Generallandes- 
archiv, das statistische Landesamt, die Fabrik- 
inspektion, das Landesgewerbeamt, die chemisch- 
technische Prüfungs-- und Versuchsanstalt, das 
Obereichungsamt, die staatliche Gebäudeversiche- 
rungsanstalt, das Landesversicherungsamt. 
d) Dem Finanzministerium als dem 
mit Oberleitung der Finanz= und der Domänen= 
Verw sowie des staatlichen Hochbauwesens be- 
trauten Min sind als Zentralmittelstellen oder als 
sonstige Zentralbehörden untergeordnet: die Forst- 
und Domänendirektion, die Zoll- und Steuer- 
direktion, die Landeshauptkasse, die Staatsschul- 
den Verw und die Münzverwaltung. Fr 
8 6. Beratende Zentralorgane. Zur Be- 
ratung der Ministerien und sonstigen Zentral- 
stellen bei der Erledigung bestimmter Verwäuf- 
gaben sind auf Grund von Gesetzen oder Ver- 
ordnungen eine Anzahl von Organen gebildet, 
deren Mitglieder im wesentlichen ehren= oder 
nebenamtlich durch Ernennung seitens des Landes- 
herrn oder einer Zentralbehörde oder durch Wahl 
der Beteiligten berufen werden und welche nur von 
Zeit zu Zeit auf besondere Einladung zur Bera- 
tung zusammentreten. Diesen beratenden Orga- 
nen, meist zur Vertretung bestimmter Berufs- 
und Erwerbskreise eingerichtet, kommt nicht die 
Eigenschaft von Staatsbehörden, zum Teil aber, 
nämlich den auf Grund des Gesetzes errichteten 
Handels-, Handwerks-, Landwirtschafts-, Aerzte-, 
Tierärzte-, Zahnärzte-, Apotheker-Kammern die 
Stellung einer mit dem Recht der Beitragserhe- 
bung ausgestatteten Körperschaft des öffentlichen. 
Rechts zu; außer dem Namen „Kammer“ ist bei 
diesen beratenden Organen die Bezeichnung als 
Rat, Kommission, Ausschuß üblich. Es sind na- 
mentlich folgende beratende Stellen hervorzu- 
heben: im Bereich des Min des Gr. H. und der 
ausw. Angel. der durch V v. 4. 11. 80 errichtete
	        
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