Baden (Behördenorganisation)
Eisenbahnrat — im Bereich des Justiz Min die ba-
dische historische Kommission — im Bereich des
Min Inn außer den obenerwähnten auf Grund
von Gesetzen errichteten „Kammern" der Landes-
gesundheitsrat (V v. 1882, nunmehr 24. 2. 07),
der Landesgewerberat und der Landesgewerbe-
schulrat (V v. 28. 4. 05), sowie der Wasserwirt-
schaftsrat (B v. 14. 5. 08) — im Bereich des Fi-
nanzMin die Ministerialkommission für das Hoch-
bauwesen (V v. 27. 11. 02).
#7. Die Landeskommissäre. Gleichzeitig mit
Aufhebung der vier Kreisregierungen (oben 81,
8 2) wurde 1864 das Land in vier Landes-
kommissariats-Distrikte eingeteilt, deren Mittel-
punkte die Hauptstädte Mannheim, Karlsruhe,
Freiburg und Konstanz sind. In jedem dieser
vier Distrikte hat ein Mitglied des Min Inn mit
dem Titel Landeskommissär seinen Sitz. Der Lan-
deskommissär hat die Aufgabe, seinen Geschäfts-
bezirk regelmäßig zu bereisen, die Zustände der
staatlichen und kommunalen Verw an Ort und
Stelle durch persönliche Einsicht und im Beneh-
men mit den staatlichen und kommunalen Verw-
Beamten zu prüfen, anregend und fördernd im
Gebiete der inneren Verw zu wirken, in Dring-
lichkeitsfällen selbst einzuschreiten, über seine
Wahrnehmungen schriftlich und namentlich in den
regelmäßigen Plenarsitzungen des Min Inn münd-
lich zu berichten. Der Landeskommissär ist Mit-
glied und Bevollmächtigter des Min Inn, er hat
eine selbständige Entscheidungs- und Verfügungs-
zewalt nur in den nicht sehr zahlreichen Ange-
egenheiten, die ihm hierzu durch Gesetz oder Ver-
ordnung ausdrücklich zugewiesen sind; dem Amte
des Landeskommissärs kommt daher nicht die Be-
deutung einer zwischen das Min Inn und die
Bezirksbehörden (Aemter) eingeschalteten Mittel-
stelle zu; er ist keine regelmäßige Instanz für Verw-
Beschwerden und es wird der Verkehr zwischen
dem Min und den Bezirksbehörden nur ausnahms-
weise durch den Landeskommissär vermittelt.
8 8. DOertliche Staatsbehörden. Die mit der
Handhabung des Verwaltungszwangs und der
Strafpolizei betraute örtliche Behörde der inne-
ren Staats Verw ist das Bezirksamt; über die
Organisation und Aufgabe der 53 Bezirksämter
vgl. den Art. Bezirk (Baden). Zur Besor-
gung der technischen Aufgaben im Gebiete der
inneren Verw sind besondere technische Behörden
bestellt, welche, soweit ein Zwangsvorgehen in
Frage kommt, unter Mitwirkung des Bezirks-
amtes zu handeln haben. Für die Gesundheits-
Verw ist in jedem Amtsbezirk mindestens ein Be-
zirksarzt, für das Veterinärwesen ebenso ein
Bezirkstierarzt bestellt. Im übrigen sind die Be-
zirke der örtlichen technischen Behörden nach den
Bedürfnissen des betreffenden Dienstzweiges be-
sonders geordnet: im Jahr 1910 bestanden 19
Wasser= und Straßenbau-Inspektionen, 10 Kultur-
Inspektionen, 4 Rheinbau-Inspektionen, 14 Hoch-
bau-Inspektionen; die Instandhaltung und Fort-
führung des Vermessungswerkes wird durch 50
Bezirksgeometer, die Forstverwaltung und Forst-
polizei durch 99 Forstämter, die Aufsicht über die
Volksschulen durch 18 Kreisschulräte, die örtliche
Verw des Eisenbahnwesens durch die Betriebs-
Inspektoren, Bahnbau-Inspektoren und Ma-
schinen-Inspektoren ausgeübt.
z 9. Behörden zur Rechtskontrolle nud zur
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Entscheidung von Kompetenzkonflikten. Für
das Gebiet der inneren und Finanz Verw besteht
eine doppelte Rechtskontrolle. Einmal die ver-
fassungsmäßige im Verhältnis zwischen Reg und
Volksvertretung durch Errichtung der Ober-
rechnungskammer, deren Aufgabe nach
ihrer im Jahre 1876 erfolgten Neugestaltung na-
mentlich darin besteht, unter Anwendung der im
Etatsgesetze von 1882 (geändert 1888 und 1908)
üÜber die Verw der Staatseinnahmen und -Aus-
gaben festgesetzten Normen die Gesetzmäßigkeit
der staatlichen Verw in den die Finanzen berüh-
renden Angelegenheiten zu überwachen. Die
Oberrechnungskammer ist kollegial organisiert, ihre
Mitglieder haben richterliche Rechte, sie steht
außerhalb der Ministerialorganisation und ist un-
mittelbar dem Landesherrn untergeordnet. So-
dann ist im Verhältnis zwischen den Einzelnen
und den Gemeinschaften einerseits und den Verw-
Behörden andererseits eine Rechtskontrolle durch
die im Jahre 1864 eingerichtete und 1884 weiter
ausgebildete Verwaltungsrechtspflege eingeführt
worden [l0 Verwaltungsgerichtsbar-
keit, Baden]. Endlich ist im Verhältnis zwi-
schen den Beamten und der Staats Reg eine Art
Rechtskontrolle dadurch geschaffen, daß zur Ent-
scheidung über die wichtigste Disziplinarmaßregel
der Strafversetzung und Dienstentlassung gegen-
über den vom Landesherrn ernannten Beamten
nach dem Beamten G v. 24. 7. 88 (neue Fassun
v. 12. 8. 08) ein besonderer Disziplinerhoh
bestellt ist, welcher, soweit die Disziplin über
richterliche Beamte in Frage kommt, ganz, im
übrigen zum größten Teil aus richterlichen Be-
amten besteht. [U Disziplinl.
Zur Entscheidung von Streitigkeiten, welche
sich zwischen den VerwBehörden, bürgerlichen
Gerichten und Verw Gerichten über die Zulässig-
keit des Rechtsweges ergeben, ist nach G v. 30. 1.
76 ein besonderer Kompetenzgerichts-
hof eingesetzt, bestehend aus 15 Mitgliedern,
von denen 8 dem Oberlandesgerichte angehören
müssen. IX Rechtsweg und Kompetenzkonflikt,
Baden)j.
DOuellen: Die 13 Crganisationsedikte von 1803,
das Organisationsreskript v. 20. 3. 1807 (Reg Bl 35) und
B v. 5. 7. 1808 (RegBl 185), das Organisationsreskript v.
26. 11. 1809 (Reg Bl 395); G v. 5. 10. 63, die Organisation
der inneren Berwaltung betr. (RegBl 399) und V v. 12.
7. 64 (RegBl 333).
Literatur: G. Weizel, Das bad. G v. 5. 10.
63 über die Organisation der inneren Verwaltung, 1864;
F. A. Regenauer, Der Staatshaushaltsetat des Groß-
herzogtums B. u. s. f., 1863;: Das Großherzogtum
Baden in geographischer u. s. f. Hinsicht, 1885, 623 ff;
Schenkel in Margquardsen: III, 1. 3. Abt., 1884;
Fr. Wielandt, Das Staatsrecht des Großherzogtums B.,
in Marquardsens HB d. Oeff. R. III. 1, 1895; K. A. Kopp,
Die Gesetze und Verordnungen über die Organisation der
inneren Verw im Großh. B., 1896; Fr. Affolter, Sy-
stem des bad. Verwechts, 1904; A. Glock, Staats= und
Rechtskunde für B., 1908t;: C. Bornhak, Das Groß-
herzogtum B., 1908; E. Walz, Die rechtliche Stellung
des St. M. im Großherzogtum B., S 285 ff der Festgabe
für Laband 1, 1908; A. Buchenberger, Finanzpolitik
und Staatshaushalt im Großh. B., 1902; E. Walz, Staats-
recht des Grosih. B., 1909; ferner oben unter A.
Schenkel (Lewald).
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