Bauwesen I. Reich und Preußen. C. Baupolizei)
C. Baupolizei "
5 1. Begriff. 1 2. Quellen. 1 3. Materieller Inhalt.
#si 4. Formeller Inhalt. 71 5. Baupolizeibehörden.
# 1. Begriff der Baupolizei. Die B# im ob-
jektiven Sinne (BiPRecht) umfaßt die Rechtsgrund-
sätze über die Befugnisse der öffentlichen Gewalt
gegenüber den Bauenden und den Bauten. Die
Einschränkungen, denen in Preußen die Freiheit
der baulichen Ausnutzung des Grundeigentums
unterworfen ist, werden bestimmt durch die Rück-
sichten der Feuersicherheit, der Verhütung von
Unglücksfällen, des Verkehrs, der Gesundheit und
— bis zu einem gewissen Grade — des Schön-
heitsgefühles. Die Regelung der nachbarlichen
Beziehungen und die Wahrnehmung des Interes-
ses der sozialen Wohlfahrt gehören nach preußi-
schem Rechte nicht zu den unmittelbaren Aufgaben
der BP (ogl. Baltz 2, 3, Münchgesang 373). Das
Gebiet der BR ist im übrigen nicht scharf begrenzt
und berührt sich vielfach mit anderen Zweigen der
Polizei. Ein allgemein gültiger Grundsatz für die
Beantwortung der Frage, ob eine Maßnahme als
baupolizeiliche zu gelten hat oder nicht, läßt sich
schwer aufstellen, vielmehr ist die Entscheidung
von Fall zu Fall zu treffen. Immerhin ist es von
Bedeutung, ob eine Anordnung aus feuer-, si-
cherheits-, verkehrs= und gesundheitspolizeilichen
Rücksichten Anforderungen an die konstruktive Be-
schaffenheit von Baulichkeiten stellt. Gewisse Hin-
weise gibt die Rechtsprechung des Oberverwe-
richtes (23, 315; 27, 386; 32, 338; 39, 368; 41, 362;
43, 370).
BuyPim subjektiven Sinne ist derjenige Teil der
öffentlichen Gewalt, der das öffentliche Interesse
den Bauenden gegenüber zur Geltung zu bringen
berufen ist. .
8 2. Quellen. Das Reich hat die BP nicht
für sich in Anspruch genommen (Art 4 RV); nach
Art 111 EGzBGB bleiben die landesgesetzlichen
Vorschriften, welche im öffentlichen Interesse das
Eigentum in Ansehung tatsächlicher Verfügungen
beschränken, unberührt. Die Grundlagen für die
einschlägigen Normen bildet daher das Landesrecht.
1. Reichsgesetzliche Bestimmungen für das
Gebiet der B# sind nur enthalten:
1. im Strafgesetzbuche. Nach # 330
wird, wer bei der Seitund oder Ausführung eines
Baues wider die allgemein anerkannten Regeln
der BKunst dergestalt handelt, daß hieraus für
andere Gefahr entsteht, mit Geldstrafe bis zu 900
M. oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft.
Wer auf öffentlichen Straßen, Wegen oder Plät-
zen, auf Höfen, in Häusern und überhaupt an Or-
ten, an welchen Menschen verkehren, Brunnen,
Keller, Gruben, Oeffnungen oder Abhänge der-
gestalt unverdeckt oder unverwahrt läßt, daß dar-
aus Gefahr für andere entstehen kann; wer trotz
der polizeilichen Aufforderung unterläßt, Gebäude,
welche den Einsturz drohen, auszubessern oder
niederzureißen; wer Bauten oder Ausbesserungen
von Gebäuden, Brunnen, Brücken, Schleusen
oder anderen Bauwerken vornimmt, ohne die
von der Polizei angeordneten oder sonst erfor-
derlichen Sicherheitsmaßregeln zu treffen; wer
als BHerr, BMeister oder BHandwerker einen B
oder eine Ausbesserung, wozu die polizeiliche Ge-
nehmigung erforderlich ist, ohne diese Genehmi-
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gung oder mit eigenmächtiger Abweichung von dem
durch die zuständige Behörde genehmigten B Plane
ausführt oder ausführen läßt, wird mit Geldstrafe
bis zu 150 M. oder mit Haft bis zu 6 Wochen be-
straft (§ 367 Nr. 12—15). Mit Geldstrafe bis zu
60 M. oder mit Haft bis zu 14 Tagen bedroht §368
Nr. 3 und 4 denjenigen, welcher ohne polizeiliche
Erlaubnis eine neue Feuerstätte errichtet oder be-
reits vorhandene an einen anderen Ort verlegt
[AAnsiedlungssachen,j, oder welcher es unter-
läßt, dafür zu sorgen, daß die Feuerstätten in sei-
nem Hause in baulichem und brandsicherem Zu-
stande unterhalten, oder daß die Schornsteine zur
rechten Zeit gereinigt werden. Unter Geldstrafe bis
zu 100 M. oder Haft bis zu 4 Wochen stellt § 369, 3
Gewerbetreibende, welche in Feuer arbeiten, wenn
sie die Vorschriften nicht befolgen, welche von der
Polizeibehörde wegen Anlegung und Verwah-
rung ihrer Feuerstätten, sowie wegen der Art und
Zeit, sich des Feuers zu bedienen, erlassen sind.
2. In der Gewerbeordnung. Nach #5 18
hat sich die gewerbepolizeiliche Prüfung genehmi-
gungspflichtiger Anlagen zugleich auf die Beach-
tung der bau-, feuer= und gesundheitspolizeilichen
Vorschriften zu erstrecken. Auch bei der Konzessio-
nierung von Kranken-, Privatentbindungs= und
Privatirrenanstalten (§ 30 b) und von Gast= und
Schankwirtschaften (§ 33 Ziff 2) ist die Zulänglich-
keit in baulicher Hinsicht mit zu prüfen. Für die
Einrichtung der Arbeitsräume in gewerblichen Be-
triebsstätten geben die §#§ 120 a bis e Bestimmun-
gen. Die Novelle v. 7. 1. 1907 (Rüöl3) schafft die
Möglichkeit, ungeeignete Elemente vom BGewerbe
oder der Ausführung schwicrigerer Bauten fern
zu halten [PYoben B. Bauge werbe 321.
3. In dem G, betr. die Beschränkun-
gen des Grundeigentums in der
Umgebung von Festungen,, v. 21. 12.
1871 (Rl 439), welches im Interesse der Ver-
teidigungsfähigkeit der festen Plätze u. a. auch Vor-
schriften über die BAusführungen im Vorgelände
gibt (UFestungenls.
II. Die landesgesetzlichen Bestimmun-
gen, welche in Preußen für das Gebiet der Bye
von Bedeutung sind, finden sich z. T, in dem
ALR Teil J Tit. 8 88 33ff. Außerdem kommen die
Vorschriften des § 10, II 17 ALK über die allge-
meinen Befugnisse der Polizei in Betracht. Auf
dieser gesetzlichen Bestimmung sowie auf §& 6 Pol
Vöbezw. der V für die neuen Provinzen v. 20. 9.
1867(68 1529) beruhen die zahlreichen BP Verord-
nungen, welche das für Preußen geltende BPecht
im engeren Sinne darstellen. Die großen Unter-
schiede in den BGewohynheiten, den klimatischen
Verhältnissen, der Bodenbeschaffenheit, dem Wirt-
schaftsbetriebe und dem durchschnittlichen Wohl-
stande der Bevölkerung haben es nicht ratsam er-
scheinen lassen, für die gesamte preußische Mo-
narchie ein einheitliches BG zu erlassen (Drucks
AbgH. 99 Nr. 309, 15; Verh 99P, 2481); vielmehr
sind die bei BAusführungen im öffentlichen In-
teresse zu beachtenden Vorschriften je nach Bedürf-
nis und Zweckmäßigkeit für Provinzen, Regie-
rungsbezirke, Kreise oder Ortspolizeibezirke als
Polizeiverordnungen (LVG 137 ff)
ergangen, für deren Abfassung der Minister der
öffentlichen Arbeiten durch Vf v. 28. 8. 1880 (III,
14 323) den Behörden ein Muster mitgeteilt hat.
Als neuere Bordnungen, welche modernen An-