Bauwesen (I. Reich und Preußen. C. Baupolizei)
nicht feuersichere Bedachung zugelassen ist. Für
die Gebiete, in denen die niedersächsische BWeise
heimisch ist, wird der Zusammen B von Wohn-
räumen, Ställen und Scheunen unter einem
Dache gestattet. Nach dem Min E v. 11. 10. 09
sollen in dieser Richtung noch weitere Erleichte-
rungen eingeführt werden.
c. Einen breiten Raum in den B0O nehmen
ferner die Vorschriften, welche im Interesse der
Gesundheit erlassen sind, ein. Sie beziehen
sich in erster Linie auf die Gesamtanlage der Ge-
bäude. Besonders in den Städten, in welchen die
Gefahr einer allzudichten Bebauung wegen der
Höhe der Bodenpreise besteht, wird die Freihal-
tung eines bestimmten Prozentsatzes des Grund-
stückes von der Bebauung verlangt. Auch be-
stehen Einschränkungen in Bezug auf die Errich-
tung von Neben--, Quer= und Hintergebäuden.
Die Zahl der Geschosse und die Höhe der Gebäude,
die nicht überschritten werden darf, ist festgesetzt;
zumeist darf die Höhe das Maß der Straßenbreite,
in besonders breiten Straßen ein bestimmtes
Höchstmaß (z. B. 22, 18, 15 m) nicht übersteigen.
In größeren Städten und weiten zusammenhän-
genden BGebieten mehrerer Gemeinden sind
gerade durch unterschiedliche Behandlung dieser
Punkte die oben erwähnten einzelnen Zonen und
Bflassen geschaffen, wobei für gewisse Gebiete
die offene BWeise vorgeschrieben wird. Weitere
Bestimmungen werden im gesundheitlichen In-
teresse für die Herstellung der einzelnen, zum
dauernden Aufenthalte von Menschen bestimmten
Räume getroffen; diese müssen trocken, also auch
frei von der Einwirkung des Grundwassers und
der Erdfeuchtigkeit sein und durch Fenster von aus-
reichender Größe und zweckentsprechender Lage
unmittelbar Luft und Licht von außen erhalten.
Die Anlage von solchen Räumen in Dach- und
Kellergeschossen ist z. T. weitgehenden Beschrän-
kungen unterworfen oder ganz ausgeschlossen.
Das Verputzen nicht genügend ausgetrockneter
Wohngebäude ist wie die vorzeitige Ingebrauch-
nahme verboten. Endlich sind für die Wasserver-
sorgung, die Entwässerung, die Anlage der Brun-
nen und der Aborte, die Aufbewahrung der Ab-
fallstoffe, die Herstellung von Dungstätten, Senk-
gruben usw sowie die Errichtung von Viehställen
Vorschriften gegeben, welche die Entstehung und
Verbreitung von Krankheiten verhindern sollen.
Hierher gehören übrigens auch die Bestimmungen,
welche von gewissen Bezirken Anlagen ausschlie-
ßeen, die starken Rauch oder Ruß, üble Gerüche
oder schädliche Ausdünstungen oder ungewöhnli-
ches Geräusch verursachen, sowie die Vorschrift,
daß bei dem Anstrich der Gebäude keine Farben
verwandt werden dürfen, welche den Augen
schädlich sind.
. Aus Rücksichten des Verkehrs machen
sich die BO regelmäßig die Vorschriften des
Gv. 2. 7. 1875 zu eigen und verbieten ausdrücklich
die Ueberschreitung der BFluchtlinien durch Bau-
lichkeiten. Wo Fluchtlinien nicht bestehen, wird
die Einhaltung eines Abstandes von etwa 3 m
von der Straßen- oder Wegegrenze gefordert. Im
übrigen dürfen nur Grundstücke, die an einen öf-
fentlichen Weg grenzen, oder ' deren Zugänglich-
keit sonst in ausreichender Weise gesichert ist, be-
baut werden. [U Ansiedlungl.
e. Die Wahrnehmung ästhetischer Inter-
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essen kann durch die BO nicht in weiterem Um-
fange erfolgen, als es nach § 1 G v. 15. 7. 1907
zulässig ist. Danach ist die baupolizeiliche Geneh-
migung zur Ausführung von Bauten und bau-
lichen Aenderungen zu versagen, wenn dadurch
Straßen oder Plätze der Ortschaft oder das Orts-
bild gröblich verunstaltet werden würde. Dar-
über hinaus kann die Verunstaltung von Ort-
schaften durch BAusführungen nur dann verhin-
dert werden, wenn durch Ortsstatut hierfür eine
Grundlage geschaffen ist. Nach näherer Vorschrift
des G können auf diesem Wege Straßen und Plätze
sowie einzelne BWerke von geschichtlicher oder
künstlerischer Bedeutung geschützt werden (§ 2),
ferner kann die Anbringung verunstaltender Re-
klameschilder, Schaukästen usw verhindert (§ 3),
endlich können für die Bebauung bestimmter Flä-
chen (wie Landhausviertel, Badeorte, Pracht-
straßen) besondere über das sonst baupolizeilich zu-
lässige Maß hinausgehende Anforderungen ge-
stellt werden (5 4). Bei dem Erlasse der Ortssta-
tuten und ihrer Handhabung sind Sachverständige
zu beteiligen (II 5, 6). Ueber den Schutz land-
schaftlich hervorragender Gegenden gegen bauliche
Verunstaltung können die Reg Präsidenten mit
Zustimmung der Bezirksausschüsse Bestimmung
treffen (§ 8). ( Denkmalspflegel.
k. Neben den Vorschriften über die Gestaltung
der Gebäude enthalten die BO regelmäßig Be-
stimmungen über die Herstellung der Gerüste und
die Anlegung von BZäunen zum Schutze der
Arbeiter und des Publikums. Außer-
dem sind überall, wo eine regere Beätigkeit
herrscht, besondere Pol V über die Arbeiterfür-
sorge nach dem in § 2 erwähnten Muster erlassen.
Näheres über den Inhalt 7B.Baugewerbe 83 Abs. 2.
2. Sonderbestimmungen für ge-
wisse Gebäude und bauliche Her-
stellungen. Die Einrichtung von Gebäuden,
in denen zeitweise größere Menschenansammlun-
gen stattfinden, bedarf zur Verhütung von Ge-
fahren, welche besonders beim Ausbruche von
Feuer oder einer Panik drohen, der besonderen
Fürsorge der Polizei. Deshalb sind in allen Reg-
Bezirken Pol V, betr. die bauliche Anlage und
die innere Einrichtung von Theatern, Zir-
kus gebäuden und öffentlichen Versamm-
lungsräumen erlassen worden, welche ei-
nem von dem Minöl und Min Inn unter dem 6.
4. 09 mitgeteilten Muster entsprechen. Die darin
gegebenen Vorschriften beziehen sich bei Thea-
tern auf die Lage und Verbindung mit der Straße,
die Bauart, das Zuschauerhaus, das Bühnenhaus,
die Beleuchtung, Heizung und Lüftung, die Feuer-
löscheinrichtungen und den Betrieb; bei Zirkussen
und Versammlungsräumen werden Bestimmun-
gen über die möglichst feuersichere Herstellung,
die Zahl der Besucher und die Einrichtungen, die
eine schnelle Entleerung gewährleisten sollen,
getroffen, wobei für Versammlungsräume mit
Bühnenanlagen für gelegentliche Theaterauffüh-
rungen und solche mit Bühnenpodien für Vorträge
und Schaustellungen noch besondere Forderungen
gestellt werden. Für den B und die Einrichtung
von Warenhäusern und andern Geschäfts-
häusern, in denen größere Mengen brennbarer
Stoffe feilgehalten werden, sind zwar keine Pol-
V erlassen worden, wohl aber haben die Ressort-
minister unter dem 2. 11. 1907 (Ml S. 22 bis