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Bauwesen (VI. Hessen)
Birektion (1822—76), es kann ihr die selbständige
Ausübung der Bäusführung staatlicher Neubauten
seitens der Min übertragen werden. Von dieser
Befugnis ist auch schon wiederholt Gebrauch ge-
macht worden. Die Ministerial-Abteilung für B.
setzt sich zusammen aus 12 technisch gebildeten vor-
tragenden Räten und Hilfsarbeitern und einem
technischen Ministerial-Sekretär. Den Vorsitz
führt ein Ministerialrat, der z. Z. nicht Techniker ist
(Jurist). Zwei von den vortragenden Räten sind
im Pauptamt Professoren an der technischen Hoch-
schule. Zwei vortragende Räte wirken auch in
baulichen Angelegenheiten der Forst= und Kameral-
Verw mit.
Die Bübteilung übt die Disziplinargewalt über
die staatlichen BBeamten aus. Es untersteht ihr
das staatliche Hoch B. nebst Denkmalpflege, das
staatliche Fluß-, Brücken= und Dammbauwesen.
Das B. der Eisenbahn Verw ist ausgeschlossen,
ebenso das B. der dem Geschäftsbereich des Min-
Inn unterstellten Kultur-Inspektionen, in welchem
Gebiet die Ministerial-Abteilung für B. nur begut-
achtend mitwirkt. Ferner wirkt sie mit in Ange-
legenheiten der Kreisstraßen Verw speziell auf dem
Gebiete der B-, Fluß-, Damm= und Schiffahrts-
Pol, sowie der Straßen Pol und zwar in technischer
und administrativer Hinsicht. Straßenneubauten
werden begutachtet und genehmigt. Im Ge-
meinde-, Kirchen= und Stiftungs B. erfolgt die Be-
arbeitung der Bängelegenheiten, soweit erforder-
lich, ebenfalls durch diese Ministerial-Abteilung.
In wichtigeren Fällen kann in diesem Gebiet
auf Antrag der oberen Verw Behörde, der Lokal-
vorstände und der oberen Kirchenbehörde seitens
der Ministerial--Abteilung für B. eine Begut-
achtung von Entwürfen stattfinden (Al v. 6.
01).
Der Ministerial-Abteilung für B. ist ein bau-
technisches und hydrographisches Bureau angeglie-
dert, während ihr folgende BAemter unterstellt
sind: 7 Hochbauämter, davon 3 in der Provinz
Starkenburg (Darmstadt, Bensheim,
Dieburg), 3in der Provinz Oberhessen (Gie-
ßen, Friedberg, Alsfeld), 1 in der
Provinz Rheinhessen (Mainz):; 2 Wasserbau-
ämter in Rheinhessen (Mainz und Worms);
1 Tiefbauamt in Bad--Nauheim.
Für größere BäAusführungen werden außerdem
nach Bedarf besondere Neubaubehörden errichtet.
Z. Z. bestehen 1 Dammbaubehörde mit dem Amts-
sit in Mainz, 5 Neubaubehörden für Hochbau-
ten (Alzey, Mainz, Gießen, Darmstadt) und eine
Straßenneubaubehörde in Erbach i. O.
Die Geschäfte der im Jahre 1894 errichteten und
1896 aufgehobenen 5 Straßenbauämter sind an
die Kreisämter übergegangen, denen auch
die Unterhaltung der Kunststraßen, die Ausübung
der B= und Straßen Pol obliegt. An den Kreis-
ämtern sind somit bedeutende technische Arbeiten
zu leisten, weshalb bei jedem derselben ein Tech-
niker als Kreisbauinspektor angestellt
ist. In den meisten Kreisen ist dem Kreisbau-
inspektor ein nicht angestellter Reg Baumeister bei-
gegeben. Die Leitung der Beausfsichtigung der
Geschäfte des Kreisbauinspektors steht dem Kreis-
rat zu. Disziplinär untersteht der Kreisbauinspek-
tor der Ministerial-Abteilung für B., die wie schon
oben bemerkt in B= und Verwngelegenheiten der
Kreisstraßen Verw, also im Arbeitsgebiet der Kreis-
bauinspektion mitwirkt. Im ganzen bestehen im
Großherzogtum Hessen 18 Kreisämter.
Als weitere technische Behörden sind im Groß-
herzogtum 4 Kultur-Inspektionen mit
dem Sitz in Darmstadt, Mainz, Friedberg und
Gießen eingerichtet. Sie unterstehen dem Min-
Inn. Als Vorstände der einzelnen BAemter sind
für den höheren Staatsdienst geprüfte BBeamte
der entsprechenden Fachrichtung angestellt, die den
Amtstitel „Bau--Inspektor“ führen. Bei der
Kultur-Inspektion erfolgt die Anstellung mit dem
Titel „Kultur-Inspektor"“. Diesen sind die erfor-
derlichen technischen Hilfsbeamten beigegeben, die
Hochbauaufseher, Brücken-, Dammmeister und
Kulturtechniker.
Die Baubeamten für den höheren
Staatsdienst haben ihre Befähigung durch
das Bestehen einer Staatsprüfung nachzuweisen
(V v. 23. 1. 07). Die Voraussetzungen für die
Zulassung zur Staatsprüfung sind:
1. Ein vor Beginn des Fachstudiums erworbe-
nes Reifezeugnis von einem Gymnasium, Real-
Gymnasium, einer neunstufigen Ober-Realschule
des Deutschen Reiches oder einer diesen Lehr-
anstalten gleichwertig erachteten Anstalt des In-
oder Auslandes.
2. Der von der Großherzoglich technischen Hoch-
schule erteilte Grad eines Diplom-Ingenieurs,
welchem gleichsteht der von einer anderen tech-
nischen Hochschule erteilte Grad eines Diplom-In-
genieurs, wenn über Gleichstellung und Anerken-
nung der Diplom-Prüfungen mit der zuständigen
Reg Vereinbarungen getroffen sind.
3. Eine unter staatlicher Leitung erfolgte Aus-
bildung. Während der staatlichen Ausbildungszeit
sind die Diplom-Ingenieure berechtigt den Titel
„Regierungsbauführer“ zu führen. Die Ausbil-
dungszeit beträgt 3 Jahre. Im ersten Jahre haben
sich die BFührer mit den Vorbereitungen eines B
und dem BBetrieb, sowie mit der Herstellung von
BGegenständen in Werkstätten u. dgl. vertraut zu
machen und sich bei der Aufstellung von Ent-
würfen, Kostenanschlägen usw. zu beschäftigen.
Während der beiden letzten Jahre sollen sich die
BFührer mindestens 18 Monate bei den Leitungen
von Beusführungen verwenden lassen. Hiernach
sollen sie je 3 Monate in dem Bureau eines BAmtes
und bei der Ministerial-Abteilung für B. tätig sein.
Während der Ausbildung bei einer staatlichen
Dienststelle wird in der Regel keine Vergütung
gewährt, nur während der Beschäftigung bei Aus-
führung von Bauten kann eine solche nach Maß-
gabe der vorhandenen Mittel bewilligt werden.
Mit dem Ausscheiden eines BFührers aus dem
Staatsdienst erlischt der Titel „Regierungsbaufüh-
rer“. Die Ablegung der Staatsprüfung erfolgt vor
dem Ober-Prüfungsamt. Das Ober-Prüfungs-
amt beschließt über die Zulassung zur Staats-
prüfung. Die Prüfung umfaßt: 1. Die Bear-
beitung eines durch Zeichnungen darzustellenden
und eingehend zu begründenden Entwurfs nach bei-
gegebenem Programm (häusliche Probearbeil).
2. Die Bearbeitung von Aufgaben unter Auf-
sicht. 3. Eine mündliche Prüfung. Nach bestan-
dener Prüfung erfolgt auf Antrag die Verleihung
des Titels „Regierungsbaumeister“ und Eintra-
gung in die Liste der Staatsdienstanwärter. Ein
Anspruch auf dauernde entgeltliche Verwendung
im Staatsdienst steht den Reg Baumeistern nicht zu.