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Beamte
pragmatik genannt — zum Staatsdienst be-
rufenen) und nichtpragmatischen (d. i.
durch die Ressortministerien oder die ihnen unter-
geordneten Stellen berufenen und nach Maßgabe
der Allerh. V. v. 26. 6. 94 zu behandelnden)
Staatsbeamten unterschieden hatte, ist durch das
B v. 16. 8. 08 (GVl 581) mit der Vollzugs BV
v. 10. 12. 08 (GVBl 1041) ein einheitliches, den
modernen Anschauungen entsprechendes umfas-
sendes B.-Gesetz geschaffen worden.
Dadurch, daß die Rechtsverhältnisse der B. im
Reiche wie in den Einzelstaaten nach wesentlich
übereinstimmenden Grundsätzen geregelt sind,
wird es möglich, eine allgemein zutreffende Dar-
stellung dieser Verhältnisse zu geben, wie sie nach-
folgend versucht ist. Bemerkenswerte Abweichun-
gen in den einzelnen Staaten sind besonders
hervorgehoben.
5 3. Einteilung der staatlichen Berufsbeamten.
(Staatsdiener). Der öffentliche Staatsdienst zer-
fällt in den Heeresstaatsdienst und den
bürgerlichen Staatsdienst. Der Hee-
resstaatsdienst hat sich nach den Bedürfnissen der
Heeresverfassung in einer von dem bürgerlichen
Staatsdienste völlig verschiedenen Weise gestaltet.
Von den im Heeresstaatsdienst tätigen Personen
wird bei den meisten Staatsrechtslehrern nur
denjenigen, die, wie die Offiziere und Militär-
B., den Militärdienst berufsmäßig aus-
üben, B.Eigenschaft zugesprochen; dagegen pfle-
gen diejenigen, die, wie die gemeinen Soldaten,
nur in Erfüllung einer allgemeinen Untertanen-
pflicht Dienste leisten, nicht als B. angesehen zu
werden. Bemerkenswert ist jedoch, daß in dem
R v. 22. 5. 10 (RBl 798) über die Haftung
des Reichs für seine B. sämtliche Personen des
Soldatenstandes den Reichs B. gleichgestellt sind
(5§ 1). In betreff der B.Eigenschaft der Offi-
ziere hat sich in der Ra Sitzung v. 18. 3.
09 der preußische Kriegs Min dahin geäußert:
„Wir Offiziere in der Armee sind im wei-
teren Sinne Beamte. Wir haben min-
dere Rechte, als viele B., und müssen sie haben,
weil der Allerhöchste Kriegsherr unter allen Um-
ständen einen gewissen diskretionären Gebrauch
von seinen Offizieren zu machen jederzeit be-
fähigt sein muß. Das hängt zusammen mit dem
Berufe des Offiziers.“ (St Ber des RT, 12. Legisl.=
Periode, 1. Session 1907/09, 7541).
Im bürgerlichen Staatsdien stsind
zu unterscheiden:
a) Reichs= und Landesbeamte.
Reichsbeamte sind diejenigen B., die vom
Kaiser oder einer von ihm beauftragten Reichs-
behörde angestellt sind und zum Reich in einem
dauernden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis
stehen, Landesbeamte diejenigen, die von dem
betreffenden Staatsoberhaupt oder dessen ver-
fassungsmäßig dazu berufenen Organen ange-
stellt sind und zu dem betreffenden Einzelstaat
in einem dauernden, öffentlich-rechlichen Dienst-
verhältnis stehen. Zu den Reichs B. werden außer-
dem diejenigen B. gerechnet, die zwar von dem
Oberhaupt eines Einzelstaates oder dessen Or-
ganen angestellt, aber nach Vorschrift der Reichs-
verfassung den Anordnungen des Kaisers Folge zu
leisten verpflichtet sind. Dazu gehören: die nach
der sich auch häufig bei ihrer Anstellung eine Mit-
à 50 der Reichs Verf von den Landesregierungen
anzustellenden mittleren und unteren Post= und
Telegraphen B. mit Ausnahme der Post= und
Telegraphen B. in Bayern und Württemberg,
ferner die Militär B. mit Ausnahme derjenigen in
Bayern.
Daß die B. des Reichslandes Elsaß-Loth-=
ringen LandesB. und nicht Reichs B. sind, ist
zwar in der staatsrechtlichen Theorie bestritten,
in der Praxis aber allgemein anerkannt und u. a.
auch in der Begr zu dem Gesetzentwurf über die
Haftung des Reichs für seine B. (Vhdl des RL
12. Leg.-Per. 1. Sess. 1907/09, S. 255, 8231) aus-
drücklich zum Ausdruck gebracht. Die in Rede
stehenden B. sind Organe der durch den Kaiser ver-
tretenen Landesstaatsgewalt, wie sie denn
auch ihre Besoldung aus Landesmitteln beziehen
und dem Statthalter dienstlich unterstellt sind.
Durch die Einführung des RB sind sie nicht zu
Reichs B. geworden, wie sich u. a. schon daraus
ergibt, daß ihre Rechtsverhältnisse durch
„Landesgesetz“ geändert werden können, ohne daß
zugleich eine entsprechende Aenderung für die
Reichs B. eintreten muß. Dagegen gehören die
Reichsbankbeamten, denen durch 5 28
des Reichsbank G v. 14.3. 75 ausdrücklich die Rechte
und Pflichten der Reichs B. beigelegt sind, auch
begrifflich zu den Reichs B., weil die Reichsbank-
Verw eine Reichs Verw ist und ihre B. vom Kaiser
oder von kaiserlichen Behörden angestellt werden.
Die Landes-Beamten zerfallen in:
b) Richterliche und nichtrichterliche
Beamte.
Für die richterlichen B. sind zur Wahrung
ihrer Unabhängigkeit bezüglich der
Disziplin, Anstellung, Versetzung, Zwangspensio-
nierung, Bewilligung von Gehaltszulagen usw.
besondere Vorschriften gegeben. Auch unter-
liegt ihre Amtstätigkeit, soweit die eigentliche
Rechtsprechung in Frage kommt, keinerlei Kon-
trolle seitens der Aufsichtsbehörden. Die nicht-
richterlichen B. werden geschieden in:
c) Unmittelbare und mittelbare
Staatsbeamte.
Diese in manchen Bundesstaaten, wie z. B.
Württemberg und Baden, unbekannte Unter-
scheidung führt auf § 69 Titel 10 Teil II des All-
gemeinen Landrechts für die Preußischen
Staaten zurück und beruht auf den damals herr-
schenden staatsrechtlichen Anschauungen, wonach
die Gemeinden schlechthin, die öffentlich-rechtlichen
Korporationen aber insoweit als Staatsanstalten
beurteilt wurden, als sie organisch in die Ver-
fassung des Staates eingegliedert sind und staat-
liche Aufgaben nach Maßgabe der Staatsgesetze
zu erfüllen haben. Unmittelbare Staats-
beamte sind daher diejenigen B., die im un-
mittelbaren Dienste des Staates stehen und dem-
gemäß ihr Amt unmittelbar und allein vom Mon-
archen oder einer von ihm dazu ermächtigten
Behörde erhalten haben. Mittelbare Staats-
beamte werden diejenigen genannt, die im
Dienste einer der Körperschaften des öffentlichen
Rechts, denen der Staat die Erfüllung gewisser
staatlicher Aufgaben in ihrem Kreise unter seiner
allgemeinen Aussicht als selbständige Tätigkeit über-
lassen hat, und somit im mittelbaren Dienste des
Staates stehen. Die mittelbaren Staats B. unter-
liegen der Aufsicht und der Kontrolle des Staates,
wirkung in der Form vorbehalten hat, daß ihre