Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Beamte 
kann nämlich ein unwiderruflicher B. jederzeit 
unter Wahrung aller seiner Rechte aus dem 
Dienstverhältnis, also namentlich auch seines An- 
spruchs auf das volle Diensteinkom- 
men, seines Dienstes vorläufig enthoben wer- 
den ([Disziplin 5 17). 
Keine Beränderung erleidet das B. Verhältnis 
als solches, wenn mit dem Verluste des bisherigen 
Amtes die Uebertragung eines neuen Amtes ver- 
bunden wird, wie das 
3. bei der Versetzung der Fall ist. Ab- 
gesehen von der sog. „Strafversetzung“", die als 
Disziplinarstrafe zur Anwendung kommt und mit 
gewissen Nachteilen, wie Verlust des Anspruchs 
auf Umzugskosten oder Verminderung des Dienst- 
einkommens, verbunden zu sein pflegt, kann jeder 
nichtrichterliche Beamte, wenn er dadurch weder 
im Range noch in seinem anschlagsmäßigen Dienst- 
einkommen (in Baden: nur im anschlagsmäßigen 
Diensteinkommen — BG# #5 5) verkürzt wird und die 
Umzugskosten vergütet erhält, auch gegen sei- 
nen Willen im Interesse des Dienstes in eine 
andere seiner Berufsbildung entsprechende Stelle 
versetzt werden. Richter dagegen können nach # 8 
GV#widerihren Willen nur kraft richterlicher Ent- 
scheidung und nur aus den Gründen und unter den 
Formen, welche die Gesetze bestimmen, an eine 
andere Stelle versetzt werden: nur bei einer Ver- 
änderung in der Organisation der Gerichte oder 
ihrer Bezirke sind Versetzungen an ein anderes 
Gericht durch die Landesjustiz Verw zulässig. 
§s 12. Staatsbeamte im weiteren Sinne. 
Privatbeamte. Unter den Staatsbeamten im 
weiteren Sinne sind zunächst hervorzuheben die 
Ehrenbeamten der Selbstverwal- 
tungskörperschaften d. h. derjenigen 
dem Staate untergeordneten und in seinen Orga- 
nismus eingefügten Rechtspersönlichkeiten, denen 
die selbständige Erledigung staatlicher Angelegen- 
heiten übertragen ist (Kommunalverbände, Ar- 
men-, Schul-, Wege-, Deichverbände, Fischerei- 
genossenschaften, Knappschaftsvereine usw.); ferner 
die als richterliche Ehrenbeamte tätigen Han- 
delsrichter. Beide sind Staats B., nud es wal- 
tet auch bei ihnen ein ähnliches Dienstpflichtverhält- 
nis ob, wie bei den berufsmäßigen B. Da csie aber 
als Ehren B. die Tätigkeit im öffentlichen Dienste 
nur als Nebenbeschäftigung neben anderen Berufs- 
geschäften ausüben, so ist das B. Verhältnis bei 
ihnen kein volles, und die Vorschriften, welche 
die Rechte und Pflichten der Staatsbeamten re- 
geln, finden auf sie nur teilweise Anwendung. 
Eine weitere Ausdehnung hat der Begriff des 
Staats B. im § 359 Strafgesetzbuch er- 
fahren. Als B. im Sinne dieses § 359 ist jeder an- 
zusehen, der von zuständiger Stelle berufen wor- 
den ist, als Organ des Staates öffentliche, dem 
Staatszweck dienende Funktionen wahrzunehmen. 
Hier ist also nicht das besondere, durch An- 
stellung im Staatsdienste begründete Dienst- 
verhältnis (s. oben #& 4) das wesentliche 
Moment für den B. Begriff; vielmehr ist nur die 
Tatsache entscheidend, daß jemand öffentlich- 
rechtliche Funktionen auf Grund staatlicher Be- 
rufung (Anstellung) wahrnimmt. In diesem 
Sinne sind z. B. auch die Schiedsmänner, Kurs- 
makler, die mit der Wahrnehmung der Bahn- 
polizei beauftragten Bediensteten einer Eisen- 
bahngesellschaft, die öffentlich angestellten Fleisch- 
v. Stengel--Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. 
  
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beschauer, die von einem Tierschutzverein mit Ge- 
nehmigung der Staatsbehörde angestellten Hunde- 
fänger als B. anzusehen; auch den Geistlichen, die 
als Kirchen B. zwar öffentliche B., aber 
keine Staats B. sind, ist dennoch die Eigenschaft 
eines Staats B. im Sinne des 8 359 StGB 
insoweit zuerkannt worden, als sie gesetzlich 
berechtigt sind, aus den früheren Kirchenbüchern 
Zeugnisse mit amtlichem Charakter auszustellen. 
Dagegen sind, wie beiläufig bemerkt wird, die 
mit der Schulaufsicht betrauten Geist- 
lichen in diesem ihrem Nebenamt als Schulin- 
spektoren berufsmäßige Staatsbe- 
amte, also nicht bloß Staats B. in dem allge- 
meinen Sinne des § 359 StaG#. 
Aber nicht jeder Träger eines Staatsamts besitzt 
zugleich die Eigenschaft eines B. Schöffe n und 
Geschworene werden z. B. nicht als B. ange- 
sehen, weil sie ihre Aemter nur auf Grund einer 
allgemeinen, gesetzlichen Verpflichtung wahrzuneh- 
men haben und weil der rasche Wechsel in der Be- 
setzung ihrer Aemter es mit sich bringt, daß ihre 
amtlichen Funktionen keine dauernden sind. 
Die Rechtsanwälte, Vormünder, 
die Mitglieder parlamentarischer 
Körperschaften oder kommunaler 
Vertretungen bekleiden weder ein Staats- 
amt noch besitzen sie die Eigenschaft von Staats-B., 
denn sie sind zwar für Zwecke des Staates, 
jedoch nicht in dessen Auftrag und als 
dessen Organe tätig. Gleichwohl haben sie 
eine Reihe von Beziehungen mit den StaatsB. 
gemeinsam: insbesondere nehmen die Rechts- 
anwälte als wesentliche Glieder der staatlichen 
Rechtspflege auf diesem Gebiet eine eigenartige 
Stellung öffentlich-rechtlichen Charakters ein. 
Auch sonst gibt es noch Klassen von Personen, 
die, ohne B. zu sein oder ein Amt zu führen, den- 
noch vermöge der mehr oder minder öffentlich- 
rechtlichen Natur ihrer Berufstätigkeit in gewisser 
Beziehung eine beamtenähnliche Stel- 
lung einnehmen. Hierher gehören z. B. die 
Aerzte und die Privatdozenten. 
Uebrigens sei bemerkt, daß der § 12 Nr. 3 des 
„Vorentwurfs zu einem deutschen Strafgesetzbuch“ 
(„Dieses Gesetz versteht unter einem B. eine Per- 
son, die zur Ausübung eines öffentlichen Amtes 
berufen ist“) den Strafschutz sowie die Vorschrif- 
ten über Verbrechen und Vergehen im Amte 
auf alle un beamteten Amtsträger, 
also z. B. auch auf Schöffen und Geschworene, 
ausgedehnt hat. B. im Sinne des Entwurfs ist 
danach jeder, der zur Ausübung eines öffentlichen 
Amtes berufen ist, gleichviel, ob diese Berufung 
auf einem Anstellungsakt oder dem Gesetz oder 
einem anderen gesetzlichen Grunde beruht. 
Neuerdings schließen sich die Privatbeam- 
ten zu einem besonderen Berufsstande zusam- 
men. Sie stehen zu der privaten, wirtschaftlichen. 
„Unternehmung“, der sie ihre Dienste widmen, in 
einem ähnlichen Verhältnis, wie die öffentlichen 
Berufs B. zum Staat und zu den ihm untergeord- 
neten oder von ihm geschützten Korporationen des 
öffentlichen Rechts. Gleichwie diese fingierten 
Rechtspersonen (Staat, Kommune, Kirche usw.) 
nur mit Hilfe der „Beamten“" d. i. der physischen 
Personen, die deren Zwecke zu fördern sich be- 
rufsmäßig verpflichtet haben, Leben gewinnen 
und sich betätigen können, so kann auch die ge- 
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