Begnadigung
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wieder als staatlich anerkannter Bischof seiner
Diözese“ als etwas Außerordentliches bezeichnet.
Daß der Verlust der väterlichen Gewalt infolge
Verbrechens (vgl. z. B. den schweiz. Entw 1908
à 43) schlechthin ein dauernder und durch Gnade
nicht behebbarer sei (so ALN II Tit. 2 5. 259), ist
nicht einleuchtend. Für die Rechtsverwirkung
des BGB Ftl 1680 gilt das weiter oben Gesagte.
Der Ehescheidungsgrund des § 1565 entfällt nicht
durch B., denn die B. schafft die deliktische Hand-
lung nicht aus der Welt. Diese und die Verur-
teilung bleiben bestehen. Somit begründet auch
die Verurteilung, der gegenüber B. erfolgt ist,
Rückfall (z. B. Diebstahl nach 8 244 StGB).
— Ueber den Erlaß von Steuern ufw.
und die Streitfrage, ob dieser als Gnade (La-
band) oder als Dispensation (Georg Meyer) auf-
zufassen sei [Dispensation.
z 6. Wirkungen der Rehabilitation. Die als
besondere Art der Gnade oben (5 3) präzi-
sierte Rehabilitation hat die gleichen Wirkungen,
wie die durch B. im engeren Sinn erfolgende
„Wiedereinsetzung“ (vgl. § 5): „Besondere bür-
erliche Ehrenrechte, die einer besonderen Ver-
eihung oder eines besonderen Erwerbstitels be-
dürfen, werden nicht von selbst wieder erlangt,
sondern nur die Fähigkeit zu deren Wiederer-
werb“ (Begr zum Vorentwurf zu einem Deut-
schen Strafgesetzbuch 1909, Allg. Teil S.175). Die
weitergehenden Wirkungen der gs in einem
weiteren Sinne, die sich aus der Tendenz dieses
Institutes ergeben, die Verurteilung völlig zu
tilgen, sind erst aus ihrer gerichtlichen Form klar
ersichtlich. Immerhin wird man auch bei der
gnadenweisen Form eine Einwirkung auf Rechts-
verwirkungen im allgemeinen — inkl. außerstraf-
rechtlicher Rechtsverwirkungen — präsumieren
dürsen. Doch gilt auch hier die Beschränkung, daß
Rechte Dritter nicht berührt werden dürfen.
ur Illustrierung der verschiedenen Wirkung
auf besondere und gemeine Ehrenrechte vgl.
das bayer. Gv. 10. 7. 61 a 2 und die deutsche
HeerO Fassung 1888, Anlage 5 zu 4 36
5 4; Marine O v. 12. 11. 94, Anlage 11 zu § 48
iff. 5; Bayr. Heer O v. 22. 11. 02, Anlage 8 zu
36 Ziff. 4. Diese letzte normiert übereinstim-
mend mit den deutschen Heer= und Marine-
bestimmungen, daß die R die verlorene
Befugnis wieder herstellt, die Militärkokarde,
das Symbol der gemeinen Ehre, anzu-
legen. Hingegen bedarf es einer ausdrücklichen
Wiederverleihung der infolge gericht-
licher Verurteilung verloren gegangenen Kriegs-
denkmünzen und Dienstauszeichnungen (Aus-
nahmen von diesem Grundsatz s. bei Delaquis,
Rehabilitation im Strafrecht, 93 Anm. 1).
III. Träger des Guadenrechts
8 7. Bei der Begnadigu#g im engeren Sinn.
A. Der Kaiser. Ihm steht das B. Recht zut
a) in Reichsangelegenheiten, die
a) das bürgerliche Strafrecht be-
rühren. Hier kommen vor allem jene Sachen in
Betracht, in denen das Reichsgericht, der Konful
oder das Konsulargericht in erster Instanz er-
kannt hat (St PO 5# 484, Kons GG v. 7. 4. 00
# 72). Dabei ist es gleichgültig, ob der Fall nach
* 136 GB vor das Reichsgericht gehörte oder
— ——— — — — —— — — — — — —
auf Grund des Zusammenhangs (88 2—, 13
St PO) daselbst verhandelt wurde.
Weiterhin besitzt der Kaiser ein B. Recht gegen-
über den Strafurteilen der Kolonialgerichte
(vgl. Schutzgeb G, Fassg. v. 10. 9. 00 § 3) und
nach dem Reichsbeamten G v. 31. 3. 73 (§ 118)
in Disziplinarsachen der Reichsbeamten. End-
lich fixiert die Kais. V v. 15. 2. 89 (52) das
B. Recht des Kaisers in Sachen der Prisenge-
richtsbarkeit.
Auffallend ist bei der Regelung des B.Rechts
im Reiche, daß dem Kaiser hinsichtlich der ihn
selbst betreffenden Beleidigung und der Amts-
verbrechen der Reichsbeamten kein selbständiges
B. Recht eingeräumt ist, obwohl diese Delikte In-
teressen des Reiches berühren. Ebenso verhält es
sich in Zoll- und Steuerstrafsachen nach a 18 des
Sollvereinsvertrags v. 8. 7. 67, vgl. auch a 15
des G v. 1. 7. 69 betr. die Sicherung der Zoll=
vereinsgrenze in den vom Zollgebiet ausgeschlosse-
nen Hamburger Gebietsteilen. Dagegen steht
dem Kaiser das B. Recht zu in Ansehung der von
Reichsverwaltungsbehörden erlassenen Strafver-
fügungen.
6n) In Militärstrafsachen [JMili-
tärgerichtsbarkeitj ist hinzuweisen auf
den Erlaß v. 23. 5. 76, wonach der Kaiser das
B. Recht ausübt hinsichtlich der Strafurteile der
Marinekriegsgerichte und Bordstandgerichte.
b) für Elsaß-Lothringen, d. h. Kür
alle Sachen, in denen ein elsaß-lothringisches Ge-
richt in 1. Instanz erkannt hat (vgl. französ. Verf
v. 14. 1. 52 Tit. III § 9 und Senatuskonsult v.
25. 12. 52 à 1 in Verbindung mit dem R v.
9. 6. 71 & 3).
IP) hinsichtlich der Kolonien. (Vgl. oben zu a.)
B. Die einzelnen Landesherren
resp. Senate in den Bundesstaaten. Allge-
meiner Grundsatz ist bez. deren Zuständigkeit
a) für die nicht militärischen Sachen,
daß jene Staatsgewalt berechtigt erscheint, zu
welcher das in 1. Instanz erkennende Gericht ge-
hört. Wer in höherer Instanz geurteilt hat, ist
ebenso belanglos, wie die eventuelle Verschie-
denheit der Erkenntnisse verschiedener Instan-
zen. Bei Urteilen eines erstinstanzlichen Ge-
meinschaftsgerichts steht das B. Recht
jenem Staate zu, aus dem die Strassache „er-
wachsen" ist. Vgl. die Verträge zwischen Preu-
ßen und Oldenburg v. 20. 8. 78 (Preuß. GS 1879
S 165 ff) a 18; zwischen Preußen und Schwarz-
burg-Sondershausen v. 7. 10. 78 (GS 1879 S
173 ff) a 19 und zwischen Preußen und Lippe
v. 4. 1. 79 (ebenda 219 ff) a 14. Es wird Seuffert
(WBVerw) zuzustimmen sein, daß unter dem
„erwachsen sein“ in der Regel das „begangen sein“
wird verstanden werden müssen. (Vgl. jedoch
weiter unten im Text.) Nach a7 des Vt zwischen
Oldenburg und Lübeck v. 29.—30. 9. 78 über
Errichtung eines gemeinschaftlichen Landgerichts
steht das Recht der B. dem Staate zu, für den
das Gericht fungiert hat. Endlich sei noch hinge-
wiesen auf die Vereinbarung der bei dem gemein-
schaftlichen Landgerichte zu Meiningen beteilig-
ten Staatsregierungen bezüglich der Ausübung
des B.Rechtes in denjenigen Sachen, in welchen
das Landgericht zu Meiningen auf Strafe er-
kannt hat. Maßgebend sind die in der Denk-
schrift des Preuß. Justiz Min v. 26. 5. 80 nieder-