Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

Begnadigung 
  
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——..——. — — — — — —.. 
Rechtes gegenüber den Einwänden des mecklen- 
burgischen Staats Min hat das Oberlandesgericht 
Rostock am 3. 5. 09 entschieden: „daß der Stadt 
Rostock das ausschließliche B. Recht bezüglich der 
von Rostocker Polizei= und Verw Behörden er- 
lassenen und vollstreckkar gewordenen polizei- 
lichen Strafverfügungen und Strafbescheide zu- 
steht, unter Ausscheidung jedoch des B.Rechtes 
rücksichtlich derjenigen Strafbescheide wegen Zu- 
widerhandlungen gegen die Steuergesetze, durch 
welche auf Geldstrafen erkannt ist, die nicht in 
städtische, sonderrn in landesherrliche oder Landes- 
kassen fließen“ (vgl. Mecklenburgische Z für Rechts- 
pflege und Rechtswissenschaft 28, 1ff). Ein analoges 
Recht nimmt die Stadt Wismar in Anspruch. 
Eine Entscheidung, ob dieses Recht nach Inkraft- 
treten der Reichsjustizgesetze v. 1. 10.79 noch Gel- 
tung beanspruchen könne, ist bisher nicht ergangen. 
8. Der zur ,Rehabilitation Berechtigte. 
Träger des Rechtes zur R ist sowohl im mo- 
dernen Zivil- wie Militärstrafrecht 
der Kaiser resp. der Landesherr. Besonders ist 
hinzuweisen auf das Bayrische G v. 10. 7. 61, 
die Aufhebung der Straffolgen und auf die 
Kal Allerh. Verordnung, den Vollzug dieses Ge- 
setzes betreffend (v. 4. 9. 61), welche durch a 3 
Ziff. 8 des bayr. AG#z. St PO v. 18. 8. 79 
als weiterhin in Kraft bleibend erklärt sind. Dem- 
nach steht auch heute die Rdem König zu und 
zwar — da die genannten Normen unter Umstän- 
den (Entlassung aus dem Heere) sich auch auf 
militärgerichtliche Verurteilungen beziehen — auch 
in militärgerichtlichen Fällen (vgl. die Noten des 
Kriegs Min und des Staats Min der Justiz v. 6. 
3. 62 Nr. 2327; 9. 3. 62 Nr. 6798 und das Kriegs- 
ministerialrestript v. 18. 3. 62 Nr. 2511). 
Während aber die oben genannten Gesetze auch 
bezüglich militärgerichtlich Verurteilter nur hin- 
sichtlich der Wiedereinsetzung in die bürgerlichen 
oder politischen Rechte zur Anwendung gelangen, 
regelt sich der Erlaß der Wirkung der Versetzung 
in die zweite Klasse des Soldatenstandes nach den 
Bestimmungen der Heerordnung (für Bayern vl. 
Note des Kriegs Min v. 16. 4. 78 Nr. 3600 und des 
Justiz Min v. 4. 5. 78 Nr. 5401; vgl. auch die 
Anlage 8 zu §# 36 der bayr. Heer O v. 26. 1. 89). 
Auch für diese R ist der Landesherr zuständig. 
Gleichermaßen sind der Kaiser und König von 
Preußen und die Könige von Sachsen und Würt- 
temberg rehabilitationsberechtigt, wenn es sich 
um Versetzung in die 2. Klasse des Soldaten- 
standes durch ein ihnen unterstehendes Militär- 
gericht handelt (uvgl. Anlage 5 zu § 36 der deutschen 
Heer O v. 28. 9. 75/22. 11. 88 und Kriegs Min- 
Vfg v. 3. 2. 83, sowie die Anlage 11 zu § 48 der 
MarineO v. 12. 11. 94). 
Arbeitssoldaten vgl. Schlayer in Hue de Grais, 
HB der Gesetzgebung, III. 2. Bd. 1904 S 524. 
— Das Rehabilitationsrecht nach der französischen 
St PO §§ 619 ff in Elsaß---Lothringen 
steht infolge Rö# v. 9. 6. 71 betreffend die Ver- 
einigung Elsaß-Lothringens mit dem deutschen 
Reiche auch dem deutschen Kaiser zu. 
IV Delegation dem Gnadenrechts 1) 
Die Frage, ob das B. Recht von seinem Inha- 
ber persönlich ausgeübt werden müsse, ob es also 
1) Strafaufschub und Strafaussetzung find auch hier 
Ueber die R von 
  
  
zur" ständigen Uebertragung desselben — vom 
Falle der Verhinderung des Staatsoberhauptes 
abgesehen — eines Gesetzes bedürfe (so z. B. 
Meyer-Anschütz; Rönne, Preuß. Staatsrecht 1, 
548; v. Bar 3, 499, höchst widerspruchsvoll), ist 
streitig. Ist aber die persönliche Entscheidung 
über jedes eingehende Gnadengesuch tatsächlich 
unmöglich, ist die gesetzliche Fundierung jeder 
einzelnen Delegation untunlich, so muß jener 
Ansicht zugestimmt werden, welche die Ueber- 
tragung des B. Rechtes im Wege der Delegation 
für zulässig erachtet, „wofern das Gesetz einer 
solchen Delegation nicht entgegensteht“ (Laband 
4, 487; Arndt, Verordnungsrecht des deutschen 
Reichs 172; vgl. auch ALR +5 9 Tit. 13 Teil II. 
Abw. Pr. Krim.O von 1805 §K 590). Diese Ansicht 
entspricht zudem den im Reiche herrschenden 
Verhältnissen. Es entfällt daher die Notwendig- 
keit, für jeden einzelnen Fall der Delegation die 
rechtliche Gültigkeit (vol. Rönne 548) zu prüfen. 
Die folgenden Ausführungen sind als beispiels- 
weise Aufzählung aufzufassen. Vollständigkeit 
war angestrebt. Trotz umfangreichster Nachfor- 
schungen und schriftlicher Anfrage bei einer gan- 
zen Anzahl hoher Justizbehörden, die in dankens- 
wertester Weise das einschlagende Material zur 
Verfügung stellten, ist es nicht gelungen, Voll- 
ständigkeit zu erreichen. 
§#9. Die Delegation im Reiche. Das Kaiserliche 
B. Recht hinsichtlich der Aberkennung des Rechts 
zum Gewerbebetriebe gegenüber Schiffern und 
Steuerleuten (G betr. die Untersuchung von See- 
Unfällen v. 27. 7.77 +534) ist dem Reichsamt 
des Innern delegiert (Zorn 2, 904). Der 
Reichskanzler oder sein Stellvertreter sind 
heute zuständig für das früher dem Generalpost- 
meister übertragene B. Recht gegenüber in Post- 
kontraventions= und Defraudationsfällen gericht- 
lich oder durch die Postbehörden (§ 34 ff des Post G 
v. 28. 10. 71) erkannten Geldstrafen bis inkl. 
30 Mark (vgl. die AE v. 3. 12. 1828, 22. 1. 
1829, &1 der V v. 22. 12. 75 und die Allerh. Order 
v. 3. 12. 83). In den Kolonien steht das 
B. Recht, den Eingeborenen gegenüber, den Gou- 
verneuren zutg). Ueber die Delegation in 
Elsaß-Lothringen s. § 10 unter IX. 
§ 10. Die Delegation in den Bundesstaaten. 
I. In Preußen ist dem Justizminister 
durch Allerh. Kab O v. 6. 9. 1815 und 16. 8. 34 
die Befugnis eingeräumt, Strafen wegen unbe- 
deutenden und mutwilligen Querulierens (* 442 
Anh. z. Allg. Ger O) zu erlassen und zu mildern. 
Weiterhin ist er in den Provinzen Hessen-Nassau, 
Hannover und Schleswig-Holstein zum Erlaß von 
Geldstrafen bis zur Höhe von 30 Mk. ermächtigt, 
soweit nicht nach früheren Bestimmungen andere 
Behörden zuständig erscheinen (AE v. 19. 12. 66 
und 16. 2. 67). — Dem Finanzminister 
ist das B. Recht in Zoll= und Steuerkontraven- 
tions= und Defraudationssachen durch den AE v. 
26. 9. 97 delegiert. Die Suddelegation auf die 
Behörden des Finanzressorts regelt sich nach der 
AVf v. 6. 10. 97. Innerhalb der verfassungs- 
mäßigen Grenzen ist der Finanz Min demnach er- 
mächtigt, verwirkte Freiheits-, Geld= und andere 
Strafen, einschließlich der Vertretungsverbindlich- 
nicht berücksichtigt, ebensowenig die Abolltion lhierüber 
Strafvollstreckung, Abolitions. 
 
	        
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