Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

Begnadigung 
nötig, wenn sie der Minister verlangt (Pr. AVf 
v. 14. 8. 79). Anders aber bei Todesurteilen. 
Hier wird das Gesuch vom Staatsanwalt dem 
Oberstaatsanwalt übergeben, der es mit even- 
tueller Beurteilung weitergibt (ebenda). Ebenso 
bei Befürwortung eines Gnadengesuches einer in 
Haft befindlichen Person (Preuß. Zirk. Vfg v. 
27. 10. 53, Reskr. v. 21. 1. 82). . 
VsuhörensindbeiSchliifsigi 
machung über das Gesuch außer schon 
weiter oben genannten Behörden nach preu- 
Hhischem Recht: Die Saatsanwaltschaft bei dem 
Gerichte, welches das rechtskräftige Urteil erlassen 
hatte, falls diese im Einzelfall nicht Strafvoll-= 
streckungsbehörde ist und nach württembergischen 
Recht bestimmte Gerichte, welche in der Sache 
erkannt hatten. (Preuß. Auf v. 21. 5. 87; vgl. 
auch Pr. Zirk. Vfg v. 2. 5. 95; Württemberg: 
Bohn 797). Interessant sind die Normen Braun- 
schweigs (Restkr. v. 20. 7. 01), daß bei Gnaden- 
esuchen in Privatklagesachen und bei Verurtei- 
ungen wegen Beleidigung nach öffentlicher Klage 
der Beleidigte soweit tunlich zu hören sei; bei 
einer Verurteilung aus § 196 St GB der antrag- 
stellende Vorgesetzte, ebenso bei Erheblichkeit auch 
in andern Fällen der Geschädigte, eventuell eine 
weitere berührte Behörde und bei Post= und 
Portodefraudationen die Postbehörde. Endlich 
soll der Verurteilte selbst gehört werden, falls 
das Gesuch von einem Dritten eingereicht ist, aus- 
genommen wenn dies der bevollmächtigte Ver- 
teidiger ist. Die letzte Vorschrift enthält auch das 
Recht Württembergs (Kgl V v. 1879 5 1), aus- 
genommen wenn der Gesuchsteller der Vater oder 
Vormund eines noch nicht 16 Jahre alten Ver- 
urteilten ist. Bei Gnadengesuchen von Strafge- 
fangenen ist der Hausgeistliche (Wttbg. Erl v. 22. 
12. 56), bei Gesuchen in Gefällsachen eventuell 
der Finanz Min zu hören (Wttbg. Note v. ö.4. 80). 
Die Weitergabe von der instruieren- 
den Behörde erfolgt regelmäßig an den In- 
stizminister (so Preußen: A##f v. 14. 8. 79, 
Braunschweig, Sachsen [GO §## 778, abgeändert 
durch V v. 5. 1. 10), Württemberg, Oldenburg 
(Regl v. 3. 3. 80 5W 5) u. a. a.). In Elsaß-Lothrin--- 
gen scheint die V'g des Generalprokurators zu 
olmar v. 10. 12. 71, nach welcher in allen 
Gnadensachen, in welchen Bericht erstattet wird, 
dieser an das Reichskanzleramt zu richten, jedoch 
dem Generalprokurator einzureichen ist, natür- 
lich ausgenommen die oben in §5 10 IX genannten 
Fälle, noch in Kraft zu sein. Daß unter Um- 
ständen das Gesuch direkt an das Geheime Zivil- 
Kabinett des Kaisers und Königs zu leiten ist, sagt 
die Preuß. Zirk. Vfg v. 27. 10. 53 (vgl. auch Restr. 
v. 21. 1. 82). 
b) Ueber Berichterstattung unter Beilegung von 
Urteilsabschriften, Aktenauszügen, Untersuchungs- 
und anderen Akten bestehen die verschiedensten 
und detailliertesten Vorschriften. Vgl. für Preu- 
ßen: A#f v. 14. 8.79; A#f v. 21. 11. 98; Müller, 
Preuß. Justiz Verw S 1791 ff. — Ueber Art und 
Form der Berichte: AV' v. 11. 6. 31; Reskr. v. 
17. 11.35; A#f. v. 6. 12. 51; Zirk. Vfg v. 1. 5. 90; 
Zirk. Vfg v. 13. 5. 85; Zirk. V#g v. 28. 4. 87; 
A##f v. 23. 12.78; Miller, loc. cit. 1788 ff. Vgl. 
endlich die A#f v. 3. 4. 02. Für Württemberg 
vgl. Bohn S 796, 797 (Afg v. 27. 10. 91 und 
  
  
3. 3. 80 5 2; für Elsaß-Lothringen: die Vsig des 
Generalprokurators zu Colmar v. 10. 12. 71 und 
30. 10. 73 nebst der Min fg v. 5. 6. 82. 
i) Die Entscheidung über das Ge- 
such erfolgt im Großherzogtum Sachsen auf 
Vortrag eines Ministerialreferenten; bei Ver- 
urteilungen zur Todesstrafe auf Vortrag des 
Gesamtministeriums. Der Immediatbericht wird 
in Preußen in Sachen der Wiederverleihung der 
Ehrenrechte von den Ministern der Justiz und des 
Innern gemeinschaftlich erstattet (uvgl. dazu oben 
unter d). In Hamburg sind Gnadensachen in 
einer Plenarsitzung des Senats vorzutragen 
und zu erledigen, wenn auf Todesstrafe erkannt 
ist (+ 2 Ziff. 3 Nr. 4 des revid. Gesetzes über die 
Organisation der Verw v. 2. 11. 96). Die Ent- 
scheidung ist dem Bittsteller zu eröffnen durch die 
Strafvollstreckungsbehörde, bei Strafgefangenen 
(in Sachsen) durch den Anstaltsdirektor. Der 
Strafregisterbehörde ist von der B. Mitteilung zu 
machen zwecks Eintragung im Register (Bayern: 
IJMBek v. 23. 4. 07; Preußen: Vig v. 5. 2. 07). 
kt) Erneuerung des Begnadi- 
gungsgesuches. Ueber den Mangel der 
aufschiebenden Wirkung eines 2. usw. Gesuches 
vgl. oben unter c. 
Hier ist nur auf die sächsische Bestimmung hin- 
zuweisen: „Zur Anbringung eines 2. oder wieder- 
holten Gesuches darf der Gefangene erst nach Ab- 
lauf der Hälfte seiner Strafe und mit besonderer 
Genehmigung des Direktors zugelassen werden; 
es müßte denn vom Justiz Min bei der Heraus- 
gabe der Entschließung auf das frühere Gesuch 
etwas anderes bestimmt worden sein.“ 
1) Besondere Verfahrensarten. 
Für B. Gesuche von Strafgefangenen, an denen 
der Geschäftsbereich der Militärverwal- 
tung beteiligt ist, gelten die Bestimmungen: 
1. Gesuche militärgerichtlich Verurteilter, deren 
Strafe durch Justizbehörden (5 15 Abs 3 MStGB) 
vollstreckt wird, werden durch den Gefängnisvor- 
steher an den Präsidenten des Reichsmilitärge- 
richts geleitet: 2. Gesuche der durch bürgerliche 
Gerichte Verurteilten, welche ihre Strafe in Mili- 
tärstrafanstalten verbüßen (§§S8 2, 4, 7 MteEG#O), 
sind an die ersten Staatsanwälte zu leiten 
(Preußen: A#f v. 31. 7. 00 und 4. 2. 08). Ana- 
loge Bestimmungen bestehen für Bayern (IMek 
v. 29. 11. 02), Württemberg (Min Bfg v. 30. 9. 
0, Ert v. 6. 7. 84), Elsaß-Lothringen (Vfg v. 20. 
12. 02). 
Hinsichtlich der B. Gesuche der der Militär- 
gerichtsbarkeit unterstellten Personen: 1. bei Zu- 
widerhandlung gegen Finanz-= und Polizei= usw. 
Gesetze und 2. bei polizeilichen Strafverfügungen 
und bei Strafbescheiden vgl. die Württbg. Kgl V v. 
1879 54 3 Ziff. 4, à und b; weiterhin die Württbg. 
Kal V v. 3. 4. 35, betr. das bei B. Gesuchen zu be- 
achtende Verfahren. 
5 12. Verfahren bei der Nehabilitation. Die 
geltenden Bestimmungen sind wenig zahlreich. 
Nach dem Bayrischen G v. 10. 7. 61, die 
Aufhebung der Straffolgen betreffend (vgl. auch 
à 3 Ziff. 8 bayr. AS# z. St PO von 1879) und der 
Ausführungs V dazu v. 4. 9. 61 sind Gesuche um 
Wiedereinsetzung in lobenslänglich oder zeitig 
(dazu Bek v. 1. 12. 73 mit Hinweis auf die Allerh. 
Entschließung v. 28. 11. 73) verlorene bürgerliche 
Erl v. 13. 2. 64). Bgl. für Oldenburg Regl v. ] und politische Rechte bei dem König oder dem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.