Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Belagerungszustand — Bergwesen 
  
bieten (§ 29. 4. 7. 79 verbunden mit §& 10 Gv. 
30. 12. 71). Diese außerordentlichen Gewalten 
sind indes durch Re v. 18. 6. 02 (RGBl 231) 
aufgehoben. Eine von der Regierung 1892 ver- 
suchte umfassende Regelung ist mißglückt (Sten Ber 
Reichstag 1892 Anl. VI Nr. 687). Dem Bedürf- 
nisse wird es entsprechen, wenn R v. 30. 5. 92 
„Üüber die Vorbereitung des Kriegszustandes“ 
(Rol 667) jeden mindestens in der Dienststellung 
eines Stabsoffiziers befindlichen obersten Militär- 
befehlshabers berechtigt, für den Fall eines Krie- 
ges oder im Falle eines unmittelbar drohenden 
feindlichen Angriffs zum Zwecke der Verteidigung 
in dem ihm unterstellten Landesteile vorläu- 
fig — durch Erklärung gegenüber der Zivilver- 
waltungsbehörde, die ortsüblich bekannt zu geben 
ist — die Ausübung der vollziehenden Gewalt zu 
übernehmen. Unverzüglich ist die Entscheidung 
des Kaisers über die „Verhängung des Kriegs- 
zustandes“ einzuholen. Ueber die getroffenen 
Verfügungen muß dem Bundesrat und Reichstag 
sofort (bei dem nächsten Zusammentreten) Re- 
chenschaft gegeben werden. 
#§ 6. Schutzgebiete. Eine Normierung besteht 
m. W. nicht. Die V des Reichskanzlers wegen 
Ausübung der Strafgerichtsbarkeit gegenüber den 
Eingeborenen v. 22. 4. 96 (Kol Bl 241) §& 16 er- 
wähnt aber den Fall, daß „in einem Teile oder an 
einem Orte des Schutzgebietes durch den Gouver- 
neur oder seine Stellvertreter oder in Fällen 
dringender Gefahr durch einen selbständigen 
Gouvernementsbeamten oder selbständigen Mili- 
tärbefehlshaber der Kriegszustand erklärt ist" und 
ordnet ein summarisches Verfahren gegen straf- 
fällige Eingeborene an. Die Voraussetzungen 
für einen B. werden über See allerdings eher zu- 
treffen als in der Heimat. Dem Bedürfnisse ist 
andrerseits aber bis zu einem gewissen Grade 
durch die Einrichtung der Verwaltung bereits 
Rechnung getragen, indem Grundrechte wie in der 
Heimat dort nicht gewährleistet sind, die Polizei- 
gewalt also bei besonderer Gefährdung der öffent- 
lichen Sicherheit ein geringeres Hemmnis findet; 
indem ferner die Schutztruppen bereits dem Gou- 
verneur unterstehen (Kaiserl. V v. 16. 7. 96, 
KBl 477) und es in Ermangelung gesetzlicher 
Festlegung statthaft ist, militärische Organe mit 
der Handhabung der vollziehenden Gewalt zu 
betrauen (was für Kiautschou und überhaupt für 
noch nicht befriedete Gebiete einen Dauerzustand 
bildet) und selbst in der Besetzung des Gerichts 
freiere Hand bleibt. Um aber gegenüber der 
weißen Bevölkerung die prozessualen Schutzvor- 
schriften außer Kraft zu setzen, das Martialgesetz 
einzuführen und Ausnahmegerichte einzusetzen, 
würde es eines Reichsgesetzes bedürfen; denn es 
ist nicht unzweifelhaft, ob dem Kaiser die Befugnis 
aus a 68 RV sinn gemäß zusteht, um nicht in 
den Kolonien mit geringerer Macht ausgestattet 
zu sein als im Reichsgebiete — was ich allerdings 
annehme (ebenso Kennel, Rechtl. Stellung der Ko- 
lonialgouverneure 1908, 42 gegen v. Hoffmann, 
Kolonialrecht 33) — ganz abgesehen von der Un- 
zulänglichkeit einer Anordnung aus weiter Ferne 
und von der Schwierigkeit einer Uebertragung 
der preußischen Vorschriften auf die Kolonien. 
Für die Farbigen, deren Rechtsverhältnisse 
durch Kanzler und Gouverneur geregelt werden 
könnten (Kaiserl. V v. 3. 6. 08), wird der Erl v. 
  
22. 4. 96 ausreichen. Für die weiße Bevölkerung 
wird sich eine reichsgesetzliche Bestimmung empfeh- 
len, die in den bezeichneten Richtungen dem 
Gouverneur Vollmachten mit Delegationsbefug- 
nis erteilt. Auch in Frankreich ist die Befugnis zur 
Erklärung des B. dem Gouverneur anvertraut, 
der unverzüglich an die Regierung berichten muß 
(àa 4 Gv. p. 8. 49, à 6 G v. 3. 4. 78). 
Praxis: Verhängung des „Kriegszustandes 
im Sinne des a 68 RV“ durch den Kommandeur 
der Schutztruppe für Südwestafrika v. 11. 6. 04, 
„auf Grund der Allerh. Ordre v. 19. 5. 04“ (Ko- 
lon Gg 8, 124). 
Literatur: Laband 4, 40; Hänel, Deutsches 
Staatsrecht 1892 1 1 73; Zorn 1, 198; Arndt, St 
471; Dambitsch, Verfassung v. D. Reiches, 1910, S 
615—620; G. Meyer BKR#d66—69; Loening 365: 
v. Rönne " II 205; Bornhak 3, 130; Schwartz, 
Preuß. Bu zu a 111; Seydel StR3, 44, bei Schönberg 
III 2 65302—307; Sarwey, StKK d. Kar. Württemberg 
1882, 1 275, 279, 282; Bruck, Verfassungs= und Ver- 
waltungsrecht v. Elsaß-Lothringen 1908/09, 1, 82; 2, 183: 
eingehende Erläuterung des preußischen Gesetzes von 1851 
(Angabe der Materialien) bei Klein feller, Strafr. Neben G 
d. D. Reichs: 1893, 433 (2. u. 3. Aufl. von Stenglein nur 
Auszug, ebenso wie Groschuff in den „preuß. Strafge- 
setzen" 1904 Nr. 10). — Mittermaier, Die Gesetzge- 
bungen über B., im Archiv des Kriminalrechts 1849, 29—73; 
Brockhaus, Das Deutsche Heer 1888, 70; Brüß, Der 
B. als Rechtsinstitut, Diss. Erlangen 1897; Haldy, Der B. 
in Preußen, 1906; Bücher, Der B. im Reiche und dessen 
Gliedstaaten, Diss. Leipzig 1909; Endres im Arch OefskR 
25 (548), mit Reformvorschlägen; Gmelin, Ueber den 
Umfang des Kal Verordnungsrechts und das Recht der 
Verhängung des B. in JItalien, 1907; Th. Reinach, 
Del’Etat de siège, These, Paris 1885 (geht auch auf Deutsch- 
land ein). Fleischmann. 
Bergwesen 
A. Reichsgebiet 
* 1. Allgemeines, Geschichte der Gesetzgebung, Berg- 
regal und Bergbaufreiheit, Vorbehalte für den Staat. 
* 2. Bergbehörden, Bergausschuß, Bergbaudeputation. 13. 
Ausbildung für das Bergfach. # 4. Bergwerkseigentum. 
* 5. Bergbauhilfskassen. # 6. Bergpolizei. # 7. Privat- 
bergregal. 3 8. Bergwerksabgaben. 1 9. Bergarbeiter. 
#§ 1. Geschichte der Gesetzgebung, Bergregal 
und Bergbaufreiheit, Borbehalt für den Staat. 
I. Unter Bergbau im engeren Sinne wird nur 
die Gewinnung der von der Verfügung des Grund- 
eigentümers entzogenen, den noch immer selbst 
vom Reichsgericht so genannten regalen, Mi- 
neralien verstanden. Wie sich die Verfügung über 
diese Mineralien vom Grundeigentum getrennt 
und ob sie überhaupt jemals in der Verfügung des 
Grundeigentümers gestanden haben, ist fraglich. 
Erwägt man, daß die Bergwerksmineralien na- 
mentlich in früheren Zeiten weit wertvoller als 
der oft im Ueberfluß vorhanden gewesene Grund 
und Boden waren, vergleicht man die mittelalter- 
lichen Berggewohnheiten mit der Bergwerksver- 
fassung des atheniensischen Staates in Laurion, 
des römischen in Vipaska, mit den auf phönizische
	        
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