Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Bergwesen (A. Reichsgebiet) 
Zeit zurückgeführten Berggewohnheiten in Corn- 
wall, Devonshire und Derbyshire, berücksichtigt 
man, daß die Bergwerksmineralien nicht bloß in 
Deutschland sondern in ganz Europa von der Ver- 
fügung des Grundeigentümers getrennt und dem 
Staate von jeher vorbehalten waren, so wird man 
die noch immer verbreitete Auffassung aufgeben, 
daß sie bis in das 12. Jahrhundert dem Grund- 
eigentümer und also auf der gemeinen Mark den 
Markgenossen gehört haben, daß dann erst sich aus 
der Steuerhoheit oder Anmaßungen der Hohen- 
staufen das Bergregal gebildet und dieses von An- 
fang an durch die Bergbaufreiheit (das Recht jedes, 
überall Bergwerksmineralien zu suchen) beschränkt 
gewesen sei. Es ist vielmehr anzunehmen, daß über- 
all die Bergwerksmineralien von jeher Regal, d. h. 
dem Staate vorbehalten waren. Der Staat nützte 
sein Recht, indem er, soweit er (bezw. der Landes- 
herr) nicht selbst Bergbau betrieb, diesen gegen 
(hohe) Abgaben frei gab. In dieser Form wenig- 
stens war das Bergrecht in ganz Europa wenigstens 
seit dem Mittelalter gestaltet. Entsprechend der all- 
gemeinen Entwickelung ging das Bergbaurecht in 
England (also auch in Amerika) schrittweise, abge- 
sehen von Gold und Silber, an die Grundeigentü- 
mer verloren, desgleichen in Polen, abgesehen von 
Salz, in Deutschland dagegen an die Landes-(Ter- 
ritorial-) herren. Was besonders das deutsche Reich 
anlangte, so war überall Salz dem Landesherrn 
vorbehalten, aber nirgends freigegeben; häufig 
auch noch andere Mineralien. Im allgemeinen 
erklärten aber die Landesherren, daß sie, soweit sie 
sich nicht durch besondere Erklärung Felder reser- 
vierten, wobei sie an keine Feldesgröße gebunden 
waren (Feldesreservationen), oder Dritten ge- 
wisse Felder verliehen (Distriktsverleihungen), 
jedermann gestatteten (bald mit oder bald ohne 
Schürfschein) überall nach Bergwerksmineralien 
zu suchen, und daß im Falle eines Fundes dem 
Finder und anderen Bergbaulustigen gewisse 
Felder zum bergmännischen Betrieb gegen hohe 
Abgaben (zusammen einst etwa ½ des Brutto- 
ertrages) und die Verpflichtung steter und vor- 
schriftsmäßiger Bauhafthaltung unter obrigkeit- 
licher Leitung aus dem „Landesherrlichen Berg- 
freien“ verliehen werden sollten. Hierin stimmen 
die preußischen, österreichischen, sächsischen Berg- 
ordnungen und Gesetze bis tief in das 19. Jahr- 
hundert überein. Die Berggesetze waren Frei- 
erklärungen. Die Umwandlung des staatlichen 
Rechts an den Bergwerksmineralien aus fiska- 
lischen in öffentliche Sachen kam aus Frankreich. 
Die französische Nationalversammlung unter Ab- 
lehnung der physiokratischen Forderung, die Berg- 
werke dem Grundeigentum zu geben, erklärte 
1791 (Mirabeau) die Bergwerke für National- 
eigentum. Das noch heute gültige und in den 
meisten Staaten Europas nachgeahmte loi des 
mines v. 21. 4. 1810 bestimmt, daß die mines, 
nämlich Metalle, Kohlen und einzelne Metalloide, 
vom Staatsrat nach dessen Ermessen dem Finder, 
dem Grundeigentümer oder einem Dritten ver- 
liehen werden können. In der Konzession kann 
dem Konzessionär eine Abgabe an den Grundeigen- 
tümer auferlegt werden. Es soll hier indes be- 
merkt werden, daß Frankreich zur Zeit eine 
Aenderung dahin plant, daß nur dem Staate 
neue Konzessionen erteilt und daß alte nur mit 
staatlicher Genehmigung veräußert werden dürfen. 
  
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II. Die ersten modernen Berggesetze in Deutsch- 
land sind das sächsische von 1851 und das österrei- 
chische von 1854. Beide behalten dem Staate das 
Salz (implicite auch die Kalisalze) vor, und geben 
im übrigen den Bergbau frei; sie heben auch die bis 
dahin bestandene Bevormundung (Direktion) auf 
und beschränken die staatliche Aussicht im wesent- 
lichen auf die Sicherheitspolizei. Beide Berg- 
gesetze kennen im Unterschiede vom französisch- 
preußischen Recht ausschließliche Schürfberechtigun- 
gen. Zu erwähnen ist, daß in neuester Zeit in 
Sachsen der Vorbehalt des Staates auf die 
Radiumerze ausgedehnt ist und daß in Oester- 
reich die Aufhebung der Bergbaufreiheit auf 
Kohle, unbeschadet wohlerworbener Rechte, beim 
Reichsrat von der Reg. in Vorschlag gebracht wird. 
Was Preußen anlangt, so ist dessen Berg- 
gesetzgebung von 1851 an bis 1865 immer freier 
geworden. Das sog. Miteigentümer G v. 12. 5. 51 
gab, abgesehen von der Annahme und Entlassung 
der Arbeiter, den Bergwerksbesitzern die Verfü- 
gungsfreiheit; ein G v. 21. 5. 1860 beschränkte die 
Bergpolizei im wesentlichen auf die Sicherheits- 
polizei, endlich krönte das Allgemeine Berg G v. 
24. 6. 65 (Brassert) das Freiheitswerk. Alle Son- 
der-= und Vorrechte des Staates auf Feldesreser- 
vation, Distriktsverleihung (das sog. Bergregal) 
wurden beseitigt, der Bergbau auf die im Berg- 
gesetze namentlich aufgeführten Mineralien (die 
meisten Metalle, die Salze, die Kohlen) wurde 
(von provinzialrechtlichen Ausnahmen abgesehen, 
so von Eisen in Schlesien, Kohle in den vormals 
sächsischen Landesteilen) jedermann freigegeben. 
Jeder konnte hiernach ohne Schürfschein nach ver- 
leihbaren, aber noch nicht verliehenen Mineralien 
schürfen; fand er solche an irgend einem Punkte, 
so hatte er einen Rechtsanspruch auf unentgeltliche 
Verleihung eines Feldes von ca. 2 200 000 om. 
Das konnte er nach Willkür ausbeuten oder liegen 
lassen. Der gesetzlich auf behördliches Verlangen 
vorgeschriebene Betriebzswang stand nur auf dem 
Papier und ist nie praktisch geworden. Dies än- 
derte sich. Durch die sog. lex Gamp v. 5. 7. 05 
wurde die Bergbaufreiheit auf Steinkohle 
und Stein salz nedkst beibrechenden (Kali)= 
Salzen auf die Dauer von zwei Jahren mit ge- 
wissen Ausnahmen gesperrt. Durch G v. 8. 6. 07 
ist die Bergbaufreiheit, dieses bisherige Grund- 
prinzip des preußisch-deutschen Bergrechts, vom 
8. 7. 07 ab für die vorgenannten Mineralien, und 
dies sind die weitaus wichtigsten, endgültig zu 
Grabe getragen. Seitdem stehen die Aufsuchung 
und Gewinnung der Steinkohle (ausgenommen in 
Ostpreußen, Pommern, Brandenburg und Schles- 
wig-Holstein, wo es indes solche kaum gibt), sowie 
die des Steinsalzes, der Kali-, Magnesia= und Bor- 
salze nur noch dem Staate zu. Der Staat kann 
das Recht zur Gewinnung der Salze Dritten (in 
der Regel gegen Entgelt) übertragen. Zur Auf- 
suchung und Gewinnung der Steinkohle kann er 
sich außer den ihm schon jetzt gehörenden noch wei- 
tere 250 Maximalfelder reservieren. Das Weitere 
bezüglich der Steinkohle ist einem Gesetz vorbe- 
halten [X Abbaugerechtigkeiten, Bernste in.] 
Mit der Feldessperre auf die Salze waren Preu- 
ßen viele deutsche Staaten vorangegangen (Anhalt, 
Braunschweig, Baden, Bayern, Württemberg 
usw.), manche (z. B. Elsaß-Lothringen) folgten, 
einzelne (z. B. Oldenburg, Schaumburg) hoben 
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