Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Bergwesen (A. Reichsgebiet) 
  
werkschaften. Die nicht umgewandelten alten Ge- 
werkschaften stellen ein Eigentum zur gesamten 
Hand dar. Ihre Kuxe sind unbeweglich und wer- 
den rechtlich wie Grundeigentum behandelt. Doch 
nähert sich vielfach das Recht der alten Gewerk- 
schaften dem der juristischen Person. So kann sie 
als solche Eigentum erwerben, klagen und verklagt 
werden. Auch für die Schulden der alten Gewerk- 
schaften haftet nicht mehr das Vermögen der 
Gewerken, sondern das der Gewerkschaft. Schürf- 
(Bohr-gesellschaften sind keine Gewerkschaften, 
keine juristische Person; diese Gesellschaften haften 
mit ihrem ganzen Vermögen und können durch 
Aufgabe ihres Geschäftsanteils sich nicht von den 
Gesellschaftsschulden frei machen. 
Im Verhältnis zum Grundeigentum 
gilt, daß der Bergbau vorgeht, andererseits aber 
zu vollem Schadensersatz verpflichtet ist. Deshalb 
muß der Grundbesitzer, er sei Eigentümer oder 
Nutzungsberechtigter, den für den Betrieb des 
Bergbaues notwendigen Grund und Boden (Ge- 
bäude und eingefriedigte Hofräume ausgenommen) 
an den Bergwerksbesitzer abtreten. Dafür erhält 
er im voraus vollständige Entschädigung. Tritt 
durch die bergbauliche Benutzung eine Wertsver- 
minderung des Grundstücks ein oder dauert sie min- 
destens drei Jahre, so kann der Grundbesitzer den 
Eigentumserwerb verlangen. Enteignungsbehör- 
den sind Oberbergamt und Bezirksausschuß, gegen 
deren Entscheidung der Rekurs an die Min für Han- 
del und der Landwirtschaft geht. Wegen der Höhe 
der Entschädigung ist (nur) der Rechtsweg offen. 
Der Bergwerkseigentümer ist verpflichtet, für 
allen Schaden der dem Grundeigentum und 
dessen Zubehörungen durch den Bergbau zugefügt 
wird, vollständige Entschädigung zu leisten, ohne 
Unterschied, ob der Betrieb unter dem beschädig- 
ten Grundstück stattgefunden hat oder nicht, ob 
die Beschädigung von dem Bergwerksbesitzer ver- 
schuldet ist und ob sie vorausgesehen werden konnte 
oder nicht. Mehrere Bergwerke haften ev. als 
Gesamtschuldner (Nov. 7. 7. 02). In Sachsen 
dehnt das G v. 7. 6. 10 die Haftung der Berg- 
werke für Bergschäden (dem preuß. R folgend) 
auf alle durch den Bergbaubetrieb (verschuldet 
oder unverschuldet) verursachten Beschädigungen 
der Oberfläche aus. Haftbar ist der Eigentümer 
des Bergwerks. Dies gilt iedoch nur für den Stein- 
kohlenbergbau. Die Verjährungsfrist ist nach pr. 
Muster auf 3 Jahre herabgesetzt. Bei Vermögens- 
unzulänglichkeit tritt eine Bergschädenkasse ein, zu 
der alle Steinkohlengruben beitragen müssen. 
Oeffentlichen Verkehrsanstal- 
ten muß der Bergbau weichen. Wenn er wegen 
einer solchen in seinem Bergbau gehindert wird, 
hat er keinen Schadenersatzanspruch, dieser steht 
ihm nur zu, soweit er lediglich im Interesse der Ver- 
kehrsanstalt Anlagen errichten oder beseitigen muß. 
Verloren geht das Bergwerkseigentum nur 
durch Beschluß des Oberbergamts, der wegen 
unterlassenen Betriebs oder infolge Verzichts des 
Bergwerkseigentümers ergehen kann. Beschrän- 
kungen in der Ausnutzung, oben § 1 gegen Ende. 
# 5. Bergbauhilfskassen. Die Bergbauhilfs- 
kassen (Berqgewerkschaftskassen, Schürfgelderkas- 
sen) sind entstanden, um einzelne Bergwerksbe- 
sitzer durch Darlehne zu unterstützen oder gemein- 
nützige Einrichtungen (Bergschulen, Wasserstollen 
usw.) zu errichten und zu unterhalten. Bis zum 
  
  
  
Gv. 5. 6. 63 wurden diese Kassen in Preußen vom 
Staate verwaltet. Jetzt besteht Selbstverwaltung 
unter staatlicher Aufsicht. Die Kassen haben die 
Rechte juristischer Personen. Solche Kassen sind 
die oberschlesische, die niederschlesische, die west- 
fälische, die Kamsdorfer (niedersächsisch-thürin- 
gische), die Neustädter. Aehnliche Aufgaben hat die 
Clausthaler Bergbaukasse, die nicht dem Gv. 5. 6.63 
unterliegt. (Statut Z. f. Bergrecht 10, 305). 
#6. Bergpolizei. Die Berg Pol, in Frankreich 
durch die allgemeinen, in Oesterreich und den deut- 
schen Staaten durch besondere Behörden verwaltet, 
umfaßte einst nicht bloß die Fürsorge für die Sicher- 
heit, sondern auch die für eine wirtschaftliche Aus- 
nützung des Bergbaus, daher Verbot des sog. 
Raubbaues. Linksrheinisch galt in Preußen das 
Dekret v. 3. 1. 1813. Rechtsrheinisch lag die Lei- 
tung des bergbaulichen Betriebs in der Hand der 
Staatsbehörden. Erst als den Bergwerksbesitzern 
im Miteigentümer G v. 12.5.51 Selbstverwaltung 
gewährt war, zeigte sich die Notwendigkeit, den Um- 
fang der Pol gesetzlich zu regeln. Dies geschah 
namentlich durch ein G, betr. die Aufsicht der Berg- 
behörden über den Bergbau v. 21. 5. 60 und ein G 
betr. die Kompetenz der Oberbergämter vom glei- 
chen Tage. Das preußische Berg G v. 24. 6. 65 be- 
schränkt die Polizei auf die negative Seite nach 
dem Vorbild des französischen Rechts — das als 
Aufgabe der Berg Pol bezeichnet: „ia süreté 
publique, la conservation des puits, la solidité 
des travaux, celle des habitations de la surface 
ou la süreté des ouvriers mineurs“ — auf die 
Sicherheit der Baue, die Sicherheit des Lebens 
und der Gesundheit der Arbeiter, den Schutz der 
Oberfläche im Interesse der persönlichen Sicher- 
heit und des öffentlichen Verkehrs, endlich den 
Schutz gegen gemeinschädliche Einwirkungen. Die 
Novelle v. 24. 6. 92 fügt die Aufrechterhaltung 
der guten Sitten und des Anstandes durch die 
Einrichtung des Betriebes hinzu. Das österrei- 
chische Berggesetz stellt als Aufgabe der Berg- 
Pol hin: die Sicherheit der Personen, Gebäude, 
Grundstücke, Heilquellen, Brunnen= oder anderen 
Anlagen, das sächsische 2die öffentliche Sicher- 
heit, das Leben oder die Gesundheit der Arbeiter, 
die Sicherheit benachbarter Bergwerksunterneh- 
mungen und der Grundstücke und Gebäude auf 
der Oberfläche. [J noch Quellenschutzl. 
Keine Polizei ist bei der gefährlichen Natur des 
Bergbaues so eingreifend wie diese und keine legt 
so große Kosten auf. Die Berg Pol ist eine Be- 
triebspolize i, seie betrifft daher nicht alle 
Angelegenheiten der Bergleute und Bergwerksbe- 
sitzer, sondern regelmäßig nur die Folgen, welche 
der Bergwerksbetrieb hervorruft. Es unterstehen 
daher der Berg Pol die Wohnungs= und Gesund- 
heitsverhältnisse der Bergleute nur soweit, als der 
bergbauliche Betrieb auf sie einwirkt. Sie bezieht 
sich u. a. auch nicht auf Abkehrscheine, Führungs- 
zeugnisse und Arbeitsbücher, dagegen umfaßt sie 
mit die Grubeneisenbahnen d. h. solche, 
die nicht dem allgemeinen öffentlichen, sondern 
privaten, überwiegend bergbaulichen Zwecken die- 
nen und rechtlich als Zubehör zum Bergbau gelten. 
Soweit die Zuständigkeit der Berg Pol reicht, 
ist sie eine ausschließliche (O#G 33, 308). Seit G 
v. 18. 6. 07 untersteht auch das Schürfen, das kein 
Bergbau, sondern nur dessen Vorbereitung ist, der 
Berg Pol. Die Berg Pol wird (wie die allgemeine) 
 
	        
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