Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Berlin 
  
Verwaltungsorganisation in Geltung. Dabei ist 
es auch für die Gemeindeverfassung verblieben. 
Denn noch gilt für B. die StO v. 30. 5. 53 für 
die östlichen Provinzen, obgleich diese für die Ver- 
hältnisse einer Millionenstadt gar nicht berechnet 
war, und es dringend einer Dezentralisation der 
Verw bedarf. Dagegen hat allmählich die über 
die Gemeinde hinausgehende Verw besondere 
Einrichtungen für die Stadt B. erhalten. 
Nach der V v. 30. 4. 1815 wurde 1816 für die 
Stadt B. und ihren Polizeibezirk eine besondere 
Reg errichtet. Als man diese vom 1. 1. 1823 ab 
wieder aufhob und mit der Reg zu Potsdam ver- 
band, erhielt B. durch das Regl v. 18. 9. 1822 
wieder ein Polizeipräsidium, das zugleich Orts- 
und Landespolizeibehörde war. Es erstreckte dem- 
nächst seine Zuständigkeit zum Teil über den Stadt- 
kreis B. hinaus auf den weiteren Polizeibezirk und 
war vorgesetzte Behörde des Polizeiamtes zu 
Charlottenburg. Schon dadurch war B. in einigen 
Beziehungen von der Reg zu Potsdam losgelöst. 
Voll durchgeführt wurde jedoch die Sonder- 
stellung der Stadt B. erst durch die neue Verw- 
Gesetzgebung. Nach §& 2 der Prov O v. 29. 6. 75 
schied B. aus dem Kommunalverbande der Pro- 
vinz Brandenburg aus, die Bildung eines beson- 
deren Kommunalverbandes aus B. und angren- 
zenden Gebieten blieb einem besonderen Gesetze 
vorbehalten. Dieser Gesetzentwurf über die Pro- 
vinz B. ist jedoch 1875 und 1876 nicht über die 
Kommissionsberatung hinausgelangt und deshalb 
fallen gelassen worden. Die Novelle zur ProvO 
v. 22. 3. 81 beseitigte dann auch den Vorbehalt. 
Nach § 1 des Organisations G v. 26. 7. 80, der jetzt 
§ 1 des Landesverwaltungsgesetzes v. 20. 7. 83 
bildet, schied die Stadt B. auch aus der allgemei- 
nen Landes Verw der Provinz Brandenburg und 
damit des Reg ezirks Potsdam aus. 
Dadurch ergab sich für B. die Notwendigkeit 
einer Reihe von besonderen Einrichtungen, um 
einen Ersatz für die Verw von Regezirk und 
Provinz zu bilden. 
#§*# 2. Der Regierungsbezirk. Eine Reg besteht 
für den Stadtkreis B. nicht, ihre Obliegenheiten 
werden von mehreren anderen Behörden wahr- 
genommen. Die Regelung ist zuerst durch das 
Organisationsgesetz und demnächst durch &#& 41—47 
des Landesverwaltungsgesetzes, sowie durch die 
Ausführungs V v. 26. 6. 81 erfolgt. 
An die Stelle des Regierungs- 
präsidenten und der früheren Regierungs- 
abteilung des Innern tritt der Polizeipräsident 
als Haupt des bureaukratisch organisierten Poli- 
zeipräsidiums, das nach wie vor die Stellung einer 
Orts= und Landespolizeibehörde in sich vereinigt. 
Nur die sonst dem Reg Präsidenten zustehende 
Aufsicht über die städtische Gemeinde Verw ist für 
B. dem Oberpräsidenten übertragen, ebenso nach 
der V v. 26. 6. 81 eine Reihe anderer Obliegen- 
heiten. 
Die RegAbteilung für Kirchen= und Schul- 
wesen wird durch verschiedene Behörden ersetzt. 
Die kirchliche Verw mit Ausnahme des landesherr- 
lichen Patronats versieht das Polizeipräsidium. 
Die Ausübung des landesherrlichen Patronats ist 
durch V v. 5. 9. 77 der Ministerial-, Militär= und 
Baukommission in B. übertragen vorbehaltlich 
der auf dem landesherrlichen Patronate beruhen- 
den Berufungs= und Ernennungsrechte, deren 
  
Ausübung dem Konsistorium verblieben ist. Die 
Verw des Volksschulwesens war schon durch Bek 
v. 21. bezw. 26. 12. 1821 dem Provinzialschul- 
kollegium übertragen, und hierbei ist es verblieben. 
Die Regierungsabteilung für Domänen,, 
Forsten und direkte Steuern ersetzen 
gleichfalls verschiedene Behörden. An Domänen 
und Forsten kommt für B. nur der Tiergarten in 
Betracht. Die Tiergarten Verw ist mit der Mini- 
sterialbankommission verbunden. Im übrigen be- 
steht die Direktion für die Verw der direkten 
Steuern, eine Behörde, die es nur für den Stadt- 
kreis B. gibt. 
Endlich besteht für B. ein besonderer Be- 
zirksausschuß (unten § 4). Da ihm jedoch 
die Rechtskontrolle gegenüber ortspolizeilichen 
Verfügungen des Polizeipräsidiums obliegt, konnte 
man den Vorsitz nicht dem Polizeivräsidenten 
übertragen, mußte vielmehr Beamte des Polizei- 
präsidiums ausschließen. Den Vorsitz führt ein 
besonderer vom Könige ernannter Präsident, der 
auch im Nebenamte ernannt werden kann — bis- 
her der Dirigent der Ministerialbaukommission. 
Im übrigen ist die Zusammensetzung des Bezirks- 
ausschusses die gewöhnliche. Doch werden die zu 
wählenden Mitglieder durch den Magistrat und die 
Stadtverordnetenversammlung unter Vorsitz des 
Bürgermeisters gewählt. Die Zuständigkeit des 
Bezirksausschusses ist auch beschränkter als anders- 
wo. Er hat allgemein nur die Verwaltungsstreit- 
sachen zu erledigen. Dagegen ist er für die Be- 
schlußsachen nur da zuständig, wo sie ihm gesetzlich 
ausdrücklich überwiesen sind. Im übrigen ist Be- 
schlußbehörde der Oberpräsident, soweit nicht 
etwas anderes gesetzlich bestimmt ist. 
# 33. Die Provinz. In kommunaler Hin- 
sicht ist die Stadt B. nach § 2 der Prov O aus dem 
Kommunalverbande der Provinz Brandenburg 
ausgeschieden. Sie gehört daher kommunal zu 
keiner Provinz, sondern hat als Stadtgemeinde 
alle diejenigen Aufgaben zu erfüllen, die sonst der 
Provinz obliegen, wie sie auch hinsichtlich der 
kommunalen Rechte einer Provinz gleichgestellt 
wird. Doch eine besondere kommunale Organisa- 
tion als Provinz fehlt; sie deckt sich mit derjenigen 
der Stadtgemeinde. Dasselbe gilt von Vermö- 
gensrechten und Steuern. 
Die allgemeine Landesverwal- 
tung ist auch hier durch §§ 41—47 des Landes- 
verwaltungsgesetzes erfolgt. B. heißt auch für die 
allgemeine Landes Verw nicht Provinz, sondern 
Stadtkreis. Doch wird es einer Provinz gleich- 
gestellt, wobei die Behörden für die Provinz 
Brandenburg meist gleichzeitig für den Stadtkreis 
B. bestellt sind. Der Oberpräsident der Provinz 
Brandenburg ist zugleich Oberpräsident von B. 
Ueber die allgemeine Zuständigkeit des Oberpräsi- 
denten hinaus führt er statt des Reg Präsidenten 
die Aufsicht über die Gemeinde Verw der Stadt B., 
sowie einzelne andere Geschäfte. Auch steht ihm 
in Disziplinarsachen der nicht richterlichen Staats- 
beamten die Ernennung des Untersuchungskom- 
missars und des Vertreters der Staatsanwalt- 
schaft für die erste Instanz zu, soweit nicht die Zu- 
ständigkeit einer anderen Behörde begründet ist. 
Der Sitz des gemeinsamen Oberpräsidenten ist 
nicht gesetzlich, doch tatsächlich in Potsdam. Ein 
Provinzialrat besteht für B. nicht. An seine Stelle 
tritt, soweit er in erster Instanz beschließt, der
	        
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